Ludwigsvorstadt:Europäisches Weltgedicht

Faust   Frammenti Teil II - Helena - _Ciminaghi-Piccolo Teatro Milano

Helene aus "Faust II", dargestellt von Eleonora Brigliadori, in einer Inszenierung des 1997 verstorbenen italienischen Regisseurs Giorgio Strehler.

(Foto: Luigi Ciminaghi/Piccolo Teatro di Milano/oh)

Der Faust-Mythos am Italienischen Kulturinstitut

Von Jutta Czeguhn, Ludwigsvorstadt

Akribisch hatte sich Giorgio Strehler auf dieses Mammut-Projekt vorbereitet. Nichts Geringeres hatte sich Italiens großer Theatermann vorgenommen, als Goethes "Faust" mit seinen 12 000 Versen auf die Bühne zu bringen, in Strehlers eigener Übersetzung und mit sich selbst als Hauptdarsteller. Nicht in einem Rutsch, nein, in vier Teilen, Fragmenten. In den Jahren 1989 bis 1992 entstanden so am Piccolo Teatro di Milano zunächst "Faust - Frammenti I. + II". Fotografien dieser damals aufsehenerregenden und nicht unumstrittenen Inszenierungen sind von Mittwoch, 18. April, an im Italienischen Kulturinstitut an der Hermann-Schmid-Straße 8 zu sehen. Die Vernissage zur Ausstellung "Faust - ein europäischer Mythos" beginnt dort um 18.30 Uhr. (Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 10 bis 13 Uhr, 15 bis 17 Uhr und freitags von 10 bis 13.30 Uhr bei freiem Eintritt.)

Goethes theatralisches Weltgedicht, das selbst einen wie Strehler an seine Grenzen als Regisseur trieb, verweist tief in die Kulturgeschichte Europas. Die Dokumentation auf Tafeln mit Bildern und Texten zeigt Beispiele, die im Laufe eines halben Jahrtausends Fausts europäischen Ruhm begründet haben. Die beiden Kuratoren Anna Zanco-Prestel und Marco Zanco starten mit ihrer Spurensuche in der Zeit kurz nach dem vermeintlichen Tod der historischen Faust-Figur um 1540, wandern weiter zu Marlowes erster Bühnentransponierung in Shakespeare-Zeiten um 1590, die vier Jahrhunderte später ihr italienisches Pendant in der legendären "Faust-Burlesque" von Carmelo Bene und Franco Branciaroli findet. In der Literatur verleitet der Fauststoff Autoren wie Gérard de Nerval in Frankreich, Fernando Pessoa in Portugal oder Mikhail Bulgakov in Russland zu freien Interpretationen. Stark ist die Anziehungskraft des Faustschen Kosmos' auch auf die Komponisten, seien es nun Liszt, Schumann, Berlioz, Gounod oder Boito, dessen Oper "Mefistofele" demnächst wieder an der Bayerischen Staatsoper zu erleben sein wird.

Begleitend zur Dokumentation und zur Fotoausstellung gibt es am 16. Mai, 18.30 Uhr, einen Klavierabend, der Ferruccio Busonis "Dr. Faust" gewidmet ist. Am Flügel sitzt Igor Cognolato, seit 2005 Inhaber des Klavier-Lehrstuhls am Konservatorium "B.Marcello" in Venedig. Laureto Rodoni, Experte für Busonis Gesamtwerk, wird den Hintergrund zu dieser "Dichtung für Musik" liefern, deren Text in deutscher Sprache Ferruccio Busoni selbst im Dezember 1914 unter dem Eindruck der Gräuel des Ersten Weltkriegs niedergeschrieben hat.

Der Eintritt zu diesem Gesprächskonzert ist frei.

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