Luise-Kiesselbach-Tunnel:Volles Rohr

Lesezeit: 3 min

Am 25.Juli wird der Luise Kiesselbachtunnel mit einer Tunnelparty und einem Tunnellauf eingeweiht. Foto:Catherina Hess (Foto: Catherina Hess)

Kurz vor der Eröffnung zeigt sich der Luise-Kiesselbach-Tunnel kühl und elegant. Doch zu Beginn des Betriebs könnten durchaus ein paar Kleinigkeiten schiefgehen.

Von Frank Müller

Zum Beispiel diese Wände aus Aluminium, die lohnen einfach einen Blick aus der Nähe und eine Berührung. Der gesamte Tunnel ist mit Wandpaneelen aus gelochtem Aluminium verkleidet, ein feiner, edler Look, wie ihn auch manche modernen Notebooks ausstrahlen. Kühl und elegant sieht es aus. Johann Wittmann, der für die Aluoptik und für alles andere unter dem Luise-Kiesselbach-Platz auch verantwortlich ist, ist nicht der Mann, der sich Designer-Ideen aus dem Apple Store abschauen würde. "Aluminium ist einfach billiger als die sonst üblichen Betonwände", sagt er. Alle Teile lassen sich abnehmen, der Tunnel ist so einfacher zu warten. Dass das auch noch gut aussieht, nimmt Wittmann billigend in Kauf.

Luise-Kiesselbach-Tunnel
:So sieht es im Tunnel aus

Auf 2,8 Kilometer Länge wird der Mittlere Ring zwischen Passauerstraße und Westpark unter die Erde gebracht, ein riesiges Verkehrsdreieck entsteht. Bilder vom Rundgang - kurz vor der Eröffnung.

Dafür, dass es nur noch wenige Tage sind, bis das Riesenprojekt Luise-Kiesselbach-Platz in Betrieb geht, hat Wittmann die Ruhe weg. An diesem Mittwochvormittag stapft der Projektleiter des Baureferats wieder durch die Röhren, zeigt die Technik, führt durch die Treppenhäuser hinter den Aluwänden, die der normale Autofahrer nie zu Gesicht bekommt.

"Ich bin alt geworden mit dem Tunnel"

Es geht bis auf Grundwasserniveau, schön kühl ist es dort und fast feierlich still. Letzteres wird sich bald ändern. Zum letzten Mal vor der Eröffnung führt er die Presse durch seinen Bau, alles geschieht jetzt letztmals. "Ich bin alt geworden mit dem Tunnel", sagt er. Wittmann ist 63. Noch einen Ringtunnel wird er nicht bauen. Er kommt ganz kurz ins Sinnieren. "Wir kommen an die Grenze", sagt er. Er meint damit, wie schwierig es angesichts der vielen Bau- und Verkehrsvorschriften wird, ein solches monströses Projekt zu bauen.

Dessen Daten sind lange bekannt: Auf 2,8 Kilometer Länge wird der Mittlere Ring zwischen Passauerstraße und Westpark unter die Erde gebracht - ein riesiges Verkehrsdreieck, das im Südwesten der Stadt den Ringverkehr aus dem Osten und aus dem Norden mit den Autos von und nach Garmisch auf der A 95 zusammenführt. Die ganze Stadt wird darauf schauen, wenn das Bauwerk in zweieinhalb Wochen mit einem Festakt übergeben wird. Klappt alles, wird es vielleicht Kinderkrankheiten geben? Werden all die Anwohner wirklich von Verkehr, Lärm und den Abgasen entlastet?

Eine Spur wird noch bis weit ins nächste Jahr hinein nicht befahrbar sein

Die ersten Dämpfer verabreichen die Tunnelexperten im Baureferat schon vorab, in homöopathischer Dosis: Eine Spur in der Heckenstallerstraße, die südlichste, wird noch bis weit ins nächste Jahr hinein nicht befahrbar sein. Das liegt daran, dass die Einfahrt der Murnauer Straße in den Ring erst nach und nach geschaffen werden kann, während die Spuren an der Oberfläche zurückgebaut werden - jene Schlangenlinien, durch die sich nun jahrelang der Berufs- und auch der Reiseverkehr gequält hat.

Das erste Aha-Erlebnis wird die Autofahrer aus Richtung Garmisch schon bei der Tunneleinfahrt am Luise-Kiesselbach-Platz erwarten: Sie dürfen in den ersten Monaten nur mit Tempo 30 oder höchstens Tempo 40 in den Ringtunnel einbiegen. Die elektronischen Schilder leuchten schon: 30. Weiter hinten sind dann 60 erlaubt. Die sollte man auch einhalten, weil die Polizei Radaranlagen fest installiert hat. Die Polizei, nicht die Stadt, sagt Wittmann.

Modernste Technik soll helfen bei der Aufklärung von Unfällen

Ansonsten wirkt es bei diesem Rundgang so, als sei wirklich alles vorbereitet. Tief unten in den Nebenräumen laufen schon die Monitore, auf denen sich das Verkehrsgeschehen jederzeit überwachen lässt. Alles wird 72 Stunden lang aufgezeichnet. Unfälle können so im Nachhinein aufgeklärt werden. Aber es gebe keine Überwachung von Kennzeichen, versichern die Experten. Dann und wann fährt schon ein Auto, zwei Dienstfahrräder stehen unten. Besonders vorbereitet hat sich die Stadt auf Unfälle, an denen Behinderte beteiligt sein könnten. Für sie gibt es keine Rettungsaufzüge, aber geschützte Zonen hinter den Notausgängen mit separaten Sprechsäulen.

Luise-Kiesselbach-Platz
:Tanz im Tunnel

Ende Juli wird der Luise-Kiesselbach-Tunnel für den Verkehr freigegeben. Doch bevor die Autos kommen, wird die neue Röhre zwei Nächte lang zu einer riesigen Disco.

Von Marco Völklein

Überhaupt hat man am Tunnel zwar alles mögliche simuliert, vom Großbrand bis zum Stromausfall. Was aber wirklich passiert, wenn dann nach dem 25. Juli jeden Tag 100 000 Autos durch die Röhre fahren, könne man nicht testen. "Die ersten Monate sind ein Feldversuch", sagt Wittmann. Da könne es durchaus sein, dass bei laufendem Betrieb einmal die Schranken heruntergehen und eine Totalsperrung auslösen. Wittmann bittet schon vorab um Verständnis, bei den Autofahrern und natürlich bei der Presse.

Es wären schlimmere Nachrichten vorstellbar für einen Projektmanager vor der Eröffnung eines 400-Millionen-Euro-Projekts. In Zeiten von Elbphilharmonie und Berliner Flughafenchaos haben die Münchner Planer alle Vorgaben unterboten: schneller fertig als gedacht, weniger ausgegeben als eingeplant - die Zahlen blinken wie die Aluwände unter der Erde. "Eine absolute Punktlandung", sei das, sagt Wittmann und blickt für einen kurzen Moment stolz in die Runde. Aber nur ganz kurz.

© SZ vom 03.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: