Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Zu schade für den Abbruch

Das frühere Postlerwohnheim an der Baaderstraße soll einem Neubau mit Eigentumswohnungen weichen. In der Stadtgestaltungskommission fällt der Entwurf jedoch durch

Von Alfred Dürr, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Gut gebaut, noch nicht einmal 30 Jahre alt - und schon ein Opfer der Abrissbirne?

Die Stadt verändert sich ständig in ihrem baulichen Erscheinungsbild; ein altes Haus kommt weg, ein neues entsteht. Manchmal sind die Debatten über die Architekturkultur heftig, oft verläuft der Wechsel jedoch in eher ruhigen Bahnen und ohne breite öffentliche Aufmerksamkeit. Nicht wenige Immobilien aus der unmittelbaren Nachkriegszeit vertragen ja durchaus auch eine optische und inhaltliche Auffrischung. Was jedoch in diesem Fall geschehen soll, hat eine spezielle Qualität. Es geht um den Komplex des ehemaligen Postlerwohnheims des Münchner Architektenbüros Hilmer & Sattler an der Baaderstraße im Glockenbachviertel. Der schön gestaltete, geschwungene heutige Hotel-Bau soll durch ein modern ausgeprägtes Haus mit hochwertigen Eigentumswohnungen ersetzt werden.

Dagegen erhebt sich deutlicher Widerspruch nicht nur von Seiten des Stadtheimatpflegers Gert Goergens. Die bogenförmige Kontur des Hauses, die besondere Aufteilung der Fenster und Stockwerke, etwa das galerieartige Fensterband unter dem weit auskragenden Dachrand, geben dem Haus seiner Meinung nach einen eigenständigen Charakter. Mit seiner Form und mit den verwendeten Materialien füge es sich dennoch wie selbstverständlich in die Umgebung ein. Der Abbruch, beklagt Goergens, wäre ein Verlust für die Münchner Baukultur, und darüberhinaus eine sträfliche Vernachlässigung des Gebotes der Nachhaltigkeit.

Postwohnheim

Neuer Schwung für das frühere Postlerwohnheim und jetzige Hotel.

(Foto: privat)

2015 hatte die Heisig und Heisig Projektentwicklungsgesellschaft die Immobilie an der Baaderstraße gekauft. Der junge Architekt Andreas Beier setzt mit seinem Entwurf für das exklusive Wohnhaus auf eine radikale Lösung - Abbruch und Neubau. Es sei aus verschieden Gründen nicht möglich, aus dem Bestehenden etwas Neues zu entwickeln. Die Appartements seien viel zu klein, Flure und Treppenhäuser nähmen zu viel Fläche weg. Es gäbe Probleme mit der Statik oder dem Schallschutz. Mit einem Neubau hingegen könne man mehr Wohnfläche schaffen, sowie den heutigen Ansprüchen an Komfort und an Energiestandards gerecht werden.

Doch die Stadtgestaltungskommission hat nun einhellig seinen Entwurf abgelehnt und ein überarbeitetes Konzept verlangt. Das bestehende Gebäude sei so gut, dass er es sofort auf die Denkmalliste setzen würde - aber dafür sei es leider noch zu jung, sagte Bayerns oberster Denkmalpfleger, Generalkonservator Mathias Pfeil. In anderen Diskussionsbeiträgen kam tiefes Bedauern über einen möglich Abbruch zum Ausdruck. Das vorgestellte Projekt passe nicht an diese Stelle im Viertel. Der Vorsitzende des Bezirksausschusses, Alexander Miklosy (Rosa Liste), war hin und her gerissen: Der bestehende Bau sei wunderbar, allerdings auch schwer zu renovieren, und schließlich brauche man neue Wohnungen.

Postwohnheim

Aber der Neubau stößt auf Protest.

(Foto: Visualisierung: Andreas Beier Architektenteam)

Der Verfasser des Entwurfs für das Postlerwohnheim, Christoph Sattler, ist selbst Mitglied der Stadtgestaltungskommission. Er hielt sich als Betroffener keineswegs dezent zurück, sondern eröffnete ganz ungewöhnlich seinen Beitrag mit einem Gedicht des barocken Dichters Andreas Gryphius: "Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden./ Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein:/Wo jetzt noch Städte stehn, wird eine Wiese sein,/ Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden." Dann wurde Sattler weniger elegisch. Er habe nichts gegen Verdichtung in der Stadt, aber entsprechende Bauten dürften nicht den Rahmen sprengen. Der geplante Komplex sehe aus wie eine Hochgarage. In der Kommission regte sich keinerlei Widerspruch.

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