LMU geräumt:Polizeieskorte für starrsinnige Studenten

Selbst über Weihnachten haben einige hartgesottene Besetzer ausgeharrt - doch nun hat die Polizei das LMU-Audimax geräumt.

Martin Thurau

Die Herren kommen noch vor dem Morgengrauen. Es ist 6.30 Uhr, als Bernd Huber das Audimax betritt, er gibt eine kurze Erklärung ab, die Polizeibeamten warten noch draußen. Er werde nun von seinem Hausrecht Gebrauch machen, verkündet der Präsident der Universität München (LMU): Er fordert die Besetzer auf, unverzüglich aus dem Hörsaal abzuziehen, sonst drohten Anzeigen wegen Hausfriedensbruch oder Bußgelder.

Polizei räumt LMU, dpa

Im Morgengrauen fuhr die Polizei vor - und räumte das besetzte Audimax der LMU.

(Foto: Foto: dpa)

Eine Viertelstunde haben die gut 20 Personen, die über die Festtage ausgeharrt haben, noch Zeit, um ihre Sachen zu packen und die Schlafsäcke einzurollen. Dann begleiten die Polizisten sie aus dem Gebäude.

Unspektakuläres Ende einer siebenwöchigen Blockade

Die Besetzer gehen freiwillig, niemand leistet Widerstand. Gegen sieben Uhr hätten alle das Audimax verlassen, wird Huber später erklären. In den drei Tagen zuvor hat die Unileitung das Haus nach einer Ankündigung schon, wie berichtet, geschlossen. Es gab nur einen Ausgang, aber keinen Einlass mehr.

So endet an diesem Montagmorgen einigermaßen unspektakulär jene Besetzung des größten Hörsaals an Bayerns größter Universität, die die Hochschule fast sieben Wochen in Atem gehalten hat.

Am 11. November zogen die Studenten in das Audimax und richteten sich häuslich ein, mit Bannern und Transparenten und allerlei technischer Ausrüstung; ein Volksküche versorgte die Besetzer. Auch in vielen anderen Städten erklärten Studenten den Hörsaal zur Homebase, um gegen schlechte Studienbedingungen und die Gebühren zu protestieren.

Zurückbleiben 100.000 Euro Sachschaden

Mit der Räumung, die im strengen Sinne keine ist, weil alle freiwillig gingen, habe die LMU nun einen "unhaltbaren Zustand" beendet, sagt Huber. In den letzten Wochen sei der Lehr- und Vorlesungsbetrieb "massiv behindert" gewesen. Für die Mitarbeiter sei es zudem mittlerweile unzumutbar geworden, das Hauptgebäude der LMU am Geschwister-Scholl-Platz rund um die Uhr offen zu halten.

Und schließlich müsse die Hochschule erheblich Sachschäden im Zuge der Besetzung verzeichnen. Insgesamt geht die LMU von 100.000 Euro aus, eingerechnet seien da aber schon die Kosten für zusätzliches Wachpersonal.

Dass er nun keine andere Möglichkeit mehr gesehen habe, als die Polizei ins Haus zu holen, "macht mich auch nicht glücklich", sagt Huber. Immer wieder habe die Hochschulleitung mit den Besetzern über einen freiwilligen Abzug verhandelt und den Studenten dafür ein "weitreichendes Angebot" bis zu einem Vorstoß für die sogenannte Verfasste Studentenschaft gemacht, die den Studenten ein politisches Mandat einräumt. Das hätten die Besetzer abgelehnt.

Zuletzt sei "keine Perspektive mehr erkennbar" gewesen, wie sich die Besetzung anders hätte beenden lassen, sagt Huber. Die Besetzer hätten sich immer weiter auf "sehr allgemeine politische Forderungen" zurückgezogen. Und unter den bis zuletzt Verbliebenen seien laut Polizei nur noch sieben LMU-Studenten gewesen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was die Studenten zur Zwangsräumung des LMU-Audimax sagen.

"Jetzt müssen wir weitermachen"

Die Besetzer selbst kündigten weitere Aktionen und ein Plenum am Montagabend an, um das weitere Vorgehen zu beraten. Am Nachmittag trafen sie sich zu einer kleinen Demonstration.

"Nicht wieder in Winterschlaf verfallen"

Die Studentenvertretung der LMU verurteilt die Räumung. Die LMU-Spitze lasse "das zwischenzeitlich erkennbare Bewusstsein für die Probleme der Studierenden mittlerweile vermissen", sagt Nadine Ponsel. Die Proteste wertet sie als Erfolg. In den vergangenen Wochen hätten die Studenten "Sympathie und Verständnis von allen Seiten der Politik und der Hochschule" geerntet, sagt Julia Schmidt-Petersen. Und: "Wir haben die Öffentlichkeit erreicht, jetzt müssen wir weitermachen" - auch "außerhalb einer Besetzung" ergänzt Ponsel.

Malte Pennekamp, Sprecher der bayerischen Studentenvertretungen, hält die "Wut der Studierenden" für berechtigt. Der Protest habe Probleme zur Sprache gebracht, die die Politik in den vergangenen Jahren verschlafen habe. Jetzt dürfe die Staatsregierung "nicht wieder in Winterschlaf verfallen". Was sich jetzt, wie zugesichert, bei der studentischen Mitbestimmung und der Bologna-Reform tue, würden die Studenten jetzt "wachsam verfolgen". Der Protest jedenfalls werde weitergehen, sagt Pennekamp, weil der Freistaat sich in der Frage der Studiengebühren nicht bewege.

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) begrüßt das Ende der Besetzung. Er habe zwar Verständnis für die Proteste, ein "sorgfältig vorgenommener Veränderungsprozess" aber brauche Zeit, betonte Heubisch. Dies könne kein Grund für eine andauernde Besetzung sein. Gleichzeitig versichert er, dass er die Korrekturen an der Studienreform und die Gespräche über bessere Studienbedingungen und mehr Mitbestimmung "weiterhin mit Nachdruck verfolgen" werde.

Die Gewerkschaft GEW und die Landtags-SPD fordern Universitätsleitung und Politik auf, sich ernsthaft mit den Protesten auseinandersetzen und konkrete Zusagen für Verbesserungen machen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: