Sexualberatung für Senioren:Zweiter Frühling

Unterwegs in schwieriger Mission: Die Münchner Beraterin Hedy Fuchs-Waldherr gibt Tipps für Sex mit künstlichem Hüftgelenk & Co.

Elisa Holz

Die Münchnerin Hedy Fuchs-Waldherr, 63, ist seit mehr als drei Jahren Sex-Beraterin für Senioren. Auslöser für die späte Berufung der Unternehmensberaterin war die für sie selbst überraschende Erkenntnis, dass sie die körperliche Liebe erst ab 50 richtig genießen lernte. In Seminaren und Vorträgen will sie deshalb ihren Altersgenossen die Wonnen eines zweiten Frühlings vermitteln. Elisa Holz sprach mit ihr über diese schwierige Mission.

Sexualberatung für Senioren: Spiel mit körperlichen Reizen: Beraterin Hedy Fuchs-Waldherr gibt Sex-Tipps für Senioren.

Spiel mit körperlichen Reizen: Beraterin Hedy Fuchs-Waldherr gibt Sex-Tipps für Senioren.

(Foto: sonstige)

SZ: 40 Jahre Ehe und ein künstliches Hüftgelenk: nicht gerade die idealen Voraussetzungen für Lust und Leidenschaft, oder?

Hedy Fuchs-Waldherr: Die Voraussetzungen sind nicht ideal, klar. Natürlich muss bei Menschen mit künstlichen Hüftgelenken der Partner sehr fürsorglich sein. Und natürlich fällt man nach 40 Jahren Ehe nicht mehr jeden Tag übereinander her. Für eine aktive Ehe müssen beide Partner an sich arbeiten, brauchen viel Phantasie und Liebe fürs Detail.

Frauen beispielsweise sollten zu ihrer Weiblichkeit zurückfinden. Immer nur Jeans und Turnschuhe - ich vermisse die schönen, gepflegten, älteren Ladys in München. Wo sind die geblieben? Unsere Autos pflegen wir bis zum Umfallen, aber das Spiel mit körperlichen Reizen bleibt auf der Strecke.

SZ: Warum ist Sex auch im Alter noch wichtig?

Fuchs-Waldherr: Wenn der Beruf wegfällt, brauchen wir neue Möglichkeiten für Bestätigung und Erfüllung. Sex ist eine solche Möglichkeit. Außerdem ist Sex gesund und hält allgemein fit. Die Glückshormone sorgen für eine schöne Haut. Sex ist einfach gut für Körper, Geist und Selbstbewusstsein. Aber ein bis zwei Stunden sollte man sich im Alter schon Zeit nehmen. Schließlich ist man nicht mehr so gelenkig. Und eine große Portion Humor hilft auch. Schließlich kann auch mal was schief gehen.

Großer Beratungsbedarf

SZ: Mit welchen Problemen kommen die Menschen zu Ihnen?

Fuchs-Waldherr: Mein schwierigster Fall bislang war ein Mann mit Prostatakrebs, der sehr unter seinen Erektionsproblemen litt. Heute geht es ihm viel besser. Oft ist es auch ein Problem, dass Männer Sex wollen, bis sie eingegraben werden, Frauen aber schon ab Mitte 40 ihre Sexualität negieren. Das ist gefährlich für eine Beziehung. Außerdem finden viele Frauen mit zunehmendem Alter ihren Körper nicht mehr schön. Der Busen rutscht halt irgendwann unter die Achsel. Man muss sich selbst und seine Alterserscheinung annehmen können.

SZ: Es muss doch gerade ältere Menschen ab 60 viel Überwindung kosten, eine Sex-Beraterin aufzusuchen?

Fuchs-Waldherr: Es gibt viel Scham und viel Aufklärungsbedarf in dieser Altersgruppe. Trotz der Sensibilität des Themas nehme ich kein Blatt vor den Mund und spreche alles direkt an. Meine Seminarteilnehmer sind immer dankbar für konkrete Tipps. Zu viel ist es noch niemandem geworden.

SZ: Warum ist Sex im fortgeschrittenen Alter immer noch ein Tabuthema?

Fuchs-Waldherr: Hauptsächlich aufgrund von Unkenntnis und Intoleranz. Sex im Alter gilt häufig als ungebührlich. Und für Kinder haben ihre Eltern sowieso keinen Sex. Gerade auf dem Land habe ich Probleme, das Thema an den Mann zu bringen, obwohl der Beratungsbedarf eigentlich groß ist.

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