Maxvorstadt:Nein zur Betten-Meile

Ehemaliges Paketzustellamt in München, 2011

Viel Platz: Die Gebäude entlang der Straßen sollen anders genutzt werden.

(Foto: Catherina Hess)

Die Stadtviertelpolitiker sehen keinen weiteren Bedarf an Hotels in der Nähe des Haupbahnhofes. Sie lehnen den Plan der Stadt ab, das ehemalige Paketzustellamt an der Arnulfstraße zu diesem Zweck umzubauen

Von Birgit Lotze, Maxvorstadt

Es ist kein Geheimnis, dass das ehemalige Paketzustellamt an der Arnulfstraße 62 auf Höhe der Hackerbrücke umgebaut werden soll. Vor zwei Jahren war ein Teil des Ensembles, der auffällige Bau der ehemaligen Postrotunde, die heute unter dem Namen "Postpalast" für Partys und Events genutzt wird, als Empfangsbereich für einen neuen Münchner Konzertsaal im Gespräch. Dieses Vorhaben scheiterte am Denkmalschutz, jetzt gibt es ganz andere Pläne: Die Stadt prüft, ob das Ensemble zwischen Arnulf-, Wrede-, Tilly- und Deroystraße in einen Hotel- und Bürokomplex umgebaut werden kann.

Mitglieder des Bezirksausschusses Maxvorstadt sind entsetzt ob des Plans. Ein Luxushotel mit 274 Zimmern, dazu ein Bürokomplex mit 548 Arbeitsplätzen, beinahe 300 Tiefgaragenplätze, zählte Ruth Gehling (Grüne) auf. Das Postareal so nahe am Hauptbahnhof habe herausragende Bedeutung, außergewöhnliche Standortqualitäten und sehr gute Voraussetzungen für attraktive Nachnutzungen, sagte Gehling. "Und da setzt die Stadt auf Einfalt statt Vielfalt?"

Der Ausschuss sieht den Bedarf an Hotels in Bahnhofsnähe gedeckt, kommentierte Gesche Hoffmann-Weiss (SPD), die die Sitzung leitete, die Pläne trocken. Und für Britta Gürtler (CSU) ist "unmöglich", wie nahe heran an die denkmalgeschützte Rotunde gebaut werden soll - vermutlich müsse man das Gebäude sogar mit Beton absichern. Sie empfahl angesichts der dreistöckigen Tiefgarage spontan, auf ein Grundwasserverfahren zu drängen. Die Grünen bemängelten die fehlende Durchlässigkeit und Vernetzung mit dem umgebenden Grün, die das Referat für Gesundheit und Umwelt bereits vor zehn Jahren für das Areal eingefordert hat, und sie fragen sich, wo überhaupt noch größere Bäume Platz haben sollen. Fazit: Der BA lehnt das Bauvorhaben einstimmig grundsätzlich ab. Bis zum kommenden Montag soll eine Stellungnahme verfasst werden.

Das ehemalige Paketzustellamt, auch bekannt als Arnulfpost, gilt als eines der Baudenkmäler in der Maxvorstadt. Das Areal ist 37 000 Quadratmeter groß. Die Gebäude stammen aus den Zwanzigerjahren, im Radius von 200 Metern finden sich der Circus Krone, die Hackerbrücke, der Augustiner-Keller und der Arnulfpark. Von der Arnulfstraße aus wird das ehemalige Paketzustellamt als lang gestreckter blass ockerfarbener Baukörper mit mehreren Hinterhöfen wahrgenommen. In dieses zweistöckige Gebäude, so der Vorschlag, sollen die Büros einziehen. Die Rotunde um die Ecke an der Wredestraße könnte Teil des Hotels werden.

Der Rundbau mit seinen 58 Türen wurde von 1930 bis 1985 als Verteilzentrum für Pakete benutzt, danach einige Jahre als Kantine. Die Post hat das Gelände bereits vor Jahren verlassen. Als das Areal an Investoren verkauft wurde, soll ein dreistelliger Millionenbetrag bezahlt worden sein. Derzeit haben sich auf dem Gelände viele kleine Firmen eingemietet.

Das Grundstück ist bereits geteilt worden, entlang der Deroystraße entstehen derzeit Wohnungen. Im Flächennutzungsplan ist das Areal als Fläche für die Allgemeinheit ausgewiesen. Deshalb gehen einige BA-Mitglieder davon aus, dass dort Kindertagesstätten und Schulen, kulturelle Einrichtungen gebaut werden müssen. Im Planungsreferat, das derzeit das Baurecht prüft, wurde dies verneint. In dem Fall spiele der Flächennutzungsplan keine Rolle, heißt es dort. Denn: Es soll kein Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden, sondern ein Verfahren nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches. Fügt sich der zu untersuchende Baukörper in die umgebende Bebauung ein, kann er genehmigt werden; das sei bei Baulücken das übliche Verfahren. Der BA habe ein Anhörungsrecht - als einer von vielen. Dabei geht es vor allem um Aspekte, die bislang nicht bekannt waren, so der Sprecher des Referates: "Doch wenn klar Baurecht besteht, kann der Bezirksausschuss nicht intervenieren."

Die Gegend an der Arnulfstraße hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Auf dem Gelände des ehemaligen Containerbahnhofes gegenüber dem Paketzustellamt ist der Arnulfpark entstanden. So gibt es auch auf der direkt gegenüber liegenden Straßenseite mit dem "Eurostars Grand Central" bereits ein Luxushotel. Die Verwandlung, die dieser Abschnitt der Arnulfstraße auf Höhe der Hackerbrücke erlebt hat, lässt sich an der Ecke Wredestraße schon am Namen ablesen: Aus der einst grau-grün verputzten "Oberpostdirektion" wurde 2008 das "Art Deco Palais", ein in warmem Gelb gehaltener Bürokomplex mit mehr als 40 000 Quadratmetern Büro- und Lagerflächen.

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