Max Raabe:"Klonen kann sich lohnen"

Mit Einstecktuch und äußerst guten Manieren erscheint er zum Interview. Seinen Kaktus hat er aber zu Hause gelassen.

Lena Grundhuber

SZ: Bei Ihren Tourneen in Japan oder China müssen Sie sich auf kulturelle Eigenarten einstellen. Was tun Sie, um sich auf Bayern vorzubereiten?

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(Foto: Foto: ddp)

Raabe: Großstadt ist Großstadt, da hat die Globalisierung ganze Arbeit geleistet. Aber bei der Nummer mit der Blaskapelle haben wir natürlich darauf geachtet, dass kein Tirolerhut vorkommt, sondern dass alles echt bayerisch ist.

SZ: Wie treffen Sie mit ihren Schlagern aus den zwanziger und dreißiger Jahren den breiten Geschmack?

Raabe: Vermutlich, weil das, was ich tue, nicht aufgesetzt ist, sondern authentisch. Die Musik muss man ernst nehmen. Selbst ein Stück wie ,,Mein kleiner grüner Kaktus'' bringt größere Wirkung, wenn man es musikalisch präzise spielt. Außerdem achte ich auf Textverständlichkeit.

Damit habe ich die Möglichkeit, einen Satz ernsthaft zu singen, und wenn ich eine Verzögerung beim zweiten Satz oder eine unschuldige Tongebung bringe, kann das etwas ganz Böses oder sehr Ironisches bekommen.

SZ: Wenn Sie es nur ironisch meinen würden...

Raabe: ...das wäre furchtbar! Ich habe es noch nie hinbekommen, ein Stück so zu vermurksen, dass es nur lustig ist.

SZ: Sie betonen oft, Sie seien kein Nostalgiker. Aber bringt ihr Publikum nicht eine Sehnsucht mit?

Raabe: Bestimmt. Vielleicht ist es aber auch die Tatsache, das einer nicht auf der Bühne herumhampelt, sondern eine gewisse Form hat. Sonst sind überall Tabubrüche angesagt.

SZ: Ab und an wann schreiben Sie Stücke wie ,,Klonen kann sich lohnen''. Ist das ein Versuch, zeitgemäß zu sein?

Raabe: Das ist die Lust, zeitgemäße Themen in dieser gewohnten Form zu bringen. Man singt den ganzen Abend über Liebe und Schmerz - und natürlich auch über den Kaktus - und plötzlich ist man im Hier und Jetzt. Das ist schon alles.

Diese Stücke über Klonen und Rinderwahn erklären ja niemandem die Welt. Wenn man über so ein Thema lachen kann, hat man vielleicht nicht so eine panische Angst davor, aber das ist schon das Intellektuellste, was ich darüber sagen kann.

Im Grunde möchte ich, dass die Leute ein lustiges Lied hören. Ich hab keine Aussage, wenn ich auf die Bühne gehe. Ich bin kein Liedermacher, ich bin ein Unterhaltungskünstler.

SZ: Was hätten Sie in den zwanziger Jahren gerne gespielt?

Raabe: Ich glaube nicht, das ich mich für Unterhaltungsmusik des Biedermeier stark gemacht hätte. Vielleicht wäre ich an die Oper gegangen.

SZ: Sehnsucht nach dem ernsten Fach?

Raabe: Nein. Wir produzieren sehr schöne und stille wehmütige Momente. Das mag ich gern, denn ich bin gerne ernsthaft. Und dann auch wieder nicht.

SZ: Wie baut man diese Spannung jedes Mal wieder auf?

Raabe: Ich mag keine halben Sachen machen. Auf der Bühne muss man sich gefälligst zusammenreißen. Die Leute im Parkett zahlen schließlich meine Miete.

Mit seiner ,,Palastrevue'' gastiert Max Raabe von heute an bis zum 8. Juli im Deutschen Theater.

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