Maxvorstadt:Die Tücke mit dem Geister-Gleis

Radweg Schwabing

So soll die Schleißheimer Straße künftig aussehen.

(Foto: Baureferat)

Beim Umbau der Schleißheimer Straße verursacht eine alte Tramtrasse, die nicht in den Unterlagen verzeichnet ist, deutliche Verzögerungen. Nun muss die Fahrbahn im Frühjahr ein weiteres Mal gesperrt werden

Von Marco Völklein, Maxvorstadt

SZ-Leser Marius Greiner ist regelmäßig in der Schleißheimer Straße unterwegs. Im vergangenen Jahr hatte das Baureferat an dieser Stelle seine Nerven einer starken Belastungsprobe unterzogen: Über Monate hinweg wurde die Straße komplett umgebaut. Seit Mai 2015 ließen die Ingenieure für insgesamt 900 000 Euro die alten Fahrbahnbeläge rausreißen, zahlreiche Randsteine versetzen und kleine Beete anlegen, in denen Gärtner bald 18 Straßenbäume pflanzen werden. Das alles wurde gemacht, um mehr Grün in die Straße zu bringen und neue Radstreifen anzulegen. Seit mehreren Wochen nun sind die Arbeiter weitgehend fertig, wie Greiner meint. Er fragt sich allerdings jetzt: "Wo sind die Radfahrstreifen?"

Tatsächlich ist von den Markierungen auf dem frischen Asphalt noch nichts zu sehen. Und im Abschnitt zwischen Georgen- und Agnesstraße ist der Straßenumbau teilweise noch gar nicht erfolgt. Tatsächlich werden voraussichtlich von März an noch einmal Arbeiter anrücken und die westliche Straßenhälfte zwischen Georgen- und Agnesstraße angehen. Deshalb sollten sich Verkehrsteilnehmer wie SZ-Leser Greiner erneut auf Staus und Behinderungen auf der wichtigen Nord-Süd-Achse durch die Maxvorstadt einstellen: Voraussichtlich bis Mai wird das Baureferat laut dem städtischen Baustellenkoordinator Richard Bartl erneut eine Einbahnregelung in Fahrtrichtung Nord in der Schleißheimer Straße einrichten - und zwar zwischen Georgenstraße und Elisabethstraße.

Ursprünglich hatten die Ingenieure des Baureferats geplant, die Arbeiten bis zum Ende des vergangenen Jahres abzuschließen. Doch während der ersten Bauphase stießen die Bauarbeiter unter dem alten Asphalt auf eine "bereits vor Jahrzehnten stillgelegte, alte Straßenbahntrasse, die nicht in den Planunterlagen enthalten war", erklärt Christian Müller vom Baureferat. Die Baufirmen mussten die alten Gleise und deren umfangreichen Unterbau zunächst entfernen. "Der Bauablauf musste deshalb kurzfristig umgestellt werden", sagt Müller. Das alles führte zu Verzögerungen. Deshalb müssen die Arbeiter nun im Frühjahr erneut anrücken, den besagten Abschnitt fertigstellen und dann noch "Restarbeiten" erledigen, wie Müller sagt - also die Bäume pflanzen und die Fahrbahnmarkierungen aufpinseln. Bis zum Mai soll das dann alles erledigt sein.

Die Mehrkosten für das Herausreißen der alten Trambahntrasse übernehmen die Stadtwerke München (SWM). Die sind laut einer vertraglichen Regelung mit der Stadt dazu verpflichtet. Demnach kommen die SWM grundsätzlich für den Rückbau alter Gleisanlagen auf, die nicht mehr benötigt werden, erklärt SWM-Pressereferent Matthias Korte. Weil aber der zuständige Mitarbeiter derzeit noch im Urlaub ist, kann Korte nicht sagen, wie teuer das Entfernen der Gleise in der Schleißheimer Straße das Unternehmen kam. Ältere Münchner werden sich vielleicht daran erinnern, dass die Trambahnen in dem Abschnitt noch bis Oktober 1980 fuhren. Ein Streckenplan aus den Sechzigerjahren zeigt, dass damals die Linie 7 vom Josephsplatz kommend über den Halt am Nordbad bis zum Anhalter Platz in Milbertshofen rollte. Weder bei den Stadtwerken noch im Baureferat gab es offenbar Unterlagen dazu, dass in der Schleißheimer Straße noch alte Gleise aus dieser Zeit lagen.

Zwar gibt es laut Korte in der Unternehmenszentrale der Stadtwerke in Moosach "selbstverständlich" eine zentrale Kartierung zu Trambahngleisen, "in der in der Regel auch nicht mehr genutzte Gleise eingetragen sind". Dennoch könne es durchaus einmal vorkommen, dass vereinzelt Relikte unter dem Straßenasphalt schlummerten, die nicht in den Karten erfasst seien. Schließlich hatte das Münchner Straßenbahnnetz in seiner Hochzeit zur Mitte der Sechzigerjahre mit einer Streckenlänge von fast 135 Kilometern seine größte Ausdehnung erreicht. 21 Linien wurden damals befahren, in den Hauptverkehrszeiten waren bis zu 339 Züge eingesetzt. Mit dem Bau von S- und U-Bahn verschwand die Tram aus immer mehr Stadtvierteln, auch aus weiten Teilen der Maxvorstadt. Zum Vergleich: Heute bedient die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) 13 Tramlinien mit 113 Fahrzeugen. Das Streckennetz umfasst 79 Kilometer. Und wie viele Kilometer einstmals genutzte Straßenbahngleise noch irgendwo unter Asphalt verborgen liegen, weiß wohl keiner so genau.

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