Mein Kiosk:Ganz wie in München - nur ohne Bier

Am Kiosk sind alle gleich. In Ägypten, in Kairo zumal, legen viele Menschen Wert darauf, ihre soziale Stellung zu betonen. Umso mehr, je höher sie sich selbst in dem verorten, was ägyptische Freunde unumwunden als Klassengesellschaft bezeichnen. Der Kiosk dagegen ist quasi eine egalitäre Einrichtung. Hier werden der Vizeminister und der Herr Botschafter im Anzug ebenso bedient wie die Studenten der Kunsthochschule um die Ecke oder der Müllmann in seinen schmutzigen Klamotten. Meist sind es winzige Buden, in die höchstens ein Mensch passt, dazu ein Fernseher und gestapelt Softdrink-Dosen, Chipstüten, Süßigkeiten und - am allerwichtigsten - Zigaretten. Kühlschränke und Kisten kann der Besitzer auf die Straße stellen, es regnet ja nur zehn Mal pro Jahr, das Dach spendet vor allem Schatten. Zugleich ist der Kiosk Treffpunkt und Nachrichtenbörse. Der Mann hinter dem Tresen verbringt ja große Teile des Tages dort (viele Kioske sind rund um die Uhr offen) und weiß, was in der Nachbarschaft passiert. Er kennt den letzten Tratsch, liebstes Gesprächsthema vieler Ägypter. Donnerstag- und Freitagabend wird die Bude von Jugendlichen mit Autos und Mopeds umlagert bis morgens um vier. Sie hängen dort ab, hören Musik. Ganz wie in München. Nur Bier gibt es keines.

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