Lerchenau:Quietschen und Grummeln

Im Streit um den Lärmschutz an der Feldmochinger Kurve sieht der Bezirksausschuss die Politik in der Pflicht

Von S. Schramm, A. Naujokat, Lerchenau

Die Ansage ist eindeutig: Wir sind nicht zuständig. So lässt sich die Antwort der Stadt in einer Beschlussvorlage zur geplanten Reaktivierung der Feldmochinger Kurve in der Lerchenau zusammenfassen. Dabei geht es vor allem auch die Frage, wer für den Lärmschutz gegen den zunehmenden Zugverkehr im Viertel zuständig ist. Die Kurve, ein derzeit noch lückenhaftes Verbindungsgleis, soll reibungslos in die in der westlichen Lerchenau gelegene Gleisstrecke eingehen, die kaum lärmgeschützt ist und direkt neben Wohnhäusern verläuft. "Eine Lärmsanierung durch die Landeshauptstadt München ist nicht möglich, weil sie nicht der Baulastträger der Strecke ist", heißt es in der Vorlage. Die Vertreter des Stadtviertels sehen das anders.

Ähnlich direkt wie die Stadt erklärte auch der Vorsitzende des Bezirksausschuss (BA), Markus Auerbach (SPD), in der Mai-Sitzung des Gremiums seine Haltung, nach der er die Politik in der Pflicht sieht. Aus juristischer Perspektive habe die Stadt recht, legte Auerbach dar, es sei aber eine politische Entscheidung gewesen, dass der Verkehr auf Münchens Gütergleisen im Norden zunehme. Die Staatsregierung habe abgelehnt, dass der Brenner-Nordzulauf über Landshut und Mühldorf fahre. Nun solle er durch München kommen. "Die Stadt hat beschlossen, dass der Güterverkehr der Stadt nicht unbedingt durch die Stadt über den Südring fahren muss, sondern über den Nordring abgewickelt werden soll", sagte Auerbach. In beiden Fällen würde mehr Güterverkehr auch über das Gleis in der Lerchenau fahren. "Eine kleine Gruppe wird beinhart getroffen." Freistaat und Stadt sollten darum einen Lärmschutz finanzieren. Auch der "Aktionskreis contra Bahnlärm" ist über die städtische Position enttäuscht bis erbost: "Man lässt uns im Regen beziehungsweise im Lärm stehen", sagt Stefanie Bartle, Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen die Kurve. "Wir fühlen uns hier von der Stadt im Stich gelassen."

Der Bahn zufolge (und in der Beschlussvorlage wiederholt) können auf dem Gleis in der Lerchenau höchstens 48 Züge pro Tag fahren, mehr Verkehr sei nicht möglich, außer die Strecke München - Regensburg werde ausgebaut. "Jeder weiß, dass der Zugverkehr steigt", sagte CSU-Lokalpolitiker Christian Zöller im BA. "Diese Zusicherung ist genauso viel wert wie die Aussage, dass es am ersten Wiesn-Samstag nicht regnen wird."

Hoffnung setzen der Bezirksausschuss und der Aktionskreis nun auch in die baurechtliche Vergangenheit der Gleise in der Lerchenau. "Die historische Aufarbeitung der Genehmigung und Lage der Gleise, und welche rechtlichen Schlüsse daraus zu ziehen sind, sind nicht in der rechtlichen Tiefe abgearbeitet worden", sagte Markus Auerbach, das Planungsreferat solle noch einmal nacharbeiten.

Zumindest für eine Bemerkung in der städtischen Vorlage hatte der BA ein positives Wort übrig: Damit das Gleis benutzt werden kann, muss auch der Bahnübergang an der Wilhelmine-Reichard-Straße umgebaut werden. Dafür werde sich die Bahn in einem Planfeststellungsverfahren die Genehmigung holen müssen, stellt das Planungsreferat in dem Schreiben fest. Zum jüngst begangenen "Tag gegen Lärm" hat der Aktionskreis mit einer eigenen Messstation die Lautstärke der zehn Meter an den Wohnhäusern vorbeifahrenden Züge gemessen. Sieben Güterzüge hätten eine Lautstärke von mehr als 80 Dezibel gehabt, drei Züge hätten den Wert von 105 Dezibel überschritten, was der Kategorie Motorsäge entspreche.

Der benachbarte Bezirksausschuss in Moosach hat sich unlängst ebenfalls mit der Feldmochinger Kurve befasst und der Vorlage wegen des nicht vorgesehenen zusätzlichen Schallschutzes nur "zähneknirschend" zugestimmt. "Was bleibt uns anderes übrig?", sagte CSU-Fraktionssprecher Florian Wies und sprach von der "normativen Kraft des Faktischen". Bezirksausschuss und Stadtrat seien die Hände gebunden. "Aber Begeisterung sieht anders aus."

Anders als die BA-Kollegen des Gremiums von Feldmoching-Hasenbergl sehen die Moosacher jedoch kaum noch Möglichkeiten, um einzuhaken. Sie dürften wohl auch weniger betroffen sein als die Nachbarn. Zwar gehen auch sie von einer Zunahme des Güterverkehrs aus, doch mit der Aktivierung der Kurve fielen für den Stadtbezirk auch ein Teil der Wendefahrten in und aus dem Rangierbahnhof München Nord weg, hieß es in der Vergangenheit.

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