Malaria nicht erkannt:Grob fahrlässig auf dem Holzweg

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Entsetzen über eine folgenreiche Fehldiagnose

"Ein fast tödlicher Kunstfehler", 6. März:

Warten kann tödlich sein

Ich habe während meiner Zeit als chirurgischer Chefarzt unseres Krankenhauses einen ähnlichen Fall, allerdings mit tödlichem Ausgang, erlebt. Der Patient war zum Urlaub in Kenia gewesen und bekam ähnliche Symptome, wie der Patient aus Ihrem Artikel. Der gerufene Hausarzt diagnostizierte ebenfalls eine Grippe, obwohl er mehrfach auf den Aufenthalt in Kenia hingewiesen wurde. Über das bevorstehende Wochenende wurde dann zwar auf Drängen der Angehörigen noch eine Blutprobe versandt, aber am Montag war der Patient dann komatös (bewusstlos). In diesem Zustand wurde er in unsere Notaufnahme eingewiesen. Der damalige internistische Chefarzt ist Facharzt für Hämatologie und Onkologie und hat sofort einen sogenannten "Dicken Tropfen" (Blut) selbst untersucht. Er rief mich damals in unser Labor, um mir den Befund zu zeigen: Selbst als nicht in diesen Dingen Geübter sah man sofort die Plasmodien in den roten Blutkörperchen. Der Patient verstarb leider am gleichen Tag, da bei ihm die Erkrankung viel zu weit fortgeschritten war, was auch die anschließende Obduktion ergab.

Der Skandal, auch in dem von Ihnen geschilderten Fall, ist nicht das Unwissen, sondern die unterlassene Hilfeleistung. Auch ein Patient, der apathisch ist und bei dem "nur" eine Grippe diagnostiziert wird, gehört in ein Krankenhaus, denn auch eine Grippe kann fatal enden. Leider geht aus Ihrem Artikel nicht hervor, ob der Patient von einem Notarzt gesehen wurde oder ob alleine die Sanitäter die Entscheidung getroffen haben, ihn nicht einzuweisen. Der Hausarzt hat grob fahrlässig gehandelt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass er sicher war, dass eine Thalassämie (eine genetisch bedingte Erkrankung roter Blutzellen, die Malaria-Erreger bremst, Malaria-Erkrankungen aber nicht verhindert; d. Red.) den Patienten angeblich vor Malaria schützt. Um sich hier schnell zu informieren gibt es ja heute auch das Internet.

Die Rezeptionistin in Bogenhausen, deren erste Frage war: "Aus welchem Asylheim ist der denn?", gehört nicht an diesen Posten, denn es spielt überhaupt keine Rolle, wer oder was oder woher jemand kommt, wenn er offensichtlich schwer krank ist. Diese und ähnliche Aussagen und die daraus resultierenden Handlungen von subalternen Figuren führen immer wieder zu schrecklichen Vorkommnissen, wie ich aus meiner langjährigen Erfahrung in Krankenhäusern weiß.

Die Aussage des Kollegen aus dem Schwabinger Krankenhaus, dass nach dem Auftreten von Fieber nach einem Aufenthalt in Afrika so lange von einer Malaria auszugehen ist, bis das Gegenteil bewiesen ist, kann ich voll und ganz unterstreichen. Eigentlich sollten in Zeiten der Globalisierung und der unbegrenzten Reisemöglichkeiten alle Ärzte die Symptome der Malaria kennen. Und wenn ich mir nicht sicher bin, ob eine Tropenkrankeit vorliegt, so gibt es immer Kollegen, die das beurteilen können, auch nachts und an Wochenenden. Dr.med. Lothar Bartusch, Penzberg

Unglaubliche Fehldiagnose

Man hält es nicht für möglich, wie sich die Fälle gleichen. Was in Ihrem Beitrag über die Malariaerkrankung eines Patienten und dessen ärztliche Versorgung geschildert wird, darüber haben drei Gerichtsmediziner schon 1999 in der Zeitschrift Rechtsmedizin (Heft 10, Seiten 1 bis 6) berichtet. Auch dort kam ein 42-jähriger Mann nach einem zweiwöchigen Aufenthalt aus Kamerun zurück und erkrankte sechs Tage später mit starkem Husten und 40,5 Grad Fieber. Der erste Notarzt diagnostizierte eine fieberhafte Bronchitis und wischte den Einwand der Ehefrau, es könnte doch möglicherweise eine Malariaerkrankung vorliegen, vom Tisch. Auch die Notärzte zwei und drei meinten trotz einer rapiden Verschlechterung des Zustands des Mannes, eine Einweisung ins Krankenhaus sei nicht notwendig. Erst die Ärztin vom Kassenärztlichen Notdienst veranlasste eine Krankenhauseinweisung. Dort starb der Patient nach drei Tagen. Die ersten drei Ärzte wurden wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafen zwischen 9000 und 10 500 Mark verurteilt. Anschließend wird die zuständige Berufsorganisation sich höchstwahrscheinlich auch noch des Falles angenommen haben. Prof. Gerhard Schlund, München

Rettung in der Klinik

Zum Thema "Malaria nicht erkannt", kann ich berichten, dass ich Ähnliches erlebt habe. Die Diagnose unseres damaligen Hausarztes: grippaler Infekt. Obwohl er wusste, dass wir einen Urlaub auf der Insel Madagaskar verbracht hatten. Als ich am Samstag 40 Grad Fieber bekam, rief mein Mann den Notarzt, der uns empfahl, die Ambulanz des Klinikums Rechts der Isar aufzusuchen. Die Ärztin telefonierte mit der Infektionsabteilung des Schwabinger Krankenhauses, dort wurde ein Blutbild erstellt - am späten Abend erfuhr ich, dass ich tatsächlich Malaria habe. Am nächsten Tag wurde ich stationär aufgenommen, ich konnte nach fünf Tagen fieberfrei entlassen werden.

Ich hatte Glück, dass die Krankenhausärzte so gut reagiert haben. Erschreckend ist die Tatsache, dass dies im Jahr 1987 passierte und die Ärzte gar nichts dazu gelernt haben. Zumal es jetzt deutlich mehr Touristen gibt, die aus Malariagebieten zurückkommen. Monique Grüneberg, München

© SZ vom 28.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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