Maxvorstadt:Das sagen die Anwohner zum umgestalteten Josephsplatz

Josephsplatz

Platz-Design: Das Konzept mit geschwungenen Formen und schilfartigen Stangen soll durchgängig ein "florales Thema" vermitteln, wie es heißt.

(Foto: Lukas Barth)

Der Widerstand gegen den Umbau war enorm, die Stadt räumte rigoros - jetzt ist der Platz fertig. Und gelungen?

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Aha, soso, na ja. Der ältere Mann mit weißem Hemd und Cordhose schirmt die Augen gegen die gleißende Sonne ab und brummelt ein unschlüssiges "Hmmh". Der andere neben ihm, etwa gleich alt, schwarzes Sakko, schaut etwas pikiert. "Wieso, ist doch toll geworden. So großzügig und grün." Der andere zögert. "Meinen Sie?" Ob denn diese komischen Stangen hätten sein müssen, und diese breiten Hecken. . . "Hmmh."

Solche Unterhaltungen sind in diesen Tagen oft zu hören rund um den Josephsplatz in der Maxvorstadt. Die Bürger stehen auf dem durchaus ausgefallenen Ensemble, oder betrachten es vom Rande aus, wie die beiden Männer. Drei Jahre lang mussten die Bürger mit einer riesigen Baustelle leben, nun nähern sie sich zögerlich dem neu gestalteten Platz zwischen Hiltenspergerstraße und der Kirche St. Joseph. Dabei ist die Bürgerschaft noch unsicher, ob die Metamorphose dieser kleinen Neben-Herzkammer der Maxvorstadt nun gelungen ist oder nicht. Die einen sagen so, die anderen sagen so, könnte man die ersten Reaktionen zusammenfassen.

So oder so: Für die Stadtverwaltung war und ist dies ein besonderes Projekt. Denn die Ereignisse und Debatten um den Josephsplatz könnten der Anstoß sein, Ablauf und Organisation von Bürgerbeteiligung in der ganzen Stadt zu verbessern.

Die Proteste gegen das Tiefgaragenbauwerk und die anhaltende Kritik an der Gestaltung der Oberfläche - all das waren überdeutliche Signale an die Stadt, die betroffenen Bürger zukünftig noch intensiver einzubeziehen und ihre Vorschläge und Wünsche Ernst zu nehmen. Denn so einen Aufstand wie im Februar 2013 wollen weder Stadtpolitik noch Stadtverwaltung noch einmal erleben.

Da erhob sich der Zorn der Josephsplatz-Anwohner: Sie marschierten zu Demonstrationen auf gegen die Anwohnertiefgarage auf dem Platz, sammelten Unterschriften. Umweltaktivisten von "Robin Wood" besetzten die Bäume, zwei Demonstranten besetzten das Vorzimmer des damaligen Oberbürgermeisters Christian Ude (SPD). Die Stadt reagierte rigoros: Der Platz wurde geräumt und abgezäunt, ein Sicherheitsdienst patrouillierte. Schließlich kam es im Morgengrauen zu einer Fällaktion.

Josephsplatz

Florian Hochstätter (v. re.) und Ulrich Rauh sprechen auch über die neuen Spielgeräte.

(Foto: Lukas Barth)

Die wütenden Protestler mussten sich damals viel Kritik anhören: Sie seien viel zu spät dran, schließlich hatte der Stadtrat den Planungsauftrag für das 9,5-Millionen-Euro-Projekt bereits 2007 erteilt, zwei Jahre später wurde das Konzept in der Bürgerversammlung vorgestellt, 2010 ein Planungs-Workshop abgehalten, dessen Ergebnisse wiederum im Bezirksausschuss und bei einer Einwohnerversammlung diskutiert wurden.

Tiefgarage ja, aber nur, wenn die Oberfläche mitgestaltet werden darf

Nach dem Beginn der Bauarbeiten zogen sich die Josephsplatzfreunde indes nicht zurück. Sie akzeptierten zwar zähneknirschend die offenbar unvermeidliche Tiefgarage, wollten aber mitreden beim Konzept für die neue Oberfläche. Und das taten sie auch bei regelmäßigen Runden mit Vertretern des Baureferats. "Wir haben die Josephsplatzfreunde sehr Ernst genommen", versichert Florian Hochstätter, Leiter des Bereichs Stadtgestaltung im Baureferat.

Und er lässt erkennen, dass sich die Stadt die Appelle des Vereins nach einem sensiblen Umgang mit den Wünschen der Bürger zu Herzen genommen hat - wenngleich nicht alle Vorschläge beherzigt wurden. "Der Josephsplatz ist nun ein Stück gebaute Demokratiegeschichte", sagt Hochstätter.

Der Behörden-Mitarbeiter steht an diesem Vormittag nicht weit entfernt von den beiden Männern, die sich noch immer nicht auf "Hmmh" oder "Toll" einigen können. Im Schatten eines Spitzahorns hat sich eine Gruppe versammelt, um nach der Fertigstellung über das nagelneue Platz-Ensemble zu diskutieren. Hochstätter und sein Kollege Ulrich Rauh, Abteilungsleiter Gartenbau beim Baureferat, sind die Vertreter der "Toll"-Fraktion, ist der Platz doch ihr Baby, für 3,8 Millionen Euro nach Plänen der Landschaftsarchitekten Erdmann Kicherer gestaltet.

Mit Annette Fendler und Christian Lechner sind zwei Vertreter der Josephsplatzfreunde gekommen, dazu der Hausherr der Kirche, Pfarrer Markus Gottswinter sowie Gerhard Mittag, CSU-Mitglied im Maxvorstädter Bezirksausschuss. Sie blicken auf geschwungene Rasensegmente, die sich an sichelförmige Sandkasten- Abschnitte schmiegen. Aus ihnen ragen lange Holme hervor, die für manche wie "komische Stangen" aussehen mögen, jedoch an hohes Schilf erinnern sollen.

Platzverschwendung oder Freizeitplatz?

Josephsplatz

Es sind Komponenten eines durchgängigen Design-Ansatzes für diesen Platz, Rauh nennt es "florales Thema".

(Foto: Lukas Barth)

Dazwischen sind Seile gespannt, an denen schon einige Kinder hinaufkraxeln, um zu einer Rutsche oder einem Art Spinnenetz zu gelangen. Es sind Komponenten eines durchgängigen Design-Ansatzes für diesen Platz, Rauh nennt es "florales Thema": Die Spielgeräte sollen quasi-natürlich mit den Bäumen korrespondieren sowie mit den teils meterbreiten Hecken, die an der Südostseite das Zufahrts-Bauwerk zur Tiefgarage bedecken.

Der gepflasterte Fußgänger-Freiraum vor der Kirche wurde aufgeweitet, ebenso die Fläche an der Ostseite, wo das Wasser am Franziskus-Brunnen plätschert. "Wir haben mehr Platz geschaffen", sagt Rauh, während Hochstätter ein Foto zeigt: Dutzende Autos belagern die Freifläche vor der Kirche, so sah das früher einmal aus.

Lechner und Fendler, beide direkte Anwohner, lassen indes keinen Zweifel daran, dass sie das Ergebnis für missglückt halten. Die Hecken seien viel zu breit, "das ist Platzverschwendung", sagt Lechner. Die verschachtelten Wege, die Stangen-Spielgeräte, sie passten nicht zur Architektur der Kirche. "Das ist viel zu kreativ, das hat in so einem Umfeld nichts verloren."

Fendler missbilligt ganz allgemein "das Durchgestylte" der Anlage, überdies gebe es im Vergleich zu vorher nun wesentlich weniger Grünfläche, "zugunsten einer großen versiegelten Fläche vor der Kirche". Der frühere Josephsplatz war für sie ein Platz, auf dem alle Altersgruppen in Kontakt hätten treten können. "Nun ist es nur noch ein Spielplatz für kleine Kinder."

Rauh übernimmt die Verteidigungsrede: Ein "multifunktionaler Platz" sei dies nun. Denn Aufenthaltsfläche gebe es nun vor der Kirche und am Brunnen. Überdies hält er den beiden Kritikern entgegen, dass die Umgestaltung gerade der Architektur der Kirche diene.

Es geht vor allem um Geschmacksfragen

"So ein bedeutendes Bauwerk braucht ein angemessenes Entree, auf dem zudem auch Märkte und Feste stattfinden können." Lokalpolitiker Gerhard Mittag, bekennender "Toll"-Vertreter, erinnert daran, dass die Fläche in früheren Jahrzehnten eine "reine Hundewiese" gewesen sei. "Überaus gelungen" findet er den neuen Platz, auf dem mit den breiten Hecken nun auch Lebensraum für Tiere geschaffen sei.

Indes: Unversöhnlich läuft das Gespräch nicht ab. Lechner und Fendler beharren zwar auf ihrer Kritik, lassen aber erkennen, dass es hier wohl um Geschmacksfragen geht. Den Versöhner-Part übernimmt Pfarrer Markus Gottswinter. Auch unter den Gemeindemitgliedern, so berichtet er, werde immer wieder die breiten Hecken und der große Platz vor der Kirche bemängelt. "Ich sage immer: Denken Sie Italienisch." In Italien seien die Plätze vor den Kirchen sozial kommunikative Orte, die sprichwörtliche italienische Piazza eben. Sein Schlusswort: "Wir können hier Little Italy haben."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: