Leerstand in der Pilotystraße:Pinselsanierung bleibt auf der Strecke

Leerstand in der Pilotystraße: Kinder freuen sich über den Erhalt des Bolzplatzes bei der Glockenbachwerkstatt.

Kinder freuen sich über den Erhalt des Bolzplatzes bei der Glockenbachwerkstatt.

(Foto: Robert Haas)

Der Streit über die maroden Häuser in der Müllerstraße und das Haus in der Pilotystraße hat zu einer Debatte darüber geführt, ob es immer eine aufwendige Sanierung sein muss. Die CSU ist für eine Sparvariante, kann sich aber nicht durchsetzen.

Von Thomas Anlauf und Dominik Hutter

Müssen städtische Häuser stets wohlsaniert sein oder tut es auch mal ein Provisorium? Im Stadtrat ist eine Debatte über die baulichen Standards im kommunalen Wohnungsbestand ausgebrochen. Auf die Seite der Billigheimer hat sich die CSU geschlagen, die findet, dass die Stadt - siehe das frühere Heizkraftwerk in der Müllerstraße - schon genug Luxusprojekte auf den Markt geworfen hat. Was SPD und Grüne energisch zurückweisen. Mit Bruchbuden, die enorme Heizkosten verursachen, sei den Mietern auch nicht geholfen, beteuerten die Rathaus-Koalitionäre am Donnerstag im Kommunalausschuss.

Auf der Tagesordnung stand der Gebäudekomplex, der seit der provisorischen Nacht-und-Nebel-Aktion der Satireorganisation "Goldgrund" als Symbol gilt - für eine Stadt, die ihre Wohnungsprobleme nicht mehr im Griff hat: die Müllerstraße 2 bis 6, direkt an der Ecke zur Corneliusstraße. Das Kommunalreferat hatte ursprünglich vorgeschlagen, die drei Häuser abzureißen und stattdessen einen neuen Wohnblock zu errichten. Was zu erheblichen Protesten im Gärtnerplatzviertel führte, da dies das Aus für den beliebten Bolzplatz der benachbarten Glockenbachwerkstatt bedeutet hätte.

Inzwischen hat Kommunalreferent Axel Markwardt andere Pläne. Demnach bliebe das 1958 erbaute Eckhaus erhalten und wird nach dem Stand der Technik generalsaniert - neue Bäder, mehr Brandschutz, eine bessere Wärmedämmung und eine moderne Heizung. Die beiden maroden Altbauten Müllerstraße 2 und 4 sollen abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Der Bolzplatz bliebe dabei erhalten. Fünf Millionen Euro kostet diese "nachhaltige Sanierungslösung", wie Markwardt schwärmt. Zusätzlicher Wohnraum für 19 Münchner, in absehbarer Zeit realisierbar und dazu noch zu bezahlbaren Mieten - für den Referenten gibt es keine bessere Lösung. Auch wenn einige Neubauvarianten, die eine Verschmälerung der Corneliusstraße zur Folge hätten, durchaus über Charme verfügten. Nur: Die dafür notwendigen Planungsverfahren verschlingen zu viel Zeit.

Das finden auch SPD und Grüne. Zwar wurde die Entscheidung auf Bitten des örtlichen Bezirksausschussvorsitzenden ins Plenum am 19. Februar vertagt. Es zeichnet sich aber bereits ab, dass SPD und Grüne den Vorschlag des Kommunalreferats mittragen werden. CSU-Fraktionsvize Hans Podiuk kann hingegen mit der Lobeshymne aus dem Hause Markwardt nichts anfangen. "Wir brauchen kein Wolkenkuckucksheim, sondern Lösungen jetzt sofort", erklärt er. Dafür sei eine "Pinselsanierung" der drei bestehenden Häuser völlig ausreichend.

Die hatte Markwardt übrigens ebenfalls untersuchen lassen: 1,5 Millionen Euro würde es kosten, die Häuser notdürftig herzurichten. Die Summe ist deshalb so hoch, weil die Häuser bereits in einem beklagenswertem Zustand sind und deshalb ein bisschen Wandfarbe nicht ausreicht. Dann aber, so SPD und Grüne, kann man auch gleich richtig sanieren.

Eine ähnliche Position hat die CSU bereits bei dem leerstehenden Stiftungsgebäude an der Pilotystraße 8 bezogen, dessen Sanierung nach Auskunft des Sozialreferats so teuer wird, dass die späteren Mieten den Mietspiegel sprengen. Die CSU plädierte daraufhin für die 822 000 Euro-Sparvariante, konnte sich aber nicht durchsetzen. Der Stadtrat sprach sich schließlich für eine Sanierung für 2,9 Millionen aus.

Diesen Beschluss wollen die Genossen auf Betreiben ihres OB-Kandidaten Dieter Reiter jetzt aber wieder kassieren. Die Sozialdemokraten beantragten am Donnerstag eine Prüfung, wie das Haus doch noch so hergerichtet werden kann, dass die Mieten bezahlbar bleiben. Hintergrund der Panne, die im Plenum des Stadtrates repariert werden soll, sei ein Fehler im Sozialreferat, schäumt SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. Die Behörde habe sich schlicht verrechnet und ihre Zahlen inzwischen zurückgenommen. Nach SZ-Informationen hatte zudem die Stiftungsverwaltung die Maximalsanierung vorgeschlagen, um möglichst viel Rendite zu erzielen. Mitarbeiter des Sozial- und Planungsreferats müssen nun möglichst schnell ein Konzept entwickeln, wie die Mieten unter den Mietspiegel gedrückt werden können. Möglicherweise wird es ein Förderungskonzept sein mit Sozialwohnungen und Wohnungen nach dem München-Modell.

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