Meine Woche:Die Kraft des Erinnerns

Hildegard Kronawitter in der Denkstätte "Weiße Rose" in München, 2014

Hildegard Kronawitter spricht über die Deportation der Münchner Juden.

(Foto: Catherina Hess)

Hildegard Kronawitter spricht bei einer Gedenkfeier im Kloster der Barmherzigen Schwestern in Berg am Laim über die Deportation der Münchner Juden

Von Renate Winkler-Schlang

Es ist 75 Jahre her, dass die Nazis tausend Münchner Juden nach Kaunas in Litauen brachten und dort erschossen. Viele dieser Menschen hatten die Wochen vorher in der "Heimanlage für Juden" in einem Seitenflügel des Klosters der Barmherzigen Schwestern Berg am Laim verbracht. Dort, St.-Michael-Straße 16, wird an diesem Dienstag, 19 Uhr, dieser Deportierten gedacht. Das geschieht dank einer engagierten Gruppe um den Historiker Erich Kasberger seit 29 Jahren in jedem November. Kasberger hat Hildegard Kronawitter () eingeladen, die zentrale Rede zu halten, denn die frühere SPD-Landtagsabgeordnete und Frau des Alt-OB Georg Kronawitter, der im April verstarb, ist auch die Vorsitzende der Weiße-Rose-Stiftung.

Wenn Hildegard Kronawitter erzählt von ihrer Reise nach Kaunas, wo ihre Stiftung im Juli gemeinsam mit der dortigen jüdischen Gemeinde und der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Ausstellung organisiert hat, wenn sie von ihren Eindrücken und berührenden Begegnungen spricht, ist man sicher, dass sie die Rede spontan und ohne Manuskript wird halten können. Doch Kronawitter sagt, sie werde sich gründlich vorbereiten, sie transportiere ja eine wichtige Botschaft: Aus Briefen der Widerstandsgruppe um Sophie Scholl gehe klar hervor, dass man damals habe wissen, zumindest ahnen können von diesen "Menschheitsverbrechen": "Es gab zwar kein Facebook. Aber es gab ausreichend Flüsterpropaganda." Wichtig an diesem Erinnern sei ihr heute der moralisch-pädagogische Impuls. Verstehen - und daraus lernen. Sich fragen: Was geht uns das heute an? Sich für Toleranz einsetzen und gegen Rassismus wenden, seine Überzeugungen kund tun. Sie ist sicher, das werde eine Veranstaltung mit sehr viel Würde. "Und Würde ist ganz wichtig."

Für den Abend vorher hat der Chef der Landtags-SPD, Markus Rinderspacher, sie eingeladen zu einem Ehrenamtsempfang anlässlich von 70 Jahre Bayerische Verfassung ins Truderinger Kulturzentrum. Auch dort wird die promovierte Wirtschafts- und Sozialgeschichtlerin gerne hingehen, kam doch Wilhelm Hoegner, der Vater der bayerischen Verfassung, schon in ihrer Doktorarbeit vor. Den Rest der Woche widme sie dann wieder ihrem "Alltag" - auch dem in der Weiße-Rose-Stiftung, sagt sie. Es gebe viel zu tun beim Endspurt für die neue Dauerausstellung, für die Gedenkstätte, die im Januar eröffnet werden soll. Da müsse man schon gründlich sein. Sie werde aber auch auf den Friedhof gehen, ihren anderen Verpflichtungen nachkommen - "mein Leben irgendwie leben".

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