Manipulation in der Münchner CSU:"Schwerer Verstoß gegen den Datenschutz"

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"Keine Kinderei, sondern eine Verletzung von Satzung und Gesetzen": Richard Quaas hat an CSU-Chef Ludwig Spaenle eine erboste Mail geschrieben. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Nach erneuten Manipulationsvorwürfen hat die Führung der Münchner CSU eine Sondersitzung des Vorstands gefordert.
  • Der Vorsitzende der Jungen Union (JU) in Neuhausen-Oberwiesenfeld, Laurenz Kiefer, hatte Mitgliederdaten des gesamten JU-Kreisverbands besorgt, um damit Werbung für sich selbst bei anstehenden internen Wahlen zu machen.
  • Der Schatzmeister der Münchner CSU, Richard Quaas, fordert nun ein Ämterverbot für Kiefer.

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Nach weiteren Manipulationsvorwürfen wird nun in der Münchner CSU-Führung eine rasche Sondersitzung des Vorstands gefordert. In einer internen E-Mail an die engsten Vorstandskollegen zeigt sich der Schatzmeister der Münchner CSU, Richard Quaas, "erschüttert" über Tricksereien mit Mitgliederlisten und verlangt rasche Aktionen der Parteispitze. "Ich bin der Meinung, dass sich der CSU-Bezirksvorstand noch vor Ostern in satzungsgemäßer Frist treffen sollte", heißt es in der E-Mail an den Bezirkschef Ludwig Spaenle, seine vier Stellvertreter und weitere führende Mitglieder.

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Quaas, der für die CSU im Stadtrat sitzt, war langjähriger Bezirksgeschäftsführer sowie Fraktionsvize und Chef des derzeit besonders umstrittenen CSU-Kreisverbands München-Mitte. Er erwähnt in der Mail, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, einen weiteren, bislang nicht bekannten Fall von Mauschelei mit Daten von Mitgliedern. Laut Quaas hat sich der in der aktuellen CSU-Affäre schon mehrmals auffällig gewordene Vorsitzende der Jungen Union (JU) in Neuhausen-Oberwiesenfeld, Laurenz Kiefer, mithilfe eines Vorstandskollegen die kompletten Mitgliederdaten des gesamten JU-Kreisverbands besorgt, um damit Werbung für sich selbst bei anstehenden internen Wahlen zu machen.

"Das ist leider keine Kinderei"

"Das ist ein eindeutiger und schwerer Verstoß gegen den Datenschutz", schreibt Quaas. Genau solche Praktiken habe die CSU als Konsequenz aus der Wahlfälscheraffäre vor mehr als zehn Jahren verboten. "Das ist leider keine Kinderei, sondern eine Verletzung von Satzung und Gesetzen", schreibt Quaas weiter und fordert nun ein Ämterverbot und ein Schiedsgerichtsverfahren gegen Kiefer und seinen Helfer. "Man muss diese Dinge leider sehr ernst nehmen und angemessen, auch vor dem Hintergrund der Geschichte der Münchner CSU, darauf reagieren."

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Der Mail zufolge hat Kiefer die Daten für einen Werbebrief in eigener Sache um den Vorsitz im JU-Kreisverband verwendet. Mitglieder hätten sich darüber beschwert. Der an der Aktion mitbeteiligte Kreisschatzmeister sei bereits zurückgetreten. Das hat Kiefer am Montag auf SZ-Nachfrage bestätigt und auch zugegeben, sich die Daten besorgt zu haben, um möglichst viele Mitglieder über seine Kandidatur für den JU-Kreisvorsitz zu informieren. "Dämlich" sei das gewesen, sagte Kiefer, "ich habe im Eifer des Gefechts nicht darüber nachgedacht." Seine Kandidatur werde er deswegen nicht zurückziehen, dem CSU-Kreisvorsitzenden Georg Schlagbauer habe er allerdings mitgeteilt, "dass es mir leid tut und dass es nicht wieder vorkommt".

Eine wenig glaubhafte, "lauwarme" Entschuldigung

Quaas, inzwischen Ehren-Kreischef der CSU in München-Mitte, wertet das als wenig befriedigend. Er spricht in seiner Mail an Spaenle von wenig glaubhaften, "lauwarmen" Entschuldigungen. "Die Daten sind nun schon verwendet worden, wer weiß, wohin sie noch hin transferiert wurden?", beklagt sich Quaas unter Anspielung auf die derzeit laufende Serie von Mitgliederverschiebungen bei Ortswahlen von CSU und JU. Ein Kreis jüngerer Politiker versucht derzeit, durch gezielte Neuaufnahmen und Ortswechsel von Mitgliedern Mehrheiten bei diesen Wahlen zu manipulieren. CSU-Bezirkschef Spaenle hatte dies vor einer Woche bei einer Vorstandssitzung als nicht hinnehmbar bezeichnet. Quaas nimmt ihn in dem Schreiben beim Wort: "Meine dringende, wie herzliche Bitte, lieber Ludwig, darauf schnell und deutlich zu reagieren, um allen innerhalb und außerhalb der CSU zu zeigen, dass hier Gaunereien und Manipulationen keinen Platz mehr haben."

Unterdessen reagiert die CSU-Spitze auf Spekulationen, es gebe auch Spannungen im innersten Führungskreis um Spaenle und zwei seiner vier Stellvertreter, nämlich Bürgermeister Josef Schmid und Staatssekretär Georg Eisenreich. Wohl auch, um Geschlossenheit zu demonstrieren, werden sich die drei an diesem Mittwoch gemeinsam mit Fraktionschef Hans Podiuk bei einer Pressekonferenz präsentieren. Sie wollen ein Jahr nach der Kommunalwahl Bilanz ziehen.

© SZ vom 17.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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