Ludwig-Maximilians-Universität:Biologie-Fakultät mit Porno-Website

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Die Internetseite der Münchner Uni ist manipuliert worden. Ein Unbekannter platzierte mehrere Links, die zu Seiten mit Hardcore-Darstellungen führten. Jetzt fahndet die Polizei nach dem Urheber.

Von Christian Rost

Es handelt sich um gewaltverherrlichende Seiten mit pornografischen Darstellungen einer niederländischen Firma. Auch Vergewaltigungen werden gezeigt und beschrieben.

Prodekan Günther Heubl zeigte sich auf den Hinweis eines Internet-Nutzers, dass die unter www.biologie.uni.muenchen.de präsentierten Seiten manipuliert wurden, entsetzt und ließ sie sofort aus dem Netz nehmen.

Strafrechtlich relevant

"Wegen Missbrauchs des SnipSnap-Servers der Fakultät ist diese Webseite auf unbestimmte Zeit gesperrt!" ist dort jetzt zu lesen. Parallel zu der Maßnahme begann die Suche nach dem Täter. Zuletzt soll ein Student den Web-Auftritt betreut haben.

Für den Verantwortlichen dürfte sich auch die Polizei interessieren. Denn massive Gewaltdarstellungen wie Vergewaltigungen zählten ebenso zu strafbaren Inhalten wie Kinderpornografie oder Sex mit Tieren, sagte Albert Bischeltsrieder, Leiter der Abteilung Fahndung am Bayerischen Landeskriminalamt (LKA), auf Anfrage.

Die auf den LMU-Rechner gelegten Links führten zu Seiten, die mit der Echtheit ihrer Gewaltdarstellungen werben. Doch auch wenn die Szenen nur gestellt sind, so hat die Manipulation des Computers dennoch Folgen für den Verursacher:

Meist sind Insider am Werk

Wer Pornografie Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren frei zugänglich macht, wie mit der Veröffentlichung der Web-Adressen bei der LMU geschehen, kommt generell massiv in Konflikt mit dem Gesetz.

Computer-Manipulationen werden nach Polizeiangaben in fast allen Fällen von Insidern vorgenommen, die freien Zugang zu den Rechnern haben. Bei der häufigen Beteuerung Beschuldigter, die Links seien über einen externen Rechner auf die Seiten gesetzt worden, handle es sich fast immer um Schutzbehauptungen, weiß Bischeltsrieder aus Erfahrung. Der Tat zugrunde liegt meist eines von drei Hauptmotiven: Entweder wollen die Urheber ihrer Umgebung einen "bösen Streich" spielen.

Oder sie platzieren ihre bevorzugten Links auf einer Seite, mit der sie, in der Funktion eines Webmasters etwa, häufig arbeiten und somit "zum Eigengebrauch" schnell Zugriff auf die Daten haben.

Das dritte mögliche Motiv: Die Urheberschaft soll einem Dritten — Kollegen etwa — angehängt werden. Wer hier Opfer wird, bekommt trotz seiner Unschuld zunächst in aller Regel massive Probleme.

"Das ist ähnlich wie bei jemandem, der mit einer blutigen Axt zufällig neben einer Leiche steht", beschreibt Kriminaldirektor Bischeltsrieder die Situation. "Der Betroffene muss sich zumindest auf eine Reihe unangenehmer Fragen einstellen."

Unis normalerweise ausreichend geschützt

Sabotagen auf Universitätsrechner registrierte die Polizei bislang eher selten. Damit ist dieser Fall für die LMU München doppelt unangenehm, weil augenscheinlich kein ausreichender Schutz — durch Aufsicht oder elektronisch — wie an anderen Unis bestand.

Bundesweit kommen Daten- Manipulationen an Universitäten allenfalls drei bis vier Mal pro Jahr vor. In Privatunternehmen hingegen dürfte es ein Vielfaches solcher Fälle geben.

"Seriöse Zahlen dazu gibt es nicht", sagt der LKA-Fahndungs-Chef, "weil die Dunkelziffer sehr hoch ist." Denn betroffene Firmen lösten diese Probleme meist intern, ohne Polizei — was nicht selten mit der fristlosen Entlassung eines Mitarbeiters endet.

Hinweise auf verdächtige Internetseiten erhalten die Computer-Spezialisten des LKA oft aus der Bevölkerung. Etwa 3.500 seien es pro Jahr in Bayern, die überprüft würden.

Wie im Fall einer Münchner Ballettschule vor drei Jahren: Das Institut zeigte, wie berichtet, im Internet Kinder in aufreizenden Posen, zugleich waren die Seiten mit Pädophilen-Foren vernetzt.

Damals konnten die Netzwerkfahnder mangels rechtlicher Möglichkeiten nichts dagegen unternehmen. Inzwischen hat sich das geändert: Der Gesetzgeber reagierte auf solche Fälle und verbot diese Form der pervertierten Darstellung von Kindern.

© SZ vom 22. Juni 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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