Leben nach der Katastrophe:Unterwegs nach Batticaloa

Monika-Maier-Albang hat eine Reise nach Batticaloa angetreten, direkt in den vom Tsunami verwüsteten Ort. Sie will sich ein Bild von den Menschen und ihrer Heimat machen, die nur allmählich wieder zu existieren beginnt. Von unterwegs berichtet sie aus Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas.

Sie gehen schon wieder ins Wasser. Kinder stecken ihre Zehenspitzen in die Wellen, junge Männer bespritzen sich gegenseitig und laufend kichernd an den Liebespaaren vorbei, die sich - unter Regenschirmen versteckt - zärtlich berühren.

Leben nach der Katastrophe: An Nähe verloren: Mindestens 100 Meter Abstand müssen die Häuser der Fischer künftig zum Meer einhalten.

An Nähe verloren: Mindestens 100 Meter Abstand müssen die Häuser der Fischer künftig zum Meer einhalten.

(Foto: Foto: dpa)

Ein Warnschild hat die Stadtverwaltung erst kürzlich aufgestellt: Vorsicht! Nicht schwimmen! Die Brandung war hier, an der Uferpromenade von Colombo, seit jeher gefährlich. Nicht erst seit dem Tsunami. Doch noch nicht einmal nach den Todeswellen lassen sich die Menschen davon abhalten, wenigstens ihre Füße im Wasser abzukühlen.

Sri Lankas Hauptstadt liegt an der Westküste, der Tsunami aber hat im Norden und Osten des Landes gewütet. In Colombo pulsiert das Leben, so, als wäre nichts geschehen. Tuk-Tuks, dreirädrige überdachte Minitaxis, hupen sich durch die Straßen, überfüllte Busse verpesten die Luft.

Den Tod sieht man erst auf den zweiten Blick

Dass in Sri Lanka mindestens 35.000 Menschen ihr Leben verloren haben, merkt man erst auf den zweiten Blick. Da sind die kanadischen Militärs, die braungebrannt, abgekämpft und wortkarg in der Hotellobby sitzen. Oder man trifft den buddhistischen Mönch Kondanna, der sich selbst als Reverend bezeichnet, weil er eigentlich in New York lebt, aber zurück in die alten Heimat kam, um zu helfen. Im Gangarama-Tempel im Stadtzentrum lernen wir ihn kennen.

Neben dem Becken mit den Goldfischen haben die Mönche einen Zettel aufgehängt: "donations for the Tsunami-vicitims" kann man hier abgeben. Und am Eingang schwatzt die Kassiererin Devika Jayatung drei Japanern Eintrittskarten fürs abendliche Tempelfest, Navam Perahera" auf - 30 Dollar das Stück, ein angemessener Preis für 30 geschmückte Elefanten und hundert Tänzer, noch dazu, wo Bill Clinton auf seinem Tsunami-Hilfs-Tripp fast vorbeigekommen wäre. 30 Dollar mal drei macht 90 Dollar für die Obdachlosen - wieder ein provisorisches Haus für eine Familie. 12 davon stehen auch in Batticaloa.

Das ganze Land hilft, so gut es geht

Pallettenweise haben die Mönche Sperrholzplatten gekauft, dazu Eisenstangen und Eternitplatten fürs Dach. Die provisorischen Häuser verteilen sie an der Küste an die, die es brauchen, egal ob Hindu, Christ, Moslem oder Buddhist, sagt Reverend Kondanna. Das ganze Land hilft, so gut es eben geht.

Herr Banduwardawa etwa, der normalerweise in Colombo als Taxifahrer arbeitet und damit nicht schlecht verdient, hatte sich Mitte Februar eine Woche frei genommen und war nach Batticaloa gefahren. Dort half er Hausdächer decken. Er hat keine Verwandten im Tamilengebiet, ist selbst Singhalese. "Sie suchten Freiwillige, also bin ich gegangen", sagt er. Nächste Woche will er noch einmal nach Batticaloa fahren, damit noch mehr Menschen dort die Zelte verlassen können. Vielleicht treffen wir ihn dort. ______________________________________________

Hilfe für Batticaloa Das Gebiet um die Stadt Batticaloa an der Ostküste von Sri Lanka ist von der Flutwelle am 26. Dezember weitgehend zerstört worden. Die Stadt braucht Hilfe für den Wiederaufbau. Familien brauchen wieder Obdach, die Kinder wieder Schulen, die Kranken ein Krankenhaus und die Waisen ein Heim und Patenschaften.

Die Stadt München ist Batticaloa durch ein EU-Projekt schon länger verbunden. Sie hat nach der Katastrophe ihre Hilfe verstärkt und wird diese langfristig betreiben.

Auch die Süddeutsche Zeitung unterstützt mit einer Spendenaktion die Opfer der Flutkatastrophe. SZ-Autorin Monika-Maier-Albang reiste nun nach Batticaloa, um sich ein Bild davon zu machen, wie die Menschen an einem Ort zurechtkommen, der nur allmählich wieder zu existieren beginnt.

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