Kabarettistin Luise Kinseher:Schwester Barnabella

Demnächst entscheidet sich, ob Kabarettistin Luise Kinseher die neue Fastenpredigerin beim Salvatoranstich auf dem Nockherberg wird. Doch, wer ist die Kinseher eigentlich?

Franz Kotteder

Eigentlich handelt es sich ja nur um einen etwa zwanzigminütigen Kurzauftritt vor rund 650 Gästen, aber der hat es in sich, wie Luise Kinseher derzeit feststellen darf. Denn alle wollen wissen, ob sie nun die neue Fastenpredigerin beim Salvatoranstich auf dem Nockherberg werden wird, dabei weiß sie es selbst noch nicht. Die gastgebende Paulaner-Brauerei hüllt sich noch in Schweigen, aber das Interesse ist enorm; schließlich hat die Bußpredigt ebenso wie das nachfolgende Singspiel höchste Einschaltquoten nicht nur in Bayern, sondern wird auch im restlichen Bundesgebiet sehr beachtet.

Luise Kinseher einfach reich

Luise Kinseher wird als die neue Bußpredigerin des Nockherbergs gehandelt.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Popularität, die man als Kabarettist damit erreichen kann, ist kaum zu steigern. Es ist so etwas wie ein Ritterschlag - oder müsste man in diesem Fall nicht sagen: Ritterinnenschlag? Denn Luise Kinseher wäre die erste weibliche Fastenpredigerin, statt des traditionellen "Bruder Barnabas" gäbe es dann eine "Schwester Barnabella oder Barnabarbie", wie Kinseher witzelt.

Freilich, der Barbie-Typ ist die 41-Jährige nicht gerade, auch wenn sie bei Bedarf wirklich ganz schön naiv dreinschauen kann. Das macht sie dann zum Beispiel in ihren Kabarettprogrammen, wenn es die Figur erfordert. Und da hat sie sich über die Jahre hinweg ein ansehnliches Typenrepertoire zusammengestellt, das in mittlerweile fünf Soloprogrammen immer wieder auftaucht: die kühle Hanseatin Helga Frese, die besoffene Maria, die nervig-fröhliche Gitti Lachner und natürlich die fleißig-nörglerische Frau Rösch.

Da lässt sich trefflich zeigen, was man alles drauf hat, schauspielerisch. Und das ist eine ganze Menge, wie sie auch in ihren Fernsehrollen zeigt, in den Franz-Xaver-Bogner-Serien "Café Meineid" etwa oder bei "München 7", wo sie die Revierleiterin Thekla Eichenseer spielte. Oder aber auch mal als "Bavaria" beim letzten Nockherberg-Singspiel im März und als Wirtin im umjubelten "Weißen Rössl" im Münchner Lustspielhaus, der diesjährigen Sommeroperette, die jedes Mal ausverkauft war.

Da war sie sowieso in ihrem Element, weil sie da - zusammen mit Severin Groebner als Oberkellner - die Rampensau so richtig rauslassen konnte, und auch, weil sie endlich einmal so richtig zum Singen kam. Das macht sie nämlich gern, kommt aber so selten dazu: "Beim Kabarett ist das immer gleich technisch so ein Riesenaufwand. Und ich bin ja eigentlich der Ansicht, dass man Kabarett auch auf einem Biertragl spielen können muss."

Wenn man sie so auf der Bühne sieht, möchte man kaum glauben, dass sie nie eine Schauspielschule besucht hat. Ihre Schule war die Sollner "Iberl-Bühne", das Volkstheater von Georg Maier. Luise Kinseher, im niederbayerischen Geiselhöring aufgewachsen, war damals nach dem Abitur am Straubinger Anton-Bruckner-Gymnasium nach München gekommen, um Germanistik und Theaterwissenschaften zu studieren.

Beim Praktikum im Grafenstein-Theaterverlag befand der damalige Verlagsleiter Roland Waitz, sie wäre eher was für die Bühne als für die Bibliothek - und weil es von ihrem bis dahin einzigen Bühnenauftritt ein Amateurvideo gab, leitete er das an Georg Maier weiter, der sie dann prompt engagierte. "Da stand ich dann und hab' gar nicht genau gewusst, was ich tun sollte, wenn der Maier sagte: ,Da gehst Du jetzt zur Tür hinaus!'"

"Ich hab praktisch immer Glück gehabt"

Sie hat es dann sehr schnell gelernt, hat neben dem Studium bis zu 240 Aufführungen im Jahr beim Iberl gespielt, fünf Jahre lang. Das war die eine Hälfte ihrer Ausbildung zur Kabarettistin, obwohl sie das damals noch gar nicht wusste. Die andere fand sich im Wirtshaus zum Fraunhofer, wo sie bediente, wenn sie nicht gerade Theater spielte. Bei diesen Gelegenheiten hat sie dann auch den Sigi Zimmerschied kennengelernt, der sie mit seinen Geschichten sofort faszinierte - wegen der Art, wie er seine Figuren zeichnete und wie er Geschichten erzählte. Schließlich schrieb sie sogar ihre Magisterarbeit über Zimmerschied, womit das Studium dann aber auch für sie beendet war.

Weil ihr klar war, dass sie eigentlich auf die Bühne wollte, fing sie 1998 an, ihr erstes Programm zu schreiben. Unter großen Schmerzen: "Die ersten Szenen hab' ich x-mal geschrieben, immer wieder weggeworfen. Da gab's viele Tränen!" Aber die Niederbayerin an sich ist ja stur, und irgendwann war es dann doch soweit. Das "Ende der Ausbaustrecke" war fertig, und ihr erstes Solo durfte sie dann gleich im Theater bei Heppel & Ettlich ausprobieren: "Der Wolle Ettlich hatte sechs Wochen im Herbst frei und hat mich gleich spielen lassen. Und von da an hab' ich praktisch immer Glück gehabt."

So kann man es auch sehen. Es folgten ziemlich schnell das Passauer Scharfrichterbeil, der deutsche Kleinkunstpreis und eine Reihe weiterer Auszeichnungen, und das schon mit dem ersten Solo. Das war natürlich ein glänzender Start, und so ungefähr sollte es dann auch weitergehen. Ihre Form des Kabaretts kam an - die etwas abstrusen Geschichten, die eben an Zimmerschied erinnern oder an Josef Hader, ihre beiden großen Vorbilder.

Da kommen dann eine Austauschschülerin vor, die "nie zurückgetauscht" wurde und nun auf der Suche nach der imaginären Heimat Wadlfing ist, in einem begehbaren Kleiderschrank mit eigenem U-Bahn-Anschluss landet und solche Sachen. Die aktuelle Tagespolitik kommt schon mal vor, aber am Rande, lieber sind Kinseher die großen Themen: der Tod, das Glück, die Freiheit etwa.

Jetzt, in ihrem neuen, fünften Programm "Einfach reich", das am Dienstag, 19.Oktober, in der Lach- und Schießgesellschaft Premiere hat, geht es um Geld und darum, was es dem Menschen bedeutet und was es aus ihm macht: "Da spiele ich eine Luise Kinseher, die ihren neuen Porsche satt hat und auf die Alm flüchtet, um mit den Kühen beim gemeinsamen Wiederkäuen arm, aber glücklich zu sein." Nicht allen ihren Figuren, die natürlich wieder auftauchen, ist das recht so, wie man sich denken kann.

Improvisiert und extemporiert wird auch im neuen Programm wieder - das Frotzeln und das Zusammenspiel mit dem Publikum ist ihr wichtig. Da kann sie ihr Bühnentalent voll ausspielen. Bei einer Fastenpredigt ist das jetzt nicht so gefragt. Aber die, das weiß man, hat natürlich wieder andere Qualitäten.

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