Martinsried:Studenten und Start-ups

Martinsried: Gründerzentrums-Chef Peter Hanns Zobel vor dem "Campanile" auf dem Campus in Martinsried.

Gründerzentrums-Chef Peter Hanns Zobel vor dem "Campanile" auf dem Campus in Martinsried.

(Foto: Catherina Hess)

13 000 Menschen arbeiten heute auf dem Martinsrieder Campus

Von Rainer Rutz, Martinsried

Mitten auf dem Wissenschaftscampus Martinsried reckt sich seit einem Jahr ein imposanter Hotelturm in die Höhe, liebevoll "Campanile" genannt. Mit seinem international ausgerichteten Faculty-Club im siebten Stockwerk ein Sinnbild für Kommunikation und fachübergreifende Forschung von Wissenschaftlern des gesamten Campus und darüber hinaus. Hausherr ist Peter Hanns Zobel, Geschäftsführer des Innovations- und Gründerzentrums für Biotechnologie (IZB) mit mittlerweile 63 Start-ups. Das IZB gilt als das eigentliche Herz des Campus, in diesem Jahr feiert man 20-jähriges Bestehen.

Der erste Schritt zu einem der größten Wissenschaftsstandorte Europas war im Jahr 1973 der Bau des Max-Planck-Instituts für Biochemie. Nur drei Jahre später wurde wenige hundert Meter weiter das Klinikum Großhadern hochgezogen, 1984 folgte das Max-Planck-Institut für Neurobiologie. Und dann setzte 1995 der Freistaat einen Kabinettsbeschluss um und schuf einen Platz für die Forschung in den sogenannten Lebenswissenschaften, der sich zwei Jahrzehnte später zu einer der weltweit spannendsten Forschungsstätten entwickelt hat, mit Universitäten, Kliniken, zwei renommierten Max-Planck-Instituten, einer großen Zahl von Start-ups, einem Genzentrum oder dem Helmholtz-Zentrum. Rund 13000 Menschen arbeiten heute hier in 150 Unternehmen und einem Dutzend Forschungsstätten.

Bayerns früherer Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, selbst ein Großhaderner, antwortete auf die Frage nach den Anfängen in Martinsried kurz und bündig: "Da war nix". Mittlerweile hat der Freistaat ohne Klinikum fast 400 Millionen Euro in den Campus investiert und ein Ende ist nicht absehbar. Die ersten Schritte waren gar nicht einfach, denn die Einwohner im nahen Martinsried waren skeptisch, vor allem wegen der Forschung an schwersten Erkrankungen wie Krebs oder Alzheimer. Das Wort "Genforschung" machte die Runde, AIDS war damals noch ein Riesenthema und es brauchte ziemlich viel Überzeugungskraft, die Mehrheit des Gemeinderats hinter die Großprojekte auf dem ehemaligen Erdbeerfeld zu bringen. Mit jedem Bauwerk verbesserte sich das Verhältnis aber, und heute erkennen die Martinsrieder, dass sie von dem Campus nur profitieren, die Verbindung zwischen Campus und den Menschen im Ort ist exzellent.

Die Internationalität des Standorts ist vor allem auch dem Umzug der naturwissenschaftlichen Fakultäten der LMU aus der engen Münchner Innenstadt zu verdanken. Chemie, Pharmazie, Biologie, Zoologie und nun das BMC liegen nahe beieinander, die Wege der Studierenden und der Forschenden sind kurz geworden. Und nicht wenige der Start-ups im IZB wurden von Wissenschaftler aus den Münchner Universitäten gegründet. Vernetzung ist das große Schlüsselwort auf dem gesamten Campus.

Bleibt die Infrastruktur. Die fehlende Anbindung - die U-Bahnlinie 6 endet bisher am Klinikum - wird von Politikern und Wissenschaftlern bei jeder sich bietenden Gelegenheit beklagt und ist ein beliebtes Thema bei Wahlkämpfen. Schon vor zehn Jahren wurde beschlossen, die U 6 auf den Campus zu verlängern, 2017 sollten die ersten Züge fahren. 90 Millionen Euro wird die 900 Meter lange Strecke kosten. Doch nachdem die Gemeinde Planegg die Bauherrenschaft aus Angst vor millionenschweren Folgekosten hingeworfen hatte, zerstritten sich Freistaat, Gemeinde, Stadt und Landkreis München. Heute scheint man nach jahrelangen Verhandlungen eine gemeinsame Vertragsebene gefunden zu haben, die alle zufriedenstellt. Bis die erste U-Bahn fährt, werden aber noch mindestens vier bis fünf Jahre vergehen - sagen Optimisten. Einen Namen gibt es dagegen schon: Münchens früherer Oberbürgermeister Christian Ude hat ihn erfunden: Brain-Train soll die U 6 heißen, weil sie die Wissenschaftsstandorte Garching und Martinsried verbindet.

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