Maya Sing:Luxusberuf Komponist

Maya Sing, im Landkreis Ebersberg aufgewachsen, gehört zu den erfolgreichsten Pop-Komponisten in Deutschland. Ein Gespräch über die Probleme im Musikgeschäft.

Michael Bremmer

SZ: Die Wirtschaftskrise lähmt, alle jammern, nur aus dem Musikbusiness hört man wenig. Gibt es hier keine Krise?

Maya Sing: Von Maya Sing stammen unter anderem Songs von Sarah Connor, Christina Stürmer oder auch von DJ Ötzi.

Von Maya Sing stammen unter anderem Songs von Sarah Connor, Christina Stürmer oder auch von DJ Ötzi.

(Foto: Foto: privat)

Maya Singh: Das Musikgeschäft hat ja nicht aktuell Probleme, wir haben seit Jahren eine Krise. Nur hat sich kein Mensch dafür interessiert, weil wir keine Autobauer sind.

SZ: Ist man des Jammerns leid?

Maya Singh: Nein, das nicht. Aber ganz ehrlich: Die Menschen wollen das nicht hören, sie wollen nicht aufhören, Musik mit Glanz und Glamour zu verbinden.

SZ: Und trotz des guten Images gehen die Plattenverkäufe zurück...

Maya Singh: Seit 1997 gibt es bei CD-Verkäufen einen Rückgang von 40 Prozent. Und die Wirtschaftskrise verstärkt diese Entwicklung. Wo sparen die Menschen? Beim Vergnügen, bei der Musik. CDs werden gebrannt, nicht gekauft. Und die Menschen spüren dabei nicht einmal ein Unrechtsbewusstsein.

SZ: Woher kommt das?

Maya Singh: Musik gibt es überall kostenlos. Bei Youtube, bei MySpace. Dass aufwendige Produktionen dahinterstecken, jede Menge Knowhow und letztendlich auch jede Menge Arbeit unterschiedlicher Künstler, das nimmt heute keiner mehr zur Kenntnis. Das ist ein Problem, das die Politik einmal angehen sollte.

SZ: Die Politik hat derzeit natürlich viele Problemfelder.

Maya Singh: Natürlich. Aber manchmal frage ich mich schon, warum ich mit meinen Steuern die Automobilbranche unterstütze - uns hilft schließlich auch keiner. Auf diese Idee kommt überhaupt keiner. Und das, obwohl jeder Musik, jeder Radio hört. Und: Unterhalten sich die Menschen so viel über Autos wie über Musik?

SZ: Dennoch scheint Musik keinen Stellenwert zu haben. Wie wirkt sich das aus?

Maya Singh: Songschreiber, Komponist, Textdichter zu sein, ist ein Luxusberuf geworden. Am Ende kann es sich in Deutschland nur noch ein Dieter Bohlen leisten, Musik zu schreiben.

SZ: Sie übertreiben.

Maya Singh: Keineswegs. Ich habe viele ehemalige Kollegen, die erfolgreich waren und Hits hatten, die nicht mehr von ihren Urheberrechten leben können und ihren Beruf wechseln mussten. Sie sitzen alle in irgendeinem Büro und machen einen langweiligen Nine-to-Five-Job.

SZ: Sie selbst allerdings dürften keinen Grund zur Klage haben. Sie arbeiten für Künstler wie Christina Stürmer, Sarah Connor, Die Prinzen sowie DJ Ötzi - da ist Erfolg doch programmiert?

Maya Singh: Natürlich. Im Moment läuft es bei mir gut, das kann sich aber in dieser Branche auch ganz schnell ändern.

SZ: Spüren selbst die Stars die Krise?

Maya Singh: Aber natürlich. Warum gehen derzeit so viele Bands, so viele Musiker auf Tour? Warum erlebt man derzeit so viele Wiedervereinigungen von Bands? Die brauchen alle Geld. Viele Popstars müssten sicher Insolvenz anmelden, hätten sie keine Gelegenheit, Konzerte zu spielen.

SZ: Das Musik-Business lebt jetzt schon länger mit der Krise. Kann die Welt von der Pop-Branche lernen, wie man diese Probleme meistert?

Maya Singh: Um Himmels Willen, nein. Die Pop-Branche ist vielmehr ein abschreckendes Beispiel. Es scheint, als wäre der Kampf verloren. Hier läuft einiges falsch! Musik ist ein so wichtiges Kulturgut. Wenn sich hier nichts ändert, wird es sich in drei, vier Jahren kaum jemand leisten können, Musik zu schreiben.

Weitere Informationen unter http://maya-singh.com

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