Maxvorstadt:Oskar-von-Miller-Ring bleibt eine Verkehrsschneise

Verkehr am Oskar-von-Miller-Ring in München, 2007

Erblast aus der autoverliebten Nachkriegszeit: Die Verkehrsachsen an der Westeinfahrt des Altstadtringtunnels wirken als Barriere.

(Foto: Robert Haas)

Zwar werden bei der Sanierung des Altstadttunnels Fahrspuren reduziert und Bäume gepflanzt - doch das reicht nicht für ein repräsentatives Entree zum Kunstareal.

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Es war ein Abend im Januar dieses Jahres, Neujahrsempfang der Maxvorstädter CSU. Draußen tropft eiskalt der Nieselregen, drinnen in der Galerie an der Ecke Gabelsberger-/Türkenstraße wärmt die Gäste eine Rede von Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). Denn er spricht aus, wovon viele träumen. "Man muss diese Wunde heilen", sagt der Minister, den Blick nach Osten, zur Wunde hin gerichtet. Er spricht von einer "Jahrhundertchance", den Altstadtringtunnel weiter nach Süden zu verschwenken. "Ich träume von einem großen Wurf."

Ein halbes Jahr später zeichnet sich ab: Der große Wurf für eine stadträumliche Umgestaltung der großen Verkehrsschneise am Oskar-von-Miller-Ring, westlich von Münchens zentraler Autoröhre, wird wohl reines Wunschdenken bleiben. Das Baureferat steht kurz vor dem Abschluss des Konzepts; eine Abordnung der Behörde stellte es am Dienstag dem Bezirksausschuss Maxvorstadt vor.

Es zeigt sich: Am Straßengefüge soll sich im Prinzip nichts ändern; allerdings soll diese Erblast aus der autoverliebten Nachkriegszeit menschenfreundlicher gestaltet werden. Die Kritik kam prompt, von einem Vertreter jener Institution, die seit Jahrzehnten für einen großen Wurf kämpft. "Ich sehe nur eine Verdichtung des Baumbestandes und eine Ausweitung des Straßenbegleitgrüns, aber nur wenig von einer Stadtreparatur", sagte Martin Fürstenberg vom Münchner Forum.

Er appellierte an die Behördenvertreter, die Pläne zu überdenken, und zwar im Dialog mit den Bürgern. "Schwierig", so die Antwort von Baureferats-Mitarbeiter Florian Hochstätter. Das Konzept basiere nun mal auf jenen Vorgaben, die der Stadtrat 2014 beschlossen habe.

Damals wurde ein Mammutprojekt auf den Weg gebracht: der Umbau des Altstadtringtunnels sowie die "Stadtreparatur Oskar-von-Miller-Ring", wie es im Titel des Beschlusses heißt. Die Röhre, 1972 eröffnet, entspricht nicht mehr modernen Sicherheitsstandards. Brandschutzvorschriften verlangen das Nachrüsten einer Mittelwand.

Der Rückbau wird noch immer gefordert

Dies nimmt die Stadt zum Anlass, die mehrspurige Verkehrsachse, die wie eine Barriere wirkt, zusammenzustutzen. Das übergeordnete Ziel: eine bessere Anbindung ans Kunstareal für Fußgänger und ganz grundsätzlich eine Aufwertung dieses eher unschönen Stadtraums.

Heilungsansätze für diese städtebauliche Wunde werden schon seit langem hin- und her erwogen. Fast vergessen ist, dass sich 1966 erbitterter Widerstand gegen den Bau des Altstadttunnels regte, angeführt von der Initiative "Bürgerkomitee Prinz Carl Palais". Das Münchner Bauforum und sein Nachfolger, der Diskussionsverein Münchner Forum, wurden im Gefolge nicht müde, einen Rückbau zu fordern. Ideen gab es einige, darunter auch Spaenles Favorit, die Deckel-drauf-Lösung. Diese hatte vor drei Jahren ein Investor umsetzen wollen: Die Oberfläche ließe sich seiner Ansicht nach bebauen und vermarkten, um den Tunnel zu refinanzieren.

Nun wird doch wieder alles ganz anders

Doch daraus wurde nichts. Nun soll es folgendermaßen laufen: Im Tunnel wird eine der drei Fahrspuren Richtung Osten entbehrlich, stadteinwärts bleibt es bei drei Spuren. Die großzügig angelegte Rampe, die wie eine Schlucht die Altstadt von der Maxvorstadt abtrennt, wird steiler angelegt: Das reduziert die nördliche Tunnelwand um 30 Meter. Dadurch wird Platz gewonnen für Freiflächen, etwa vor dem Oskar-von-Miller-Forum, sowie eine neue Straßenführung, mit der man von der Ludwigstraße in den Altstadtring Richtung Süden einbiegen kann.

Das soll vor allem die Brienner Straße entlasten, über die bisher der Verkehrsfluss Richtung Maximiliansplatz abläuft. Mit Ampelübergängen werden zudem die barriereartigen Verkehrsachsen passierbar, der triste Fußgängertunnel überflüssig.

Damit nicht genug. Der achtspurige Abschnitt der Gabelsbergerstraße, welcher zwischen der St.-Markus-Kirche und dem Landesbank-Komplex verläuft, soll auf fünf Spuren verengt werden, die dortigen Parkplätze verschwinden. Die Flächen vor dem Kirchenbauwerk und dem Bank-Ensemble sollen so zu einer ansprechenden Passage zu den Pinakotheken werden. "Das schafft eine platzartige Situation mit Bänken zum Ausruhen auf dem Weg von und zum Kunstareal", sagte Hochstätter. Er sprach von bis zu 60 Bäumen, die neu gepflanzt würden. Das Konzept sieht zudem eine Nachrüstung mit Fahrradwegen vor, wo heute allein Platz für Autos ist.

Nach Angaben der Behörden-Emissäre muss der Beschluss noch in Details überarbeitet werden, schon im Oktober könnte er erneut dem Bezirksausschuss vorgestellt werden. Danach erfolge die letztgültige Projektgenehmigung durch den Stadtrat. Läuft alles nach Plan, könnten demnach 2018 die Bagger anrücken, vier Jahre später könnte alles fertig sein. Noch unklar ist, ob die bereits beschlossene Einführung des Zweirichtungsverkehrs in Abschnitten der Gabelsberger- und Theresienstraße vorher durchgezogen wird.

Das Kreisverwaltungsreferat müsse entscheiden, ob dies sinnvoll sei, hieß es am Dienstag. Aus den Reihen des Bezirksausschusses kamen einige Detailfragen - Widerspruch wurde allerdings nicht laut. Das übernahm Martin Fürstenberg vom Münchner Forum. "Nicht einmal im Ansatz" will er erkennen, dass das versprochene Entree zum Kunstareal realisiert werde. "Wir müssen diesen Stadtraum neu denken", sagte er. Doch die Behördenvertreter insistierten, sie hätten nun mal keinen politischen Auftrag für eine "städtebauliche Umwälzung". Dennoch versprachen sie, das komplexe Projekt in einer eigenen Einwohnerversammlung vorzustellen.

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