Lerchenau:Der Abriss ist besiegelt

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Aus Sicht der zuständigen Behörde erfüllt das Zehentbauer-Haus nicht die Vorgaben des Denkmalschutzes. Die Raiffeisenbank-Stiftung plant an seiner Stelle den Neubau einer Bankfiliale und eines Wohngebäudes

Von Simon Schramm, Lerchenau

Am Ende hat auch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege das Zehentbauer-Haus an der Lerchenauer Straße 206 nicht mehr gerettet: Die Behörde hat nach monatelanger Untersuchung keine Schutzwürdigkeit des Gebäudes festgestellt, da entscheidende Denkmalwerte nicht mehr vorhanden seien. Die vermeintliche Hürde des Denkmalschutzes steht dem geplanten Abriss des Künstlerhauses damit wohl nicht mehr entgegen. "Das ist sehr bedauerlich", sagt Karola Kennerknecht vom Bürgerverein Lerchenau. "Damit wird das einzige identitätsstiftende Bauwerk im Viertel aus der Entstehungszeit der Lerchenau abgerissen". Kennerknecht und viele weitere Bewohner des Viertels hatten sich dafür eingesetzt, das Gebäude zu erhalten. Ein kleiner Trost: Zumindest den Atelierraum in dem Gebäude könnte man retten, empfiehlt die Behörde dem Eigentümer des Anwesens, der Stiftung Raiffeisenbank München-Nord. Wie die Bank-Stiftung der SZ mitteilt, ändere das Ergebnis des Denkmalamts aber nichts am derzeitigen Sachstand.

Trotz Petition im Internet und Demo auf dem Grundstück: Die Anstrengungen zum Erhalt des Zehentbauerhauses haben nicht gefruchtet, es wird abgerissen. (Foto: Stephan Rumpf)

In dem das Ortsbild der Lerchenauer Straße prägenden Künstlerhaus hatte der Bildhauer und Krippenschnitzer Otto Zehentbauer bis zu seinem Tod 1961 gelebt. Bekannt ist der Künstler für seine Weihnachtskrippen in Klöstern und Kirchen, seine Figuren stehen unter anderem im Aachener Dom, im Dom zu Speyer und in der Münchner Frauenkirche. Es ist ein Vorhaben der Stiftung der Raiffeisenbank München-Nord, wegen dem die Prüfung zum Denkmalschutz überhaupt angeregt wurde. Der Bank-Stiftung wurde das Grundstück Anfang des vergangenen Jahres verkauft, nach dem Tod des Schwiegersohns und Erben von Otto Zehentbauer, Gerd Schramm. Im Sommer erreichte den Bezirksausschuss dann ein Antrag für den Abriss des Hauses sowie für einen Neubau einer Bankfiliale und eines Wohnhauses. Dagegen formierte sich schnell viel Widerstand: Eine Petition im Internet wurde eingerichtet, es fand eine große Demonstration vor dem Gebäude statt, sogar einzelne Münchner Stadträte und ein Abgeordneter des Bayerischen Landtags plädierten für den Erhalt; zuletzt sollte die mögliche Denkmalwürdigkeit des Anwesens einen Abriss verhindern.

Bis zu seinem Tod 1961 hatte hier Otto Zehentbauer gelebt und gearbeitet. (Foto: Reinhard G. Nießing)

Aus der Sicht des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege erfüllt das Gebäude aber nicht die Voraussetzungen, um als Baudenkmal zu gelten, weil es seit der Errichtung und schon zu Lebzeiten von Otto Zehentbauer und auch in der Folgezeit stetig verändert worden sei: An- und Ausbauten hätten die Grundrisse stark verändert, Elemente aus der Bauzeit von 1911 seien kaum erhalten, die ursprüngliche Innenausstattung sei fast nicht mehr nachvollziehbar. Trotzdem weist das Denkmalamt auf die identitätsstiftende Wertigkeit des Gebäudes für die Lerchenau hin, die eben aufgrund des Erbauers und langjährigen Bewohners Zehentbauer bestehe. Am Atelierraum im Künstlerhaus könne diese Qualität noch abgelesen werden, es solle geprüft werden, ob die Erhaltung des Raumes möglich wäre. Inwiefern der Neubau einer ganzen Bankfiliale mit dem gleichzeitigen Erhalt des Raumes vereinbar ist, ist allerdings fraglich. Der Bayerische Landesdenkmalrat, ein Beratungsgremium der bayerischen Regierung, befasst sich derzeit noch mit der Entscheidung über das Zehentbauer-Haus - falls er die Einschätzung des Landesamtes nicht teilt, hat immer noch die Stadt das letzte Wort.

Bereits im vergangenen Herbst hatte Stadtbaurätin Elisabeth Merk in einer Antwort auf eine Stadtratsfrage angekündigt, dass ohne Vorliegen einer Denkmaleigenschaft die Verwaltung keine Möglichkeit habe, die Abrissgenehmigung zu verweigern. Die Bank-Stiftung hatte im Herbst gesagt, sie würde das Anwesen wieder verkaufen, wenn ein Investor ein geeignetes Ersatzgrundstück in der Lerchenauer Straße anbiete. Es hatte sich keiner gefunden.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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