Maxvorstadt:Theater sucht Bühne

Das "Undsofort" kann wegen eines Wasserschadens nicht zurück an die Kurfürstenstraße. Schadensersatzforderungen stehen im Raum. Derweil helfen die Kollegen in der freien Szene

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Nach dem verheerenden Wasserschaden vom Sommer 2017 zeichnet sich für das Theater Undsofort jetzt der dauerhafte Verlust seiner Spielstätte an der Kurfürstenstraße ab. "Das Theater ist an dieser Adresse tot", sagt der Schauspieler, Regisseur und Leiter der Undsofort-Bühne, Heiko Dietz. Im März endet der Mietvertrag - und der Vermieter will entgegen der ursprünglichen Zusage nun doch keine Vereinbarung über einen Wiedereinzug des Theaters treffen. "Es tut uns wahnsinnig leid. Aber wir können angesichts der äußerst komplizierten Sanierung keinen Vertrag abschließen", sagt eine Sprecherin der Eigentümergemeinschaft.

Damit verliert München eine weitere Bühne der freien Szene, die in den vergangenen 30 Jahren von fast zwei Dutzend auf derzeit etwas mehr als eine Handvoll Spielstätten geschrumpft ist. Das Unglück ereilte Dietz und seine Bühne im Juli 2017: Die Eigentümergemeinschaft entschloss sich zu einer Sanierung des Keller-Theaters, nachdem wiederholt Wasser über die marode Oberfläche im Innenhof eingedrungen war. Doch als die Betondecke aufgerissen war, setzte tagelanger Starkregen ein. Zurück blieben ein verwüstetes Theater und sein verzweifelter Leiter, der den kompletten Herbstspielplan canceln musste.

Auftaktveranstaltung der Zauberwochen im Theater und so fort in der Kurfürstenstraße 8

Zaubern müsste man können wie der Magier Gaston bei einem seiner früheren Auftritte im Theater "Undsofort" am "Magic Monday".

(Foto: Florian Peljak)

Dabei ist der Schaden noch beträchtlicher als zunächst angenommen. Nicht nur, dass die Wassermassen Brandschutz-Matten aus Asbest von den Stahlträgern sprengten, was eine teure Entsorgung nötig macht. Nach Angaben des Eigentümers ist die Statik des Wohnhauses gefährdet. "Wir bitten um Verständnis, aber die Sanierung ist eine Mammutaufgabe", sagt die Sprecherin. Die Dauer der Arbeiten sei derzeit nicht absehbar, es werde wohl sehr lange dauern und sehr teuer werden. "Es war immer schön, ein Theater hier zu haben. Doch wir können und wollen uns momentan nicht festlegen." Noch im Herbst 2017 war Theaterleiter Dietz von einer Fortführung des Mietvertrags ausgegangen; es habe eine Zusage gegeben, hieß es. "Ich bin sehr enttäuscht, wie sich der Vermieter aus der Verantwortung stiehlt. Uns trifft keine Schuld", sagt Dietz. Nach seinen Worten stößt er beim Vermieter mit Schadensersatzforderungen auf taube Ohren. Auf 16 000 Euro beziffert er in etwa den entstandenen Sachschaden, dazu kämen "einige 10 000 Euro" an Einnahme-Ausfällen. Die Sprecherin der Eigentümer will dazu keinen Kommentar abgeben.

Zumindest Teile des Spielplans konnte Dietz zur Aufführung bringen. Ein Großteil der freien Münchner Theaterszene half aus und stellte Bühnen für Undsofort-Inszenierungen zur Verfügung. Aktuell laufen der Dauerseller "Maxvorstädter Kellermorde" weiter im Blutenburg-Theater, die beliebten "Magic Monday"-Zaubershows im Theater Drehleier. Die neuesten Eigenproduktionen werden im Theater Heppel & Ettlich sowie im Tams-Theater aufgeführt. Dietz' Schauspielschule, die auch wegen des angeschlossenen Theaters erfolgreich lief, kommt bis in den Sommer bei der Issa-Bühne unter. Dann bricht wegen fehlender Räume dem Leiter des abgesoffenen Theaters auch diese Einnahmequelle weg. "Die Insolvenz konnte ich bisher mit einem Privatkredit abwenden", sagt Dietz.

Heiko Dietz im beschädigten Theater "Und so fort" in München, 2017

Alles nass: Im vergangenen Juli hatte Heiko Dietz immerhin noch Hoffnung, dass das Theater nach der Sanierung zurückkehren kann.

(Foto: Catherina Hess)

Die Stadt hat indes das Undsofort noch nicht abgeschrieben. Die für die Verteilung des Förderbudgets zuständige Jury hat die Summe für das Theater im laufenden Jahr um 10 000 auf 70 000 Euro aufgestockt; der Kulturausschuss des Stadtrates gab am Mittwoch seine Zustimmung. "Wir haben großes Interesse am Fortbestand der Bühne", versichert die Sprecherin des Kulturreferats, Jennifer Becker. Ein geeignetes Quartier habe die Stadt zwar nicht zur Verfügung. Becker lässt aber durchblicken, dass die Behörde bereit für finanzielle Hilfe ist, sobald Dietz neue Räume für sein Theater gefunden hat.

Der mag die Hoffnung nicht aufgeben, trotz des umkämpften Münchner Mietmarkts ein Domizil zu finden. Er will Briefe an Hauseigentümer schreiben und mit einer Plakat-Aktion werben. Immerhin: Seinen Lebensunterhalt kann Dietz "mit Abstrichen" bestreiten, wie er sagt. Er habe neben den Eigenproduktionen für die Herbst-/Wintersaison ein Engagement am Sensemble-Theater Augsburg in Aussicht: "Ein Licht am Ende des Tunnels."

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