Münchner Drehbuchautor:Zoten für gute Quoten

Münchner Drehbuchautor: Im Kinofilm "Halbe Brüder" stolpern Tedros Teclebrhan, Fahri Yardim und der Rapper Sido von einer peinlichen Episode in die nächste.

Im Kinofilm "Halbe Brüder" stolpern Tedros Teclebrhan, Fahri Yardim und der Rapper Sido von einer peinlichen Episode in die nächste.

(Foto: ConradFilm Bavaria Picture, Bernd Spauke)
  • Erst schrieb er "What a Man", dann "Schlussmacher" und nun "Halbe Brüder": Der Münchner Doron Wisotzky ist ein Shooting Star unter den Drehbuchautoren.
  • Seinen ersten Kino-Hit verfasste er noch als Student, heute leitet der 34-Jährige die Drehbuchabteilung an der Filmhochschule.

Von Josef Grübl

Wenn die Leute nicht lachen, hört für Doron Wisotzky der Spaß auf. Nichts sei schlimmer als eine Komödie ohne Lacher, sagt er: "Wenn es witzig gemeint ist, aber keiner den Humor teilt, dann wird es peinlich." Der 34-jährige Münchner trifft mit seinen Kinokomödien derzeit das Humorverständnis von vielen Deutschen, er ist - wenn man so will - der Shooting Star unter den Drehbuchautoren.

Noch als Student schrieb Wisotzky die Vorlage für Matthias Schweighöfers Regiedebüt "What a Man". Die Komödie über Softies, Sex und Sprühsahne lockte vor vier Jahren 1,8 Millionen Zuschauer in die Kinos. Auch Schweighöfers zweite Regiearbeit "Schlussmacher" war ein Publikumshit, das Drehbuch kam ebenfalls von Wisotzky. Er perfektionierte die Mischung aus derbem Humor und Jungencharme, aus Alltäglichkeit und albernem Spaß.

Sprachen die beiden Schweighöfer-Filme hauptsächlich junge Frauen an, zielt Doron Wisotzky mit seinem jüngsten Kinofilm auf groß gewordene Jungs: An diesem Donnerstag läuft die Buddy-Komödie "Halbe Brüder" an, darin stolpern der Schauspieler Fahri Yardim, der Youtube-Star Tedros Teclebrhan und der Rapper Sido von einer peinlichen Episode in die nächste. Keine Zote wird ausgelassen, keine Nummer ist zu versaut - und keinen größeren Unterschied könnte es zum Erfinder dieser Ficki-Kacka-Story geben: Doron Wisotzky ist ein freundlicher junger Mann, optisch mehr jung als Mann, der mit den Figuren im Film augenscheinlich wenig gemein hat, deren Zielgruppe er aber genau kennt.

Frischen Mainstream-Wind für die HFF

Wie jeder gute Autor hört er genau hin, er beobachtet und ist offen für Ratschläge: "Bei 'Halbe Brüder' sind wir vor dem Dreh eine Woche in ein Hotel in Brandenburg gefahren und haben den Film mit allen Schauspielern durchgeprobt. Da sind noch tolle Sachen spontan entstanden", erzählt er. Geboren in Frankfurt als Sohn eines gynäkologischen Chirurgen und einer israelischen Krankenschwester begann er schon früh mit dem Schreiben, nach München kam er vor elf Jahren zum Studium.

Als Treffpunkt hat er das Foyer der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) vorgeschlagen; dass er noch aussieht wie ein Filmstudent, ist kein Wunder: Bis vor drei Jahren hat er hier selbst studiert. Er trägt graue Jeans, Cardigan und Sneakers, am Finger steckt ein Ehering. Mit dem Aufzug geht es hoch in den fünften Stock, dort offenbart sich die wahre Schönheit der HFF: Der Blick auf die Pinakotheken ist spektakulär, Wisotzky setzt sich mit dem Rücken zur bodentiefen Fensterfront.

Münchner Drehbuchautor: "Die Mainstream-Komödie ist oft eine Anekdotenrevue", sagt Drehbuchautor Doron Wisotzky.

"Die Mainstream-Komödie ist oft eine Anekdotenrevue", sagt Drehbuchautor Doron Wisotzky.

(Foto: Stephan Rumpf)

Er kennt die Aussicht, schließlich ist er regelmäßig hier: Seit zwei Jahren unterrichtet er Studenten, seit 2014 ist er sogar Leiter der Abteilung Drehbuch. Diesen Posten hat er indirekt auch Martin Moszkowicz zu verdanken: Der Vorstand der Constantin Film übte in einem Interview harsche Kritik an den Lehrmethoden der HFF, bezeichnete sie als veraltet und nicht mehr marktgerecht. "Meine Berufung war vielleicht ein Signal der Hochschule, dass sie nicht nur für Autorenkino, sondern auch für Publikumserfolge steht", sagt er vorsichtig. Er soll also frischen Mainstream-Wind in den Lehrbetrieb bringen, auch sonst steht seine Abteilung vor großen Aufgaben: Der Ruf nach gut ausgebildeten Serienautoren wird immer lauter, auch das Schreiben im Team ist eine Sache, die in anderen Ländern gut funktioniert, hierzulande aber kaum praktiziert wird.

Wie Wisotzky der Durchbruch gelang

Dass Wisotzky weiterhin selbst Drehbücher verfasst und an Produzenten verkauft, ist ausdrücklich erwünscht: "Unsere Abteilungsleiter sind in der Branche verwurzelt", sagt HFF-Professor Michael Gutmann, sie seien ein Bindeglied zwischen Hochschule und Branche. "Doron gehört zu einer neuen Generation publikumsorientierter Autoren, die auf Augenhöhe mit Produzenten, Verleihern und Redakteuren kommunizieren."

Michael Gutmann war es auch, der dem damaligen Studenten einen Mann vorstellte, der ihm zum Durchbruch verhelfen sollte: Matthias Schweighöfer war im Jahr 2009 bereits ein bekannter Schauspieler mit Drang nach Höherem, ein Star war er aber noch nicht. Er hatte gerade eine Produktionsfirma gegründet und wollte selbst Regie führen. "Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und uns überlegt, etwas gemeinsam zu schreiben. Das war 'What a Man'", erzählt er. "Im November haben wir angefangen und im Mai wurde gedreht. Das war total ungezwungen."

Mit dem ersten Film gleich einen Hit landen: Davon träumt jeder Drehbuchautor. In Verhandlungen ist Doron Wisotzky seitdem viel entspannter. Ist es Zufall, dass die ersten drei verfilmten Bücher alle Komödien waren? Nicht wirklich, sagt er, das Genre liege ihm einfach. Er habe aber auch schon Thriller oder Dramen geschrieben. Außerdem komme man mit komödiantischen Stoffen im Kino derzeit besser durch: "Sie lassen sich leichter vermarkten und sind deshalb wohl auch einfacher zu finanzieren." Abgesehen davon gebe es im Komödienfach eine große Bandbreite, er möchte sich auch mal an weniger lauten Stoffen ausprobieren - aber immer mit Blick auf die aktuellen Kinotrends.

Was seinen neuen Film auszeichnet

"Romantische Komödien haben im Kino einige Jahre lang sehr gut funktioniert, der Trend ist aber wieder am Abklingen", sagt er. "Aktuell gibt es eine große Lust auf politisch unkorrekten Humor, wie man an Filmen wie 'Fack ju Göhte' oder 'Der Nanny' sieht." In diese Kerbe schlägt auch "Halbe Brüder", in dem es schwule Schlammcatcher, Wettpinkler und Roberto Blanco in einer selbstironischen Gastrolle zu bewundern gibt. Eine durchgehende Geschichte ist in diesen Filmen nicht so wichtig, vermutlich verträgt sich das nicht mit der immer geringer werdenden Aufmerksamkeitsspanne des Publikums.

"Es stimmt schon, dass die Mainstream-Komödie oft eine Anekdotenrevue ist", sagt Wisotzky. Bei seinem nächsten Projekt wird der Autor und Abteilungsleiter einen neue Aufgabe übernehmen: Wenn alles gut geht, gibt er noch dieses Jahr sein Regiedebüt, wieder eine Komödie. Details will er noch nicht verraten, dafür sei es noch zu früh. Dauerhaft strebe er aber keine Regiekarriere an, das passe nicht zu seiner Lebensplanung: Innerhalb der vergangenen drei Jahre ist er zweimal Vater geworden, als Regisseur sei man aber bei jedem Projekt für mehrere Monate weg von der Familie. Seine Frau Lena arbeitet als Produzentin ebenfalls in der Filmbranche, mit ihren beiden Töchtern leben sie südlich von München auf dem Land, zum nächsten See ist es nicht weit. Dort arbeitet er im Sommer auch manchmal, die Füße im Wasser, den Kopf bei seinen nächsten Filmen.

Doron Wisotzky sieht nicht so aus, als ob er beim Schreiben leide. Schwieriger sei da schon das ständige Umschreiben, man müsse dranbleiben an den Projekten - notfalls auch mehrere Jahre lang. Er lacht und schaut nach unten auf die Straße: "In diesem Beruf ist man eben eher Marathonläufer und weniger Sprinter."

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