Lerchenau:"Der Eggarten ist nicht irgendein Acker"

Siedlung Eggarten

Als wäre die Zeit stehen geblieben: Kaum jemand kennt die versteckt gelegenen Häuschen und Gärten der Siedlung Eggarten.

(Foto: Florian Peljak)

Die Lokalpolitiker fordern vor einer Bebauung der grünen Idylle in der Lerchenau ein Gutachten über die landschaftliche Qualität der Kleinst-Siedlung. Bürger sollen in Workshops an der Entwicklung beteiligt werden

Von Simon Schramm, Lerchenau

Gegen die geplante Bebauung der Eggarten-Siedlung regt sich Widerstand. "Kein Arnulfpark, kein Leopold-Carré im Eggarten!" schreibt die Initiative Altstadtfreunde in einem Flugblatt, in dem sie den Erhalt "für dieses in München einzigartige Siedlungsgebiet" fordert und auf zwei Bauprojekte jener Unternehmen anspielt, die auch den Eggarten entwickeln wollen: die CA Immo (Arnulfpark) und die Büschl Unternehmensgruppe (Leopold-Carré). Auch der Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl steht einer aktuellen Beschlussvorlage kritisch gegenüber, nach der die Stadt mit den Eigentümern ein Strukturkonzept erarbeitet, mit dem Ziel einer vorwiegenden Wohnnutzung.

In der September-Sitzung hat der Bezirksausschuss die Vorlage abgelehnt und ein anderes Vorgehen vorgeschlagen: Er will zunächst ermittelt wissen, welcher Bestand der Siedlung so wertvoll ist, dass er bewahrt werden sollte. Außerdem sollen nach Ansicht der Lokalpolitik die Bürger noch vor Aufstellung eines Bebauungsplanes in Form eines Workshops beteiligt werden und beispielsweise nicht parallel zu den Arbeiten an einem Plan. Zusammengefasst: Im Münchner Norden steigt das Unbehagen, wie sehr sich die Siedlung im Zuge der Bebauung verändern könnte.

Noch ist der Eggarten eine grüne, stille Idylle neben der Lerchenau. Dass sich das irgendwann ändern wird, ist schon länger bekannt. Zwei Drittel des Geländes gehören der CA Immo, die Büschl-Gruppe hat den Rest 2016 erworben. Seitdem sprechen die Unternehmen über ihre Pläne für den Eggarten. Zur diesjährigen Bürgerversammlung forderten Martin Schreck von den Altstadtfreunden und auch ein Bewohner die Erhaltung der Kleinst-Siedlung. Diesem Anliegen will die Stadt nicht entsprechen. Sie verweist auf den enormen Bevölkerungszuwachs und Siedlungsdruck in München, der bis 2035 prognostiziert wird. Die Stadt will mit den Eigentümern ein Konzept erstellen, in dem Nutzungsverteilung, das Maß der baulichen Nutzung, die Einbindung in die Landschaft und die Freihaltung von Grünverbindungen berücksichtigt werden. Dem Bezirksausschuss geht das nicht weit genug, er will nun eine detaillierte Prüfung über den Bestand durchsetzen. Dazu hat er Einsicht in bestehende Gutachten verlangt, auf denen die ursprüngliche Qualität der einzelnen Parzellen dokumentiert sei, erklärt Gremiumschef Markus Auerbach (SPD). Einfließen in die Bewertung sollen auch Untersuchungen, welche schützenswerten Tier- und Pflanzenarten vorkommen.

Martin Schreck vom Verein der Altstadtfreunde warb in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschuss dafür, sich für die grüne Oase einzusetzen. "Der Eggarten ist nicht irgendein Acker", sagte er. Im Papier des Vereins heißt es, die Bebauung sei "ein Milliardengeschäft für wenige, zu Lasten der Natur, der Lebensqualität und unserer Stadt, die immer mehr an Identität und Attraktivität verliert". Der Verein verweist auf die lange Siedlungsgeschichte, etwa als Fasanerie der Wittelsbacher. Martin Schreck will weitere Unterstützer für sein Anliegen gewinnen, etwa andere Initiativen im Münchner Norden oder Naturschützer. Wie die Altstadtfreunde weiter vorgehen, ist noch offen.

Auf dem Gelände gibt es Grundstücke, die ungenutzt sind, andere sind nur zum Gärtnern gepachtet, manche Bewohner in den etwa 20 bestehenden Gebäuden haben ein lebenslanges Wohnrecht. Die Altstadtfreunde gehen davon aus, dass die Einwohner und Pächter vertrieben werden. Allerdings hat das Planungsreferat es schon zur Voraussetzung für die Entwicklung des Gebietes gemacht, dass es eine Lösung für die derzeit noch bewohnten Bereiche geben müsse. In der Beschlussvorlage schreibt das Planungsreferat, die Unternehmen suchten mit den Pächtern und Bestandsmietern "einvernehmliche und sozial verträgliche Lösungen im Hinblick auf die Überplanung der Siedlung".

Kritisiert hat Ausschuss-Chef Auerbach auch, dass das benachbarte Bürgergremium für Moosach zur Beplanung des Eggartens Stellung bezogen hat. Die Bezirksausschuss-Satzung räumt denjenigen Gremien ein Anhörungsrecht ein, auf deren Stadtbezirk sich Entscheidungen, Maßnahmen oder Einrichtungen aus anderen Stadtbezirken auswirken können. Die Moosacher wollen mitreden, weil die Kolonie unmittelbar an der Grenze zum Stadtteil liegt und je nach Dimension die Bebauung auch für Moosach Folgen haben könnte, etwa verkehrlich. Eine "völlig beknackte Argumentation" sei das, sagte Auerbach. "Wir haben bei denen auch nix zu melden."

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