Mann betrügt ältere Leute:Mit vorgetäuschter Not Geld erbeutet

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Geständiger Betrüger muss mit mehr als vier Jahren Haft rechnen

Von Christian Rost

Die Unsicherheit älterer Leute hat ein Betrüger in München und Berlin schamlos ausgenutzt. Martin M. sprach seine Opfer auf der Straße und in öffentlichen Verkehrsmitteln an, gab theatralisch eine Notlage vor und forderte Geld. Fast 2000 Euro erbeutete der 51-Jährige mit seiner Masche. Seit diesem Montag wird ihm am Landgericht München I der Prozess gemacht.

Martin M. ist ein rötlicher Typ mit fast kahl geschorenem Kopf und listigem Blick. Auf der Anklagebank vor der 12. Strafkammer mussten die Verteidiger ihn immer wieder ermahnen, dem Vorsitzenden Richter Thomas Hense nicht ins Wort zu fallen. Dem Hanseaten M. lag offensichtlich vieles auf der Zunge, was er vorbringen wollte, er war aber noch nicht an der Reihe. Reden, das kann er wohl, denn wortreich ging er auch seine Opfer an. Zum Beispiel am 6. Juni 2013, als er den 78 Jahre alten Karl K. auf der Treppe der U-Bahn-Station Giselastraße ansprach. M. stellte sich als "Kai Jansen" vor und behauptete, er sei Zeitungsausträger, daher kenne man sich. Dann legte er los mit seiner frei erfundenen Geschichte: Viel Pech habe er gehabt, erst habe es einen Unfall mit mehreren Toten gegeben, an dem er beteiligt gewesen sei, und gerade erst habe man ihm den Magen auspumpen müssen. "Schließlich weinte er und legte mir seinen Kopf auf die Schulter", erinnerte sich der Senior in seiner schriftlichen Zeugenaussage. M. habe gesagt, er benötige dringend 300 Euro für die Miete seiner Wohnung, und habe versprochen, das Geld umgehend zurückzuzahlen.

Karl K. nahm den mehrfach vorbestraften Betrüger mit zu einer Filiale der Stadtsparkasse, hob von seinem Konto 200 Euro ab und gab sie dem Angeklagten. Der wollte noch die Telefonnummer des Mannes - angeblich, um sich mit ihm für die Rückzahlung des Geldes verabreden zu können. Tatsächlich rief Martin M. noch am selben Tag an, behauptete, von der Polizei zu sein, und verlangte von K., sofort 2000 Euro auf ein Konto bei der Sparda Bank in Hamburg zu überweisen. Der Senior tat dies nicht, sondern informierte die Münchner Polizei über den seltsamen Anrufer und seine Begegnung mit M.

Bis zu seiner Festnahme schädigte der spielsüchtige M. im Mai und Juni 2013 in München noch fünf weitere Senioren mit seinem Trick. Einmal sprach er in einem Bus eine ältere Frau an, die ihn mit zu sich nach Hause nahm und ihm 100 Euro gab. Bevor er verschwand, stahl er der Dame noch die Handtasche mit 75 Euro Bargeld. Bereits im April 2013 war M. in Berlin unterwegs. Auch dort hatte ihn ein Opfer mit in die Wohnung genommen. Besonders perfide: M. lockte den älteren Herrn auf den Balkon und sperrte ihn aus, um danach in Ruhe die Wohnung durchsuchen zu können.

Um die Opfer, von denen zwei mittlerweile gestorben sind, für sich einzunehmen, habe der Angeklagte die unglaublichsten Geschichten erzählt, so der für diese Fälle zuständige Beamte der Münchner Kripo: "Er sagte, seine ganze Familie sei umgekommen bei einem Unfall oder Hochwasser", erinnerte sich der Beamte vor Gericht. M. gestand sämtliche Taten und bekam dafür von der Kammer eine Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren und drei Monaten bis maximal vier Jahre und neun Monate zugesichert.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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