Mammutprojekt:Ein Pakt beim Frühstück

Faust-Festival

Das Faust-Komitee: Gasteig-Chef Max Wagner (links), Kulturmanagerin Anna Kleeblatt und Kunsthallen-Chef Roger Diederen, der vor zwei Jahren die Idee zu dem Festival hatte.

(Foto: dpa)

Kunsthallen-Chef Roger Diederen hatte die Festival-Idee - und stieß überall auf Euphorie

Von Susanne Hermanski

Kaffee und ein Croissant haben genügt, um den Wahnsinn ins Rollen zu bringen. Denn was mehr hatten die Empfänger erwartet, als sie im September 2016 aus dem ewigen Strom eine E-Mail von Roger Diederen angelten? "Einladung zum Faust-Frühstück" stand da im Betreff. Verschickt hatte sie der Direktor der Hypo-Kunsthalle an ein paar Dutzend Leute aus seinem Verteiler, von denen er glaubte, sie könnten verrückt genug sein, sich für das ambivalente Thema seines großen Ausstellungsprojektes für 2018 interessieren: Es sollte sich ranken um diesen pathogenen Herrn Faust, der immerzu hungert nach dem ultimativen Kick, der pausenlos in Bewegung ist und für das Versprechen der Unsterblichkeit einen Pakt mit dem Teufel eingeht, als alter Sack das junge Gretchen missbraucht und sich im zweiten Teil der Serie auch noch heillos bei einem Grundstücksdeal verspekuliert. Ein irre moderner Typ also, in vielem einer wie du und ich - nur leider etwas verbrannt durch seine Verdammung in den Status einer gymnasialen Pflichtlektüre.

Und weil Diederen in seiner Ausstellungshalle im Prinzip nur bildende Kunst zeigen wollte - Gemälde, Skulpturen und bestenfalls die eine oder andere Videoinstallation -, der Faust im Kern aber ein literarisches, dramatisches und musikalisches Thema ist, suchte er also Mitstreiter aus anderen Bereichen der Kultur. Dass er sie in einer derart großen Anzahl in München finden würde, das nicht gerade als Goethe-Hochburg bekannt ist, ahnte er freilich noch nicht. Bis sie dann nur so hereinströmten zu jenem legendären ersten Faust-Frühstück. Diederen hatte den kleinen Präsentationsraum für rund 40 Leute bestuhlen lassen. Gekommen sind damals rund 120. Viele waren spontan begeistert, als hätten sie nur darauf gewartet, dass sie jemand mit ihren Ideen zum Faust abholt.

Das Thema lag in der Luft. International viel beachtete Auseinandersetzungen der Kunst-Avantgarde mit dem Klassiker bestätigten das Gefühl nur noch. Spätestens als Anne Imhof für ihre "Faust"-Performance im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig den Goldenen Löwen erhielt, war klar, dass der Stoff überall hingehörte. Warum da nicht ins ebenso feier- wie kulturbesessene München.

In den nächsten Monaten folgten weitere Faust-Frühstücke, zu denen wie nach dem Schneeballprinzip immer mehr Künstler und Neugierige strömten. Wichtigster Unterstützer der ersten Stunde war Max Wagner, der 2016 noch recht neue Gasteig-Chef. Er erkannte früh die enorme Chance, die sich für München mit diesem Festival auftat, das sich da aus eigener Kraft seiner Kulturschaffenden herausbildete. "Hier entsteht eine ganz neue Vernetzung von Institutionen, die bisher immer nur nebeneinanderher gearbeitet haben", sagte er und stellte kurzerhand den Gasteig als Festival-Zentrum zur Verfügung. Von der Stadt kam mehr ideelle als finanzielle Unterstützung für das Projekt, das im Frühling 2017 schon auf der Tourismus-Messe ITB vorgestellt worden ist.

Die Dritte im Bunde des kleinen Veranstaltungskomitees, neben Wagner und Diederen, ist Anna Kleeblatt. Die Kulturmanagerin, die auch schon für die Staatsoper arbeitete, wurde mit ins Boot geholt, um die Fäden des Mammutdings zusammenzuhalten. Ausschließen wollten die drei dabei niemanden, da waren sie sich einig. Als Kuratoren fungieren sie also nicht. Jeder Faust-Fan muss deshalb nun selber aus dem überreichen Programm wählen. Mehr als 200 "Partner" - so nennen die drei die anderen Veranstalter, Wirte, Künstler - machen mit. Mit der Eröffnung von "Du bist Faust" in der Kunsthalle geht es am 23. Februar, gleich nach dem Frühstück, für jedermann los.

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