Maxvorstadt:"Wir müssen dieses Instrument schärfen"

Maxvorstadt: Kauf abgelehnt: Die Stadt hat das Haus Sandstraße 25 nicht erworben, es ging an einen Investor.

Kauf abgelehnt: Die Stadt hat das Haus Sandstraße 25 nicht erworben, es ging an einen Investor.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Bezirksausschuss Maxvorstadt fordert die Stadt auf, in Erhaltungssatzungsgebieten ihr Vorkaufsrecht auch dann auszuüben, wenn Gebäude zum Abriss anstehen. Die Rathaus-SPD begrüßt diesen Vorstoß zum Mieterschutz

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Bürgervertreter warnen immer wieder vor dem Verlust des Milieuschutzes in den Erhaltungssatzungsgebieten. Der Bezirksausschuss Maxvorstadt hat nun eine Initiative gestartet, um dieses wohnungspolitische Instrument zu stärken. Das Gremium fordert, die Regeln für das Vorkaufsrecht auszuweiten. Bei der Rathaus-SPD kommt der Vorstoß gut an. "Wir müssen dieses Instrument schärfen und verstärken", sagt der SPD-Vizefraktionschef im Stadtrat, Hans Dieter Kaplan.

Nach Vorstellung der Bürgervertreter soll die Stadt das Vorkaufsrecht auch dann wahrnehmen, "wenn bestehende Gebäude abgebrochen werden müssen und neue Wohnungen zu errichten sind". Es soll dann - und das ist entscheidend - ein Neubau realisiert werden, umzusetzen von einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft oder einer Wohnungsbaugenossenschaft. Zur Begründung schreibt das Gremium, dass wegen Grundstücksverkäufen in diesen Gebieten "schleichend die Voraussetzungen für die Erneuerung der Erhaltungssatzung" gefährdet seien.

Nicht nur die Maxvorstädter Politiker beobachten, dass Investoren in den Erhaltungssatzungsgebieten Häuser abreißen und teure Wohnungen entstehen, die Gentrifizierung also ihren Lauf nimmt - bis bei einer Neubewertung die Kriterien für eine Erhaltungssatzung womöglich nicht mehr greifen. Genau dies ist nun offenbar im Gärtnerplatzviertel der Fall, der Bezirksausschuss und der Mieterschutzbund haben bereits Alarm geschlagen.

Erhaltungssatzungen sollen den Mietern günstigen Wohnraum sichern. Der Stadtrat hat für 18 Gebiete Schutzregelungen erlassen. Luxussanierungen sind dort untersagt; Käufer müssen Mieterschutzregeln akzeptieren. Zudem kann die Stadt ein Vorkaufsrecht ausüben, das allerdings an Richtlinien gebunden ist. So muss das Objekt hinsichtlich der baulichen Struktur und des Wohnwerts erhaltenswert, zudem die wirtschaftliche Prognose im Rahmen sein. Diese nimmt das städtische Bewertungsamt vor. Droht ein zu hoher Verlust, rät es vom Kauf ab. Die Beurteilung nimmt das Sozialreferat vor, die Federführung liegt beim Kommunalreferat; die Entscheidung fällt der Stadtrat. Von 1993 bis 2015 wurden 73 Anwesen erworben, sehr viel häufiger gaben private Käufer sogenannte Abwendungserklärungen ab. Sie verpflichteten sich dabei, auf Umwandlung in Eigentumswohnungen und Luxusmodernisierung zu verzichten.

Genau dies ist auch das primäre Ziel der Vorkaufsrechtspraxis: als Druckmittel, um Investoren zum Milieuschutz zu verpflichten, ohne selbst viel Geld ausgeben zu müssen. Denn die Wirtschaftlichkeit ist bei den hohen Immobilienpreisen sehr schnell untergraben; nach SZ-Informationen hat der Kommunalausschuss zuletzt über vier Fälle beraten, die in der Summe 200 Millionen Euro gekostet hätten. Dennoch hätten die Grünen in der Maxvorstadt es gerne, dass die Stadt künftig alle zum Verkauf stehenden Gebäude erwirbt. Das ging den übrigen Fraktionen zu weit, der Antrag wurde abgelehnt. Doch einigte sich das Gremium auf den Vorstoß, die Stadt solle die maroden Häuser kaufen, abreißen - und selbst Neubauten hinstellen. "Das ist eine Lücke beim Vorkaufsrecht, die wir schließen müssen", zeigt sich SPD-Fraktionsvize Kaplan angetan von der Initiative. Er bedauert, dass die Regeln sich nur auf den Erhalt eines Hauses, nicht aber auf die Möglichkeit für Abriss und Neubau bezögen. Es komme öfter vor, dass Investoren ihre Häuser so lange leerstehen lassen, bis sie unbewohnbar seien.

Kommunalreferats-Sprecher Bernd Plank betont, dass die Stadt durchaus für abbruchreife Gebäude das Vorkaufsrecht ausüben könne. Die Bezugsgröße dafür sei, abgeleitet vom Baugesetzbuch, ob der Wohnraum erhaltenswert sei. "Doch wenn das Gebäude durch einen Neubau ersetzt werden soll, ist es nicht erhaltenswert." Nach seinen Angaben fehlt dafür schlicht die rechtliche Grundlage. "Es gibt keine rechtliche Basis für ein Vorkaufsrecht, das ideellen Wohnraum auf einer zukünftigen Baulücke bewertet."

Beim Abwägen der Vorkaufsfälle gibt es unter den Rathaus-Koalitionären selten Streit, wie zu vernehmen ist. Doch anders als die SPD strebt die CSU keine Ausweitung an. "Wir müssen vor allem Geld in den Wohnungsbau investieren, nicht in den Erhalt des Bestandes", sagt Hans Podiuk, der CSU-Fraktionschef. In extremen Fällen, wenn Mietern die Vertreibung drohe, müsse die Stadt das Vorkaufsrecht ausüben, betont Podiuk. "Doch ich kenne genügend Gutachten von den Wohnungsbaugesellschaften, in denen die Sache nicht wirtschaftlich darstellbar ist."

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