Medizintourismus:Zweckentfremdung: Vermieter klagen gegen Verbot der Stadt

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  • Zwei Männer haben vor dem Verwaltungsgericht gegen die Stadt München geklagt, weil sie ihnen die professionelle Weitervermietung verboten hatte.
  • Die Männer überlassen Medizintouristen aus dem arabischen Raum Wohnungen in Bogenhausen.
  • Die Richterin machte allerdings klar, dass die Klagen der Männer abzuweisen sind.

Von Anna Hoben

Es ist ein lukratives Geschäftsmodell: Man mietet eine Wohnung, vermietet sie weiter an einen Untermieter, der sie wiederum weitervermietet an Medizintouristen, für sechs Wochen, drei Monate oder ein halbes Jahr. Befindet sich die Wohnung in München, bevorzugt im Stadtteil Bogenhausen, Arabellapark, nur ein Katzensprung zur Klinik, kann man dafür locker 200 bis 300 Euro pro Nacht verlangen. Die Kunden freuen sich, weil sie in der Nähe ihres Familienmitglieds sind, das in der Klinik behandelt wird. Sie bekommen eine geräumige Unterkunft. Der Preis? Spielt bei der zahlungskräftigen Klientel oft keine Rolle. Die Vermieter freuen sich, weil sie so viel mehr Geld einnehmen, als normal zu verdienen wäre.

Der einzige Haken an der Geschichte: Eine solche Weitervermietung ist illegal, es handelt sich um Zweckentfremdung von Wohnraum und gilt als Ordnungswidrigkeit. Es droht ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro, die Staatsregierung will den Rahmen auf 500 000 Euro erhöhen. Was die Profiteure des Medizintourismus aber nicht davon abhält, ihrem Geschäftsmodell weiter nachzugehen - und dann auf ihrem vermeintlichen Recht zu beharren, indem sie ihrerseits vor Gericht ziehen.

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Vor dem Verwaltungsgericht München sind am Mittwoch drei solcher Fälle verhandelt worden, die auf kuriose Weise ineinander verwoben sind. Es geht um zwei Männer, mehrere Wohnungen an Elektrastraße und Denninger Straße in Bogenhausen und verschiedene Konstellationen der Mieter- und Untermieter-Rollen. Die beiden Männer gehen gegen die Landeshauptstadt vor, die ihnen die professionelle Vermietung an wechselnde Medizintouristen untersagt hat. Sie wollen sich ihr schönes, illegales Geschäftsmodell offenbar nicht kaputt machen lassen.

Die beiden Männer sind am Verwaltungsgericht keine Unbekannten. Der eine, Mohammed R., habe seit 2014 etwa zehnmal gegen die Stadt geklagt, ist zu hören - stets erfolglos. Sie treten mit wechselnden Anwälten auf, die auch in den Verhandlungen am Mittwoch teilweise nichts voneinander und von den anderen Verfahren wussten. In allen drei Fällen machte die Kammer unter dem Vorsitz der Richterin Cornelia Dürig-Friedl deutlich, dass die Klagen der Männer abzuweisen sind.

Für Bußgeldverfahren wegen Zweckentfremdung ist das Amtsgericht zuständig; die Strafen sind jedoch oftmals so gering, dass sie kaum eine abschreckende Wirkung haben. Vor Kurzem musste ein Zahnarzt 4000 Euro bezahlen, weil er eine Wohnung in der Maximilianstraße jahrelang illegal an Touristen und Verwandten vermietet hat. Eine Summe, die er mit der Vermietung in kurzer Zeit erzielt haben dürfte.

Das nächste Mittel wäre Zwangshaft

Vor dem Verwaltungsgericht landen solche Verfahren nur dann, wenn sich der Vermieter gegen den Bescheid von der Stadt wehrt, dass er die zweckentfremdende Nutzung künftig zu unterlassen habe. So wie Mohammed R. Er weigert sich, das Zwangsgeld zu bezahlen, 8000 Euro beträgt es in einem der am Mittwoch verhandelten Fälle. "Es wird immer darauf hingewiesen, er habe kein Geld", sagte die Richterin, "da fragt man sich natürlich: Wo landen die Mieteinnahmen?" Mohammed R. machte sie deutlich: "Es steht Zwangshaft im Raum." Es wäre die nächste Stufe, das schärfste Mittel des Rechtsstaats.

Dass ihm der Rechtsstaat in dieser Sache ziemlich gleichgültig ist, ließ Mohammed R. in der mündlichen Verhandlung durchscheinen. "Ich habe mitbekommen, dass Sie anderer Auffassung sind als ich", sagte er zur Richterin. "Ich bin nicht hier, um mich mit Ihnen rechtlich auseinanderzusetzen." Die Richterin entgegnete: "Doch, genau dazu sind wir hier."

Der Rechtsstaat interessiert Mohammed R. nicht

Ein Mensch aus Kuwait oder den Arabischen Emiraten könne seinen Lebensmittelpunkt in München haben, auch wenn er nur für eine begrenzte Zeit hier sei, argumentierte Mohammed R. Medizintouristen seien "Bürger dieser Stadt, auch wenn es für manche Leute schwer nachvollziehbar ist, dass Araber Bürger dieser Stadt sein können". Diesen unterschwelligen Rassismusvorwurf wollte der Vertreter der beklagten Landeshauptstadt nicht so stehen lassen. "Schwachsinn", sagte er. Die Stadt gehe gegen Zweckentfremdung vor, "egal, ob die Leute aus der Oberpfalz kommen oder aus dem arabischen Raum".

Er verstehe nicht, warum die beiden immer wieder vor Gericht zögen, statt eine Gewerbeimmobilie zu kaufen und ein Boardinghouse daraus zu machen, also eine Art Pension mit Apartments für Langzeitnutzung. Ja, warum? Offenbar, weil das bisherige Modell unkomplizierter und lukrativer ist.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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