Lehel:Ins Leere gezielt

Lokalpolitiker unternehmen einen neuen Anlauf zur Belebung des "Lehel Carré" - doch das ist längst komplett vermietet

Von Alfred Dürr, Lehel

In dem Bürokomplex namens "Lehel Carré" auf dem Areal zwischen Stern-, Gewürzmühl-, Tattenbach- und Robert-Koch-Straße sollen nach dem einstimmig gefassten Beschluss des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel (BA) bis zu 80 Künstler unterkommen. Auf dem Gelände der ehemaligen Funkkaserne in Freimann, in den Domagkateliers, sei nämlich kein Platz mehr, sagt Markus Stadler (Grüne), und die Nachfrage nach Räumen sei enorm. Im Lehel Carré dagegen stünden noch genügend freie Flächen zur Verfügung.

Realistisch ist dieser spezielle Belegungsbeschluss allerdings nicht, das weiß auch der BA. Aber das Gremien sieht seine Forderung auch als Ausdruck des Protestes. Schon seit Längerem versucht der Bezirksausschuss mit etwas merkwürdig klingenden Vorschlägen auf die besondere Situation des mächtigen Bürogebäudes im Lehel hinzuweisen.

So schlugen die Lokalpolitiker Ende 2015 vor, dort 200 bis 300 Flüchtlinge unterzubringen. Später kam man auf die Idee, das Lehel Carré als Ausweichquartier für die Schüler des Wilhelmsgymnasiums zu nutzen, während das traditionsreiche Schulgebäude renoviert und umgebaut wird.

Eigentümer und Bauherr des Bürokomplexes ist die im Lehel beheimatete Versicherungskammer Bayern. Vor gut zehn Jahren wurden verschiedene Einzelgebäude, die von der Mitte der Dreißigerjahre bis hinein in die Sechzigerjahre neben dem historischen Stammsitz der damaligen Bayerischen Versicherungskammer errichtet wurden, behutsam renoviert und durch Um- und Neubauten ergänzt. Das Münchner Architektenbüro Wilfried Claus und Günter Forster wollte mit diesem Büroquartier keinen Fremdkörper im Viertel schaffen, aber trotzdem moderne Akzente setzen. Das Lehel Carré galt von Beginn an als eine herausragende Gewerbeimmobilie mit besonderer Note.

Der Komplex war ganz und gar auf einen einzigen Mieter zugeschnitten - die Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) mit ihren damals rund 600 Mitarbeitern. Die fünf über das gesamte Stadtgebiet verteilten Standorte sollten in einem Gebäude, das sich auf dem neuesten Stand der Bürotechnik befand, zusammengefasst werden. Bereits 2007 wurde ein Mietvertrag über 15 Jahre geschlossen.

Doch dann kam die internationale Finanzkrise, von der die HRE als einer der größten europäischen Anbieter von Immobilienfinanzierungen existenziell betroffen war; wegen der Turbulenzen galt bei der Bank ein rigoroser Sparkurs. Der geplante Umzug in das maßgeschneiderte Lehel Carré konnte nicht stattfinden, 2009 wurde die HRE verstaatlicht. Das Unternehmen schrumpfte deutlich und suchte sich einen kostengünstigeren Standort. Die Versicherungskammer pochte jedoch auf den Mietvertrag mit der Bank.

"Das Problem ist, dass die Steuerzahler den Banken-Bankrott finanzieren müssen", beklagt der stellvertretende BA-Vorsitzende Wolfgang Püschel (SPD). Das geplatzte Geschäft zwischen der HRE und der Versicherungskammer zog in der Tat einiges an Kosten nach sich; größere Umbauten im Lehel Carré wurden nötig, um Platz für mehrere Unternehmen zu schaffen. Teilweise standen Flächen leer, die Miete musste trotzdem überwiesen werden. Püschel: "Wir wollten das nicht einfach akzeptieren und stattdessen zeigen, wie man das Haus sinnvoll nutzen kann."

Bei der HRE räumt man die Probleme mit dem Komplex ein. Da es auf nur einen Mieter zugeschnitten gewesen sei, habe man anfangs Schwierigkeiten mit der Einzelvermarktung der Flächen gehabt. Doch jetzt ziele die Kritik des Bezirksausschusses mit seinen Vorschlägen ins Leere, denn: "Inzwischen ist das Lehel Carré vollständig vermietet."

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