Medienpolitik:Kritik statt Kumpanei

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Horst Seehofer trifft bei der SZ Bayerns Zeitungsverleger

Es ist ein gefährlicher Grat, auf dem Ministerpräsident Horst Seehofer an diesem Abend wandeln muss. Einen Impulsvortrag soll er vor den versammelten bayerischen Zeitungsverlegern halten, die am Dienstag nach ihrer Jahrestagung im Gebäude des Münchner Merkur abends im Hochhaus der Süddeutschen Zeitung feiern. Deren Verband VBZV vertritt 36 Zeitungshäuser mit mehr als zwei Millionen Auflage täglich - es ist eine Macht im Freistaat, die Seehofer genau kennt und einzuschätzen weiß, inklusive aller Sorgen und Wünsche. Und genau deshalb muss und will er eines vermeiden: dass ihm Kumpanei vorgeworfen wird. Also wählt Seehofer an diesem Abend einen goldenen Ausweg und spricht von einer "Leidensgemeinschaft" zwischen Medienmenschen und Politikern: "Sie sind nicht immer mit uns zufrieden, wir nicht immer mit Ihnen", sagt er Verlegern wie Chefredakteuren.

Der launige Spruch hat freilich einen ernsten Kern: "Unsere gemeinsame Währung ist das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Arbeit." Nur wenn die Qualität ihrer Arbeit stimme, könnten Medien auch ihre Glaubwürdigkeit bewahren. Vertrauenswürdige und - auch der Staatsregierung gegenüber - kritische Zeitungen seien aber wichtiger denn je. Ebenso die Pressefreiheit: Seehofer kündigte an, die Abschaffung des Paragrafen der Majestätsbeleidigung zu unterstützen. Die Politik dürfe nicht mehr in den Zwiespalt kommen, zwischen außenpolitischem Druck und rechtsstaatlichem Prinzip entscheiden zu müssen, wie jetzt im Fall Erdoğan versus Böhmermann geschehen.

Aber natürlich weiß Seehofer auch, dass sich die Zeitungsverleger nicht nur juristisch-moralische Unterstützung wünschen. VBZV-Vorsitzender Andreas Scherer formulierte klare Forderungen. Mit dem Mindestlohn für die Zeitungszustellung, so Scherer, sei ein "veritables Bürokratiemonster" geschaffen worden, das nicht nur finanziell eine große Belastung für die Verlage darstelle. Prompt sagte Seehofer Unterstützung zu - notfalls über das Mittel Ermüdungspolitik: Man müsse manchmal in Berlin solange Veränderungen fordern, bis dort alle genervt seien und zustimmten. Beim umstrittenen Gesetzesentwurf zur Veränderung des Urheberrechts habe die Bundesregierung auch schon einige Punkte abgemildert. Dennoch geißelte Scherer das Projekt, denn es unterstelle, dass "entrechtete und schutzlose Autoren vor skrupellosen, ausbeuterischen Verlagen geschützt werden müssten". Das sei grober Unfug. Statt hier zu handeln, solle die Politik die Verlage vor Giganten wie Google, Facebook und Amazon schützen. Seehofer akzeptierte die Aufgaben, die ihm die Verleger mitgaben - wissend, dass auch das nicht zu weniger Kritik an ihm und der Staatsregierung in den Zeitungen führen wird. "Aber manchmal schlägt mir da und dort schon Mitleid entgegen, wie die Medien mit mir umgehen. Also macht weiter so."

© SZ vom 27.04.2016 / kc, kar - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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