Ludwigvorstadt:Fehlender Ehrgeiz

Ludwigvorstadt: Im Gespräch: Mariella Kessler, Werner Nehls, Claudia Stamm (v. l.)

Im Gespräch: Mariella Kessler, Werner Nehls, Claudia Stamm (v. l.)

(Foto: Robert Haas)

Die Grüne Jugend München debattiert im Wohncafé unter freiem Himmel über Wohnungsnot und stößt auf Frust

Von Franziska Gerlach, Ludwigvorstadt

München wächst unaufhaltsam. Jedes Jahr registriert die Stadt gut 20 000 Zuzüge, die Höhe der Mieten ist aberwitzig. Experten und Politiker raufen sich die Haare, um der Wohnungsnot beizukommen. Trotzdem sagt Marcel Rohrlack, Sprecher der Grünen Jugend München: "Wir glauben, dass der Stadtpolitik der Ehrgeiz fehlt." Besonders, wenn es um junge Bürger geht.

Am Donnerstagabend hat der politische Nachwuchs nun mit Unterstützung der Landtagsabgeordneten Claudia Stamm (Grüne) mit einem Wohncafé versucht, den Dialog anzustoßen. Bis auf den Sendlinger-Tor-Platz hatten die Aktivisten deshalb das hübsche Sofa aus ihrem Stadtbüro geschleppt. Im Zentrum der Aktion sollten die Interessen der Jugend stehen. Doch wer letztlich über die großen und kleinen Fragen der Wohnungspolitik debattierte, waren eher ältere Herrschaften- und die Grünen selbst.

Wie sich in den Gesprächen zeigte, hatte sich bei den Bürgern einiger Unmut angestaut. So zum Beispiel bei einer Dame mit gelbem Kopftuch - eine Tasse Kaffee lehnte sie ab, auch ihren Namen wollte sie nicht sagen. Nur so viel: Ihr Traum sei es immer gewesen, eine kleine Wohnung in München zu kaufen. Nun sei sie Rentnerin und komme gerade so über die Runden. Werner Nehls nutzte die Gelegenheit hingegen, um ausgiebig über die Messestadt Riem zu schimpfen - seines Erachtens "eine absolute Fehlplanung". Und noch etwas missfällt dem 80-Jährigen. "Wenn bei Studentenwohnheimen im Erdgeschoss Fahrräder abgestellt werden, hat der Planer etwas falsch gemacht", ärgert er sich.

Gerade für junge Bürger, für Studenten oder Auszubildende gestalte sich die Wohnungssuche schwierig in der Stadt, sagte der 18-jährige Rohrlack. Er habe selbst Freunde, die sich keine Bleibe leisten könnten und jedes Mal nach einer Übernachtungsmöglichkeit suchen müssten, wenn sie am nächsten Tag um acht Uhr morgens eine Vorlesung hätten. München sei eine schöne Stadt, ein Lebensgefühl. "Das darf nicht zum Luxus verkommen", sagte Rohrlack. Es forderte außerdem, Handel und Gastronomie in den Stadtvierteln zu stärken, damit sich nicht alles auf die Innenstadt konzentriert.

München ist für alle da, so ließe sich die Botschaft zusammenfassen, die die engagierten Nachwuchspolitiker dem "Mia san mia" im Denken einiger Stadtbewohner entgegensetzten. Die Grüne Jugend München wolle auch künftig mit Aktionen zu einer Diskussion anregen, erklärte Sophie Harper, die ebenfalls Sprecherin ist: "Damit es in den Stadtrat überschwappt."

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