Maxvorstadt:Gegen den Rest der Stadt

Maxvorstadt: Weit-Blick: So stellen sich die lange umstrittenen Planungen an der Paul-Heyse-Villa dar.

Weit-Blick: So stellen sich die lange umstrittenen Planungen an der Paul-Heyse-Villa dar.

(Foto: Simulation: Carlos Graf Maltzan/oh)

Trotz des vor Gericht gefundenen Kompromisses im Streit um die Paul-Heyse-Villa stellt sich der Bezirksausschuss weiterhin quer und fordert erneut die Verhinderung eines Neubaus

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Gut vier Jahre dauert nun der offen ausgetragene Streit um die Paul-Heyse-Villa an - und er geht nun trotz oder eben wegen des Friedensschlusses zwischen Stadt und Eigentümer weiter. Nachdem ein Anwohner eine Petition gegen den geplanten Anbau beim bayerischen Landtag eingereicht hat, erhebt der Bezirksausschuss erneut seine Stimme. Das Lokalgremium fordert "dringend und nachdrücklich", die Stadt soll den Neubau auf dem Grundstück an der Luisenstraße verhindern. Aber die Lokalbaukommission (LBK) verteidigt die Entscheidung. "Wir sind froh über diese Einigung, im Denkmalrecht muss man Kompromisse eingehen", sagt LBK-Chef Cornelius Mager.

Damit schwelt die lange Debatte über die Zukunft des Anwesens weiter, obwohl die juristische Auseinandersetzung Ende Januar vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen wurde - die Stadt und der Eigentümer des Grundstücks, Carlos Graf Maltzan, schlossen einen Vergleich. Die LBK erlaubt einen Neubau an der Grenze zum Glyptothek-Garten, wobei Maltzan zusichert, die Dimensionen würden "maßvoll" sein - so, dass die Villa von der Luisenstraße aus zu sehen sein wird. Die Stadt wiederum machte das Zugeständnis, dass der Eigentümer die Mauer entlang der Luisenstraße abreißen darf. Der nördliche Querbau, in dem derzeit eine Weinhandlung ist, verschwindet zu Gunsten einer Tiefgarageneinfahrt ebenfalls.

Doch genau das erscheint dem Bezirksausschuss als unannehmbar. Denn sowohl die Mauer als auch der Anbau sind in die bayerische Denkmalschutzliste eingetragen. "Der Abriss eines Denkmals (. . .) kann niemals Gegenstand einer Einigung sein", konstatiert das Lokalgremium in dem Antrag an die Stadt, dies sei ein fatales Signal an Investoren. Es erwecke den Anschein, "als ob es in München mit Ausdauer und einem aggressiven Vorgehen möglich wäre, Bauprojekte entgegen den denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen durchzusetzen", schreiben die Stadtviertelvertreter in ihrem Antrag. Allerdings zeigt dieser Fall, dass der Eigentümer sein Baurecht offenbar nicht rücksichtslos eingefordert hat. Ferner wird deutlich, dass Gerichte den Daumen über ein Denkmal heben oder senken können. "Wir können froh sein, dass die Villa selbst erhalten bleibt", sagt Behördenleiter Cornelius Mager.

Das Haus wurde im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, wohl 1835, erbaut und war 30 Jahre lang das Wohnhaus des Dichters Paul Heyse. Es wurde im Krieg weitgehend zerstört, in reduzierter Form wieder aufgebaut und lange teilweise als Lackfabrik genutzt. "Der Kompromiss mit dem Eigentümer ist das Beste, was uns passieren konnte", sagt Thomas Krämer von der LBK, als Jurist Verhandlungsführer in dieser Sache. Die Richterin habe erhebliche Zweifel geäußert, "dass das Haus überhaupt ein Denkmal ist".

Schon bei der ersten Klage des vorhergehenden Eigentümers im Jahr 2013 hatte ein Gericht Skepsis über die Denkmalwürdigkeit gezeigt. Krämer zufolge stellte das Gericht nun fest, dass die einzigen Überbleibsel mit Denkmalwert die Westfassade und das Treppenhaus sind. Es sei signalisiert worden: Allein damit werde die Stadt eine Ablehnung des Abrisses nicht durchbekommen. Ferner wies das Gericht laut Krämer das Gutachten eines Sachverständigen zurück. Dieses bringt sinngemäß folgendes Argument für die Unantastbarkeit des Anwesens vor: Das Gartengrundstück mit Villa sei ein Beispiel für die königliche Baupolitik Anfang des 19. Jahrhunderts. "Nach Wertung des Gerichts ist das nur Spekulation", berichtet Krämer. Denn in der Zeit, als es errichtet wurde, entstanden bereits die für die Maxvorstadt prägenden Häuserzeilen an der Straße. Es fehlen die Belege, weshalb die Stadtvilla zu dieser Zeit derart zurückversetzt errichtet wurde.

Alles in allem soll das Gericht laut Krämer deutlich gemacht haben, dass man, sollte es die Stadt auf ein Urteil ankommen lassen, den Erhalt der Villa vom Eigentümer wohl nicht wird einfordern können. "Aber wir wollten die Villa retten - und das haben wir geschafft", zeigt sich der LBK-Jurist zufrieden und lässt durchblicken, das Mauer und Anbau dafür verzichtbar sind. Auch das Landesamt für Denkmalpflege trägt den Kompromiss mit. Dies habe man hingenommen, "mit dem Ziel, so das Wohnhaus als zentralen Bestandteil des Denkmals dauerhaft zu erhalten", teilt eine Sprecherin mit.

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