Luftverschmutzung:Wie schmutzig ist die Münchner Luft wirklich?

Feinstaubbelastung in der Landshuter Allee

In der Landshuter Allee steht einer der Container, der die Schadstoffbelastung der Münchner Luft misst.

(Foto: Florian Peljak)
  • Oberbürgermeister Dieter Reiter will die Stadt mit einem Netz von Messstellen zur Luftqualität durchziehen.
  • Statt nur an den fünf Containern des Landesamts für Umwelt soll künftig in der gesamten Stadt die Belastung mit Stickstoffdioxid gemessen werden.
  • Ob an den neuen Anlagen auch weitere Werte wie Feinstaub, Ozon, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid gemessen werden sollen, ist noch unklar.

Von Dominik Hutter

Um Gewissheit über die Qualität der Münchner Luft zu erhalten, will Oberbürgermeister Dieter Reiter die Stadt mit einem Netz von Messstellen überziehen. Nach der Sommerpause solle der Stadtrat ein entsprechendes Konzept beschließen, teilte der SPD-Politiker mit. Bislang gibt es lediglich fünf Container des Landesamts für Umwelt. Künftig soll an zahlreichen Brennpunkten und über die gesamte Stadt verteilt die Belastung mit Stickstoffdioxid gemessen werden.

Dabei sind verheerende Ergebnisse zu erwarten. In einem Gutachten, das der Freistaat noch unter Verschluss hält, sind zahlreiche Verstöße gegen die EU-Schadstoffgrenzwerte festgestellt worden. An manchen Straßen schweben statt der als Jahreslimit festgelegten 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter mehr als 60 in der Luft. Diese Werte wurden allerdings nicht gemessen, sondern nach einem komplizierten Verfahren errechnet. Die hohe Belastung hat Reiter dazu veranlasst, offen über Fahrverbote für Dieselautos nachzudenken. Ob diese zulässig sind, steht noch nicht fest - diese Frage wird voraussichtlich im Herbst vom Bundesverwaltungsgericht geklärt.

Stadt und Freistaat haben allerdings bereits im März vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof die Vorgabe bekommen, bis Jahresende ein "vollzugsfähiges Konzept" für Diesel-Fahrverbote auszuarbeiten. Eine Verpflichtung, diese auch tatsächlich einzuführen, wollte Richter Rainer Schenk damals nicht aussprechen, da er noch rechtliche Hürden sieht. Er machte in seinem Urteil aber deutlich, dass er Dieselfahrverbote für unerlässlich hält, um die EU-Grenzwerte einzuhalten. Das Gutachten des Freistaats, das bis zum 29. Juni sämtliche Straßenabschnitte öffentlich machen sollte, an denen die Stickstoffdioxid-Limits überschritten werden, geht ebenfalls auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zurück. Der Freistaat hat die Frist aber verstreichen lassen - mit der Begründung, bis Mitte Juli gleich noch ein Maßnahmenpaket mitliefern zu wollen.

Mit den zusätzlichen Messpunkten könnte nicht nur kleinteilig die aktuelle Schadstoffbelastung belegt werden - die Container könnten auch festhalten, ob spätere Maßnahmen gegen die hohe Luftbelastung tatsächlich anschlagen. Das bisherige System an Messstellen beschränkt sich auf exemplarisch ausgewählte Standorte. Die Landshuter Allee, die wohl bekannteste Station, steht für eine sehr stark befahrene Stadtstraße inmitten eines Wohngebiets.

Der Container in Johanneskirchen dagegen soll die Situation in einer Siedlung am Stadtrand widerspiegeln. Die Situierung der Messstellen hat in der Vergangenheit bundesweit für Unruhe gesorgt, da mehrere deutsche Städte Standorte ausgewählt haben, an denen keine hohe Belastung zu erwarten ist. In diesen Verdacht ist München allerdings nie geraten.

Bekannt wurden die Messstellen und vor allem die Landshuter Allee ursprünglich durch die Feinstaubdebatte - der entsprechende EU-Grenzwert trat 2005 in Kraft, fünf Jahre vor dem für Stickstoffdioxid. Die fünf Münchner Stationen sind unterschiedlich ausgelegt. Lediglich die am Stachus bietet das komplette "Programm": Stickstoffdioxid, Feinstaub, Ozon, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid. Andere können nur bestimmte Schadstoffe messen, in Allach etwa sind es lediglich Stickstoffdioxid und Ozon. Ursprünglich gab es auch am Luise-Kiesselbach-Platz eine Messstelle. Sie wurde aber mit Beginn des Tunnelbaus demontiert.

Welche Werte an den neuen Anlagen gemessen werden sollen, ist noch unklar. Das Feinstaubproblem gilt in München jedoch als weitgehend gelöst, der Fokus liegt derzeit auf dem Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid. Noch vor dem Beschluss des Stadtrats müssen Stadt und Freistaat übrigens einen weiteren Termin des Gerichts beachten: Bis 31. August muss die Öffentlichkeitsphase für ein Diesel-Fahrverbot starten - dann sollte die Größe der Verbotszone feststehen.

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