Leben im Siemens-Hochhaus:Schöner Wohnen in Obersendling

Wohnhochhäuser an der Siemensallee in München, 2014

Hubert Haupt hat das Wohnquartier Südseite entwickelt. Nun will er das Siemens-Hochhaus (im Hintergrund) in ein Wohnhaus umbauen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Lange war das Siemens-Hochhaus in Obersendling das höchste Gebäude der Stadt. Der Industrie-Gigant hatte einst viel mit dem Hochhaus vor, doch aus den Plänen wurde nichts. Nun will Investor Hubert Haupt in dem einstigen Büroturm 250 Wohnungen einrichten.

Von Alfred Dürr

Er kennt sich aus mit Sportautos - und inzwischen auch mit der keineswegs einfachen Münchner Immobilienszene. Hubert Haupt hat früher erfolgreich an der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft und anderen Motorsportveranstaltungen teilgenommen. Seit zehn Jahren ist er kein Rennfahrer mehr. Bei den Fahrzeugen verzichtet er auf schnelle Flitzer und liebt es etwas komfortabler. In der Tiefgarage der von ihm konzipierten Bürohaus-Anlage an der nördlichen Leopoldstraße, in dem auch die Arbeitsräume seines Unternehmens sind, parkt ein luxuriöses, in England gefertigtes Fahrzeug.

Als Immobilien-Entwickler geht Haupt aber immer noch keinem Risiko aus dem Weg. Richtungsweisende und innovative Projekte will er schaffen. Das ist seine Vision. Der Bürokomplex NU-Office in der Parkstadt Schwabing gilt als ein Konzept, das international Maßstäbe hinsichtlich Nachhaltigkeit und Energieeffizienz setzt. Buchstäblich herausragend ist das sogenannte Siemens-Hochhaus in Obersendling, bei dem große Veränderungen anstehen. Auf den einstigen Büroflächen sollen 250 Wohnungen entstehen.

Leben im Siemens-Hochhaus: Zwischen 3000 und 8000 Euro pro Quadratmeter sollen die Wohnungen im ehemaligen Siemens-Hochhaus kosten. Simulation: Haupt Immobilienmanagement

Zwischen 3000 und 8000 Euro pro Quadratmeter sollen die Wohnungen im ehemaligen Siemens-Hochhaus kosten. Simulation: Haupt Immobilienmanagement

(Foto: Haupt Immobilienmanagement)

Im Nachkriegs-München war das markante Bauwerk mit 75 Metern Höhe und 23 Stockwerken lange Zeit das höchste Gebäude der Stadt. Kurz nach der Jahrtausendwende hatte Siemens viel vor mit seinem traditionsreichen Betriebsgelände. Geplant war ein spektakuläres neues Büro- und Wohnquartier mit einem architektonischen Wahrzeichen: Der Bau des Architekten Hans Maurer sollte zwei moderne Hochhaus-Nachbarn erhalten. Doch aus den hochfliegenden Plänen wurde nichts. Obersendling als hipper und riesiger neuer Büro-Standort in München - dieses Kalkül ging dann doch nicht auf. Siemens stutzte seine Pläne rigoros, und wollte vor allem das sanierungsbedürftige Hochhaus loswerden.

Ein verlockendes Angebot

Haupt griff beherzt zu. 500 000 Euro habe er Ende 2005 auf den Tisch gelegt, erzählt er heute. Bekommen hat Haupt ein asbestverseuchtes Haus. Auto-Stellplätze konnten nicht nachgewiesen werden. Die Fassade stand unter Denkmalschutz. "Das waren alle Katastrophen, die man sich nur vorstellen kann", sagt Haupt. Aber der Preis war höchst verlockend: "Dafür kann man ein paar Probleme in Kauf nehmen."

Die Asbestsanierung und der Nachweis von Stellplätzen seien in den Griff zu bekommen, sagt Haupt. Doch wie sollte das stadtbildprägende Hochhaus künftig genutzt werden? Eine Vermarktung als Büroimmobilie schied schnell aus. Der Münchner Süden sei als Gewerbestandort nicht gerade heiß begehrt. "Die Firmen orientieren sich lieber nach Norden, in Richtung Flughafen", sagt Haupt. Auch ein Abriss schied aus, denn das Siemens-Hochhaus gilt als ein prägendes Zeugnis der Moderne.

Büros zu Wohnungen - das bot sich als Lösung an. Ein durchaus fortschrittlicher Ansatz. Denn das Hochhaus ist nicht nur baugeschichtlich und im Hinblick auf die Stadtgestaltung interessant. In dem Gebäude ist eine riesige Menge von Energie und Ressourcen gebunden. Solche Bestände sollten nicht vernichtet, sondern weiterentwickelt werden. Diese Forderung von Fachleuten wird immer lauter.

Kritik an der neuen Nutzung

Doch quer durch alle politischen Parteien regten sich im örtlichen Bezirksausschuss sehr schnell Bedenken und Kritik an einer neuen Nutzung. Eine Fülle von Einwänden wurde vorgebracht, mit Warnungen vor negativen Folgen für das Viertel. Auch ein Abriss wurde debattiert. Man brauche kein vertikales Luxusgetto.

Leben im Siemens-Hochhaus: Die Fassade im ehemaligen Siemens-Hochhaus soll der neuen Nutzung angepasst werden. Simulation: Haupt Immobilienmanagement

Die Fassade im ehemaligen Siemens-Hochhaus soll der neuen Nutzung angepasst werden. Simulation: Haupt Immobilienmanagement

(Foto: Haupt Immobilienmanagement)

Der Investor ist empört: "Dringend benötigte neue Wohnungen werden blockiert, da fehlen mir die Worte." Das klassische Feindbild des unersättlichen Investors, der nur Geld scheffeln wolle, werde aufgebaut. Der angespannte Markt brauche neue Wohnungen und keine weiteren Verzögerungen, die der Bezirksausschuss ohne sachliche Grundlage betreiben wolle.

Außergewöhnliche Konzeption und Optik

Mit dem Wohnhochhaus "The Seven" in der Müllerstraße sei sein Projekt nicht zu vergleichen, sagt Haupt. Bis zu 25 000 Euro für den Quadratmeter sind für die Wohnungen in dem umgebauten Heizkraftwerks-Turm in bester Innenstadtlage gezahlt worden. In Obersendling sei man davon weit entfernt. Haupt nennt für die geplanten Wohnungen im Siemens-Hochhaus Quadratmeter-Preise zwischen 3000 und 8000 Euro. Von "reinem Luxus" könne angesichts des in München vorhandenen Preisniveaus keine Rede sein.

Das ehemalige Siemens-Areals in Obersendling hat sich bereits deutlich verändert. Haupt hat das Quartier Südseite entwickelt mit 1000 Wohnungen, teils in fünf Hochhäusern - für Münchner Neubaugebiete bedeutet das eine außergewöhnliche Konzeption und Optik. Nun geht die Entwicklung um das benachbarte geschichtsträchtige Hochhaus an der Baierbrunner Straße 54 weiter. Dort ist der "Campus Süd" geplant. 1000 Wohnungen sollen im unmittelbaren Umfeld des Hochhauses entstehen, 250 im Turm. Der Stadtrat hat im Sommer die Weichen für diese Entwicklung gestellt. Ein Architektenwettbewerb ist ausgelobt. Mit Ergebnissen ist Anfang kommenden Jahres zu rechnen.

Der einfachste Weg wäre gewesen, das Hochhaus abzureißen, sagt Haupt: "Ich mache es mir nicht einfach und stehe zu dem Projekt." München, sagt der Investor, verdiene eine "mutige und innovative Architektur". Die Stadt brauche keine langweiligen Stangenbauten aber auch keine kaum mehr bezahlbaren Luxusimmobilien. Das ehemalige Siemens-Hochhaus wird wohl eine neue Fassade bekommen. Dabei darf aber das Erscheinungsbild nicht grundlegend beeinträchtigt werden. Das Hochhaus steht beispielhaft für den Wiederaufbau und es kann Zeichen setzen für das heutige München. Damit wäre es eine Bereicherung nicht nur für den Süden, sondern für die ganze Stadt.

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