Medienkompetenz:Führerschein fürs Internet

Kinder, Eltern und Lehrer sollen einen Nachweis über ihren souveränen Umgang mit dem Internet und Computerspielen schon im neuen Schuljahr erbringen.

Berthold Neff

Bayerns Staatskanzlei-Chef Siegfried Schneider erhält für seinen Vorschlag, einen Medienführerschein für Kinder und Jugendliche einzuführen, parteiübergreifend Lob. Dem Konzept zufolge, das der SZ vorliegt, soll es den Medienführerschein in vier Alterskategorien bereits zum Herbst geben. Parallel dazu sollen auch Eltern und Lehrer ihre Medienkompetenz verbessern.

Medienkompetenz: Internet, Computerspiele, Fernsehen: Der Medienführerschein soll zu einem souveränen Umgang helfen dort Gefahren zu umschiffen, die dort womöglich lauern.

Internet, Computerspiele, Fernsehen: Der Medienführerschein soll zu einem souveränen Umgang helfen dort Gefahren zu umschiffen, die dort womöglich lauern.

(Foto: Foto: ddp)

Die Diskussion über die Gefahren, die Kindern und Jugendlichen aus dem Internet und durch gewaltverherrlichende Computerspiele drohen, hat sich nach dem Amoklauf von Winnenden zweifellos verschärft. Insofern kam es nicht von ungefähr, dass Minister Siegfried Schneider, der als Staatskanzlei-Chef auch für die Medien zuständig ist, seinen Vorschlag für den Medienführerschein vergangene Woche bei der Eröffnung des Computerspiel-Kongresses "Munich Gaming" machte.

Der Staatskanzlei-Chef, Lehrer von Beruf und von 2005 bis 2008 Minister für Unterricht und Kultus, betrachtet den richtigen Umgang mit den Medien im 21.Jahrhundert neben Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen als "vierte Schlüsselkompetenz". Die Kinderbildungs- und Lehrpläne sollten diesem Umstand so schnell wie möglich Rechnung tragen.

"Wir müssen erreichen, dass Kinder und Jugendliche souverän und verantwortlich mit den Chancen umgehen, die ihnen die neuen Medien bieten", sagte Schneider am Dienstag zur SZ. Es reiche nicht, menschenverachtende Computerspiele zu verbieten. Man müsse Kinder und Jugendliche außerdem für die Gefahren sensibilisieren, die im Internet lauerten. "Wir müssen sie so stark machen, dass sie unterscheiden können, was richtig und falsch ist", und ihnen zeigen, dass es "nicht ungefährlich ist, in Internetforen oder Netzwerken zu viel Persönliches öffentlich zu machen".

Den Medienführerschein soll es in vier "Führerscheinklassen" geben: Für Kinder in der Vorschule, in der Grundschule, für die unter Zwölfjährigen und für die Zwölf- bis 18-Jährigen. Die Grundkenntnisse, die Medienfertigkeit und das theoretische Wissen rund um digitale Medien (Spiele, Internet und Fernsehen) sollen dabei altersgerecht angepasst werden. Denkbar wäre, so der Minister, dass die Kinder und Jugendlichen den jeweiligen Führerschein mit einem nach Leistung abgestuften Fähigkeitsnachweis erwerben, vom simplen Zertifikat über Bronze und Silber hin zu Gold.

Nach Ansicht von Minister Schneider reicht es aber nicht, analog zum Fahrradführerschein oder aber dem "Füllerführerschein", der in der zweiten Klasse zum Schreiben mit dem Füller berechtigt, nur die Kinder im Umgang mit den Medien auszubilden. Auch Eltern und Lehrer sollten auf freiwilliger Basis einen Medienkompetenznachweis erbringen, angelehnt an die einzelnen Führerscheinklassen der Kinder und Jugendlichen. Dafür kämen Angebote etwa der Volkshochschulen oder aber auch Elterninformationsabende in Frage.

Die Details zu diesem zweigleisigen Medienführerschein werden derzeit in einer Arbeitsgruppe diskutiert, in der mehrere Ministerien vertreten sind. Auch die Spielewirtschaft ist eingeladen, Ideen einzubringen. Es gelte, so der Kultusminister, ein "umfangreiches Paket zu schnüren" und es bereits zum neuen Schuljahr umzusetzen. Zudem wünscht sich der Minister eine "breite Diskussion" in der Gesellschaft. Die hat inzwischen bereits begonnen. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hat Schneiders Forderung begrüßt. Der BLLV-Vorsitzende Klaus Wenzel erklärte, einen solchen Nachweis bräuchten Jugendliche, Eltern und Lehrer gleichermaßen.

Die Landtagsfraktionen von SPD, FDP und Grünen begrüßten Schneiders Vorstoß ebenfalls und boten ihm eine Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg an. Es müssten jedoch auch die finanziellen Ressourcen bereitgestellt werden, um den Umgang mit Medien zum festen Bestandteil des Lehrplans zu machen. Die kritische Beschäftigung mit den Medien und ihrer Nutzung müsse die Kinder und Jugendlichen während ihrer gesamten Ausbildung begleiten.

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