Linie nach St. Emmeram:Schmutzige Geschäfte beim Trambahnbau

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Zur Eröffnung der Linie nach St. Emmeram fuhr eine historische Tram unter der Skulptur Mae West hindurch. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein Kartell von Stahlunternehmen hat die Stadtwerke beim Bau der Straßenbahnlinie nach St. Emmeram betrogen. Großaufträge sollen häufig "Gegenstand von Absprachen" gewesen sein, beim Verkauf von Schienen und Weichen wurden überhöhte Preise verlangt. Jetzt wehren sich die Hintergangenen.

Von Klaus Ott

Die Freude war groß, als Ende 2011 die neue Straßenbahnlinie nach St. Emmeram in Betrieb ging. 20.000 Fahrgäste benutzten am ersten Tag die neue Strecke, die am Effnerplatz unter dem Kunstwerk Mae West hindurchführt und die mit ihren neun Stationen die Stadtviertel Englschalking und Oberföhring im Münchner Nordosten erschließt. Wegen ihres "Vorbildcharakters" für andere Städte wurde die Emmeram-Tram sogar mit einem Preis des Bundesverkehrsministeriums ausgezeichnet. Das sei "wirklich super", jubelte Herbert König, Geschäftsführer Verkehr der Stadtwerke München (SWM).

Was König und Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) nicht ahnen konnten, als sie gemeinsam die neue Trambahn-Linie eröffneten: Die Stadtwerke und mit ihnen die Steuerzahler waren beim Bau der Strecke öffentlich schmählich betrogen worden. Ein Kartell von Stahlunternehmen soll Schienen und Weichen zu weit überhöhten Preisen abgerechnet haben. Das besagen Erkenntnisse des Bundeskartellamtes in Bonn, das in zahlreichen Fällen ermittelt.

Der Bonner Behörde hat der österreichische Stahlkonzern Voestalpine zahlreiche Sünden gebeichtet, was ein großes Verfahren auslöste, das noch läuft. Eine deutsche Voestalpine-Tochter und Thyssen-Krupp aus Essen haben (teils zusammen mit weiteren Unternehmen) Ausschreibungen unter sich ausgemauschelt und so Abnehmer um viele Millionen Euro geprellt.

Projekte der Stadtwerke München seien "als lukrative Großaufträge häufig Gegenstand von Absprachen gewesen", gestand Voestalpine dem Kartellamt und nannte zahlreiche Details. Bei der Linie nach St. Emmeram hätten die Schienen-Lieferanten einen Manager von Thyssen-Krupp als sogenannten Spielführer bestimmt. Thyssen-Krupp habe dann beim Verkauf von Schienen und Weichen zu "überhöhten Preisen" andere Stahlunternehmen mitverdienen lassen.

Bei einem früheren Projekt sei eine Firma von Voestalpine als "Spielführer" eingesetzt worden. Mal war der eine dran, mal der andere; so wurden die Aufträge und Profite untereinander aufgeteilt.

Die Kartellbrüder tauschten sich nach den Angaben von Voestalpine telefonisch regelmäßig aus, wer gerade welche Ausschreibungen "auf dem Schreibtisch" hatte. Lockten tolle Gewinne, dann traf man sich, um die Details abzustimmen. Beispielsweise im Seehaus des Englischen Gartens. Ein schöner Ort für schmutzige Geschäfte, mit denen die Stadtwerke ausgenommen wurden.

Die SWM wollen jetzt, nachdem das Kartellaufgeflogen ist, ihr zu viel gezahltes Geld zurückbekommen. Deshalb untersuchen sie nun selbst, welche Projekte von wettbewerbswidrigen Absprachen betroffen sind und wie hoch der Schaden ist. Vorsorglich haben die SWM nach eigenen Angaben auch schon eine Anwaltskanzlei eingeschaltet.

© SZ vom 07.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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