Meine  Woche:Die Magie der kreisenden Teller

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Helga Hügenell jongliert und leitet den Kinderzirkus "Trau Dich"

Von Irini Bafas

Wenn Helga Hügenell (57) ihren Enkel trifft, sagt er zu ihr: "Oma, Zirkus. Oma, Arbeit." Damit fasst der Dreijährige in nur vier Worten die Arbeit seiner Großmutter zusammen: Hügenell leitet einen Kinderzirkus, "Trau Dich" heißt er. Am Samstag führen die rund 60 Zirkuskinder das Stück "Trau Dich und die kaputte Zeitmaschine" in der St.-Matthäus-Kirche auf. Dafür proben Hügenell ) und ein Team aus Übungsleitern seit vier Wochen mit den Kindern zwischen fünf und 14 Jahren diverse Zirkusnummern. Das Stück hat ein Mitglied aus dem Zirkusteam geschrieben, das Thema durften sich die kleinen Artisten aus vier Vorschlägen selbst aussuchen.

"Normalerweise habe ich im Zirkus eine 32-Stunden-Woche", sagt Hügenell, "aber in dieser Woche werde ich um die 60 Stunden arbeiten." Das liegt auch daran, dass sie ihre wöchentlichen Verpflichtungen nicht vernachlässigen will. Am Montag übt sie mit einer kleinen Gruppe Jonglieren, Laufkugellaufen und Einradfahren. Am Mittwoch organisiert sie den Übungsnachmittag, bei dem die Kinder ohne Leistungsdruck trainieren sollen. Am Freitag ist Generalprobe. Bis dahin muss die 57-Jährige die Kostüme zusammensuchen und die Aufgaben an die 30 ehrenamtlichen Eltern verteilen. An den anderen Tagen bastelt sie Requisiten, dekoriert, geht einkaufen, organisiert, koordiniert, telefoniert. Damit am Tag des Auftritts alle glücklich sind.

Die Zirkusleiterin ist zuversichtlich, dass die Vorstellung gut laufen wird. "Es kann immer etwas Unerwartetes passieren, aber ich bin mittlerweile so routiniert, dass mir das keine Angst macht", sagt sie. Beim Wort "routiniert" rollt sie das "r", ein leichtes Bayerisch klingt durch. Den Zirkus "Trau Dich" gibt es seit 33 Jahren, Hügenell leitet ihn seit 15. Schon ihre Tochter war als Kind beim Zirkus. Hügenell arbeitete jahrelang ehrenamtlich mit. Doch dann macht sie das Freizeit-Engagement zum Hauptamt. Mittlerweile beherrscht sie neben den koordinativen Aufgaben auch ein paar Zirkusdisziplinen, zum Beispiel das Tellerjonglieren. Das Beste an ihrer Arbeit sei es, nach der Vorstellung in die glücklichen Kindergesichter zu blicken, erzählt sie. "Der Zirkus macht die Kinder fitter und selbstsicherer." Manche Kinder begleitet Hügenell acht Jahre lang, sie fühlt sich ihnen stark verbunden. "Wir sind eine große Zirkusfamilie", sagt sie.

Den Sonntag verbringt die 57-Jährige dann mit ihrer "echten" Familie. Ihr Enkel wolle jetzt schon in den Zirkus, aber er sei noch zu jung und müsse sich noch zwei Jahre gedulden. Bis dahin will seine Großmutter spielerisch mit ihm üben. "Oma, Akrobatik", ruft er dann.

© SZ vom 22.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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