Lieferservice:Was Amazon Fresh nicht liefern kann

Amazon Fresh-Fahrzeug

Ein Fahrzeug des US-Onlinehändlers Amazon fährt durch New York. Jetzt kommt der Lieferdienst auch nach München.

(Foto: dpa)

Für Münchner Geschäfte mag es verlockend sein, sich mit dem Lieferservice von Amazon zusammentun. Doch sie riskieren, die Nähe zum Kunden aufzugeben.

Kommentar von Pia Ratzesberger

Die Besitzer der kleinen Läden mögen die Konzerne meist nicht allzu gerne, sie hängen dann zum Beispiel Plakate in ihre Schaufenster, auf denen Sätze stehen wie: "Sie müssen nicht zum Amazonas reisen, wenn es Bücher bei Ihnen um die Ecke gibt." Amazon verkauft schon lange nicht mehr nur Bücher, sondern auch alles andere.

In München beginnt der Konzern in dieser Woche, mit "Fresh" in großen Mengen Lebensmittel zu liefern - und schmückt sich mit einer ganzen Reihe von Geschäften aus der Stadt, die sich mit ihm zusammentun. Deren Entscheidung ist zwar nachvollziehbar. Aber auch schlecht. Denn sie geben womöglich den größten Vorteil auf, den sie solch einem großen Konkurrenten gegenüber haben. Die Nähe.

Natürlich ist der Lieferdienst nichts, was ein Laden alleine schaffen konnte, wahrscheinlich auch nicht im kleinen Verbund. Amazon bringt selbst leicht verderbliche Waren bis an die Haustüre, die gekühlt werden müssen. Dafür braucht es Mitarbeiter, Logistik, Verpackungen. Bestimmt werden manche Kunden auch erst im Online-Supermarkt auf Münchner Läden aufmerksam. Doch die Wahrscheinlichkeit auf einer Internetseite mit mehr als 300 000 Produkten aufzufallen, ist geringer als die, das mit dem eigenen Laden zu tun.

Es werden also vermutlich vor allem die Leute bei den Standl am Viktualienmarkt bestellen, die dort ohnehin schon einkaufen. Sie müssen dann nicht mehr wie früher einmal in der Woche vorbeigehen, sondern Amazon bringt die Ware an die Wohnung. Das bindet die Kunden vielleicht an Amazon. Nicht aber an die Münchner Geschäfte.

Die nämlich gewinnen nicht alleine mit ihrer Ware, sondern vor allem auch mit dem, was im Internet gerade nicht zu vermitteln ist. Die Atmosphäre, die Beratung, der kurze Plausch an der Tür oder Kasse - nichts davon ist lieferbar. Schon gar nicht in braunen Pappschachteln.

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