Lisa Vicari aus München:Mit 21 schon fast Cate Blanchett

Luna

Gesicht als Leinwand der Tragödie: Im Kinofilm "Luna" spielt die Münchnerin Lisa Vicari eine junge Frau, deren Familie vor ihren Augen ausgelöscht wird.

(Foto: Universum)

Mit zehn Jahren spielte Lisa Vicari bei "Hanni und Nanni" mit, heute brilliert sie in der Netflix-Serie "Dark" und dem Kino-Thriller "Luna".

Von Bernhard Blöchl

In einem Punkt hält die Netflix-Serie "Dark", was sie verspricht. Die Stimmung ist düster, die Gesichter sind finster. " Dark" eben. Auch Martha, eine der jungen Protagonistinnen, hat es nicht leicht in diesem deutschen Mystery-Drama über Sprünge durch die Zeit. Das Mädchen steht zwischen zwei Jungs, ihr Bruder verschwindet spurlos, was ihren Vater langsam in den Wahnsinn treibt. Das alles lässt sich im Regen in Marthas Gesicht ablesen.

Andere Produktion, andere Figuren, erneut wird einer 17-Jährigen übel mitgespielt. In dem Thriller "Luna", der an diesem Donnerstag in den Kinos startet (Mathäser und Monopol), wird die Hauptdarstellerin zur Vollwaise. Und noch schlimmer: Ihre Eltern und ihre kleine Schwester werden vor ihren Augen erschossen. Schock, Panik, Wut, Trauer und Verständnislosigkeit. Ein junges Gesicht als Leinwand der schlimmsten Tragödie.

Lisa Vicari heißt die Schauspielerin hinter beiden Rollen. Geboren im Januar 1997 in München, gilt sie als großes Talent in der deutschen Filmszene. Eines, das dem Drama gewachsen zu sein scheint, den großen Emotionen, dem Schmerz. "Ich habe einen guten Zugang zu Gefühlen", sagt Vicari. Wie ihre Mutter sei sie nah am Wasser gebaut. "Ich hatte eine glückliche Kindheit. Meine Eltern haben mich darin gefördert, Gefühle zu zeigen." Im Gespräch am Telefon sagt sie Sätze wie diese: "Ich mag Weinen. Ich mag den Zustand, melancholisch zu sein. Das fällt mir wohl leicht." Diese und weitere Emotionen in ihr Gesicht und auf die Leinwand zu bringen, war die große Herausforderung bei "Luna".

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Ebenbürtige Schauspieler: Carlo Ljubek und Lisa Vicari spielen gemeinsam in dem Kinofilm "Luna", der am 15.Februrar in den deutschen Kinos anläuft.

(Foto: Universum)

In dem von dem Produzenten Khaled Kaissar in Szene gesetzten und beim Münchner Filmfest vorgestellten Thriller spielt sie den namengebenden Teenager, der von einem Tag auf den anderen in permanenter Gefahr schwebt. Denn was sie nicht wusste und erst noch begreifen muss: Ihr Vater war ein russischer Agent, und nach der Tragödie um ihre Liebsten gerät sie ins Fadenkreuz der Geheimdienste. Man könnte auch sagen: Sie muss erwachsen werden, von null auf hundert.

In gewisser Weise kennt das auch Lisa Vicari. Sie ist eine Frühstarterin - wie eines ihrer Vorbilder, Emilia Schüle (andere sind Cate Blanchett und Saoirse Ronan). Etwa mit zehn, wie sie sagt, nimmt sie eine Freundin zu einem Kinder-Schauspiel-Improvisations-Kurs mit. "Ich habe danach meine Eltern genervt und durfte einmal pro Woche üben." Sie lernte auf der Task-Schauspielschule München und probierte sich beim Fast-Food-Improtheater aus. "Ich habe schon vorher gemerkt, dass es mich in diese Richtung zieht, aber ich wusste nicht, wie genau das funktioniert", sagt sie. Es dauert nicht lange, bis sie von dem HFF-Studenten und Produzenten Philipp Trauer eine Rolle in dem Kurzfilm "Tunnelblicke" angeboten bekommt. Weitere Kurzfilme folgen. Einem größeren Publikum wird sie durch die Auftritte in der Kinderbuchverfilmung "Hanni & Nanni" (2010) und in dem Endzeit-Thriller "Hell" (2011) bekannt, wofür sie den Sonderpreis des New Faces Award bekommt.

Dieser Hang zu ernsten Zügen, die sie bei "Hell", "Dark" und "Luna" so markant machen, könnte bereits in ihrer Kindheit verankert sein. Vicari erzählt, wie sehr sie die Arbeit am Set genossen habe. "Hier wurde ich ernst genommen, im Vergleich zur Schule." Womöglich ist sie, im positiven Sinne, eine alte Seele, was ihr das Spielen schwieriger Rollen erleichtert. "Ich habe mich damals schon gefühlt wie heute, nur in einem kleineren Körper."

Heute, bald drei Jahre nach dem Abitur in München, studiert Lisa Vicari Medienwissenschaft in Potsdam. Berufswunsch sei nach wie vor Schauspielerin. "Nach dem Abi hat mir die Lernkomponente gefehlt, weshalb sich das Studium angeboten hat." Das sei gut mit den Dreharbeiten zu kombinieren, sagt sie.

"Luna" wurde bereits Ende 2015 gedreht, in München, Dachau und Oberstdorf. Neben der Ernsthaftigkeit und dem Gefühlskanon zeigt die Schauspielerin auch bemerkenswerten physischen Einsatz. Es gibt da diese Szene ziemlich am Anfang des Films, als sie in den Allgäuer Bergen an einem Seil an einer steilen Felswand hängt. In 60 bis 70 Metern Höhe über der Schlucht. Sie wird verfolgt, sie hängt sich rein, sie entkommt. Auf diese Szene ist sie ein bisschen stolz. "Ich war vorher in der Kletterhalle", erzählt sie, außerdem mache sie etwas Kickboxen, um sich auch für Action-Aufnahmen zu wappnen.

Lisa Vicari wirkt fokussiert. Sie legt Wert auf Gespräche mit Regisseuren und Psychologen, um Rollen gründlicher verstehen zu können. Und sie besucht Workshops, um noch besser zu werden. "Ich bin noch nicht angekommen", sagt sie. Für die Zukunft wünsche sie sich, dass sie weiterhin viel drehen darf. Kürzlich ist offiziell bestätigt worden, dass es eine zweite Staffel von "Dark" geben wird. Lisa Vicari hat also zu tun.

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