Marienhof:Für den Vater des Freistaats

Lesezeit: 2 min

Eine Initiative will den Marienhof in Kurt-Eisner-Platz umbenennen

Von Wolfgang Görl

In der Nacht zum 8. November 1918 erklärte der soeben zum Vorsitzenden eines revolutionären "Arbeiter- und Soldatenrats" gewählte USPD-Politiker Kurt Eisner das Land Bayern zur Republik, was das Ende der 738 Jahre währenden Herrschaft der Wittelsbacher bedeutete. Auf diese unblutige Revolution, die zwei Tage vor der Proklamation der deutschen Republik in Berlin stattfand, "müsste man in Bayern eigentlich stolz sein", sagt der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner. Um Eisners politisches Wirken an prominenter Stelle im öffentlichen Raum zu würdigen, fordern Kastner sowie der Verein "Das andere Bayern", dem der Künstler angehört, den Marienhof in Kurt-Eisner-Platz umzubenennen. Auf seiner Webseite macht der Verein, dessen Mitglieder sich unter anderem als "anarchisch" und "pazifistisch satirisch" betrachten, geltend: "Die Benennung des Marienhofes als zentralen städtischen Platz nach dem Begründer des Freistaats verstehen wir als angemessene Würdigung und als Ausdruck einer geschichts- und selbstbewussten Demokratie."

Der Literat und Journalist Kurt Eisner, der einer liberalen jüdischen Berliner Familie entstammte, wurde am 21. Februar 1919 von dem völkisch-monarchistischen Offizier Anton Graf Arco auf Valley hinterrücks erschossen. Am Jahrestag des Mordes legten Kastner und seine Mitstreiter einen Kranz nieder - am Tatort in der Kardinal-Faulhaber-Straße. Eisner, sagt Wolfram Kastner, steht für "demokratische Prinzipien", für das "Volk als Souverän". Schon seit Jahren streiten die Subversivbayern für eine Umbenennung des Marienhofs, man schrieb an den Oberbürgermeister und die Fraktionen. Geholfen hat es wenig, doch hat Charlotte Knobloch die Idee als "hervorragend" bewertet.

Hört man sich bei den Vorsitzenden der beiden größten Stadtratsfraktionen im Rathaus um, sieht es schlecht aus für das Vorhaben. CSU-Fraktionschef Hans Podiuk reagiert auf die Frage, was er davon halte, erst mit den Worten: "Sonst fehlt uns nix?" Nach kurzer Besinnung fährt er fort: "Uns von Maria, der Patrona Bavariae, zu trennen und dafür den Kurt Eisner hinzusetzen, wäre eine völlig falsche Botschaft an die Münchner Bevölkerung." Der CSU-Fraktionsvorsitzende erwähnt mit erstaunlicher Gelassenheit, dass es bereits eine Kurt-Eisner-Straße in München gebe, und zwar in Perlach. "Da droht Verwechslungsgefahr."

SPD-Fraktionschef Alexander Reissl sagt: " Wir wollen dem Vorschlag nicht folgen." Zur Begründung erinnert er daran, dass es neben einem Bodendenkmal in der Kardinal-Faulhaber-Straße auch das Eisner-Denkmal am Oberanger und die Perlacher Kurt-Eisner-Straße gibt. Es gebe bedeutende Politiker, die müssten sich auch mit einer Straße begnügen. Außer Willy Brandt: Nach dem einstigen Bundeskanzler und SPD-Vorsitzenden sind in München eine Allee und ein Platz benannt - offizielle Namen übrigens, im Gegensatz zum Marienhof. Dessen Bezeichnung hat sich von selbst eingebürgert. Das Areal hinter dem Rathaus war einst dicht bebaut, die Freifläche ist eine Folge des Zweiten Weltkriegs, in dem die Gebäude zerstört wurden.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: