Le Sud:Die Tücken der Freundschaft

Freunde können mit Ideen begeistern, manchmal muss man aber auch Nachsicht walten lassen. So im "Le Sud", wo ein Deutscher Französisches kocht.

Mirja Kuckuk

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Le Sud; Kuckuk

Deutscher Chef in französischer Küche: Ludwig Hölzl traut es sich.

(Foto: Foto: Kuckuk)

Wenn Angela Merkel ihren französischen Kollegen zum Grünkohlessen einlädt (so geschehen Anfang März), kann das unterschiedliche Assoziationen hervorrufen. "Oh, ihr Lieblingsessen! Sie verzeiht ihm also!", denkt der Deutsche, sich erinnernd, dass Sarkozy die Freundschaft jüngst etwas strapaziert hatte.

"Oh là là, Grünkohl! Rache ist grün", schießt es hingegen dem Franzosen durch den Kopf. Denn seine körperliche Konstitution ist dank luftigen Baguettes seit Kindertagen und leicht zu schlürfender Austern weder für schweres Schwarzbrot noch deftigen Kohl gemacht.

Welche Strategie Merkel nun wirklich verfolgte, ist an dieser Stelle nicht zu klären. Festzustellen ist, dass Sarkozy die Grünkohl-Sitzung unbeschadet überstanden hat. Erfreulich zudem: Obwohl Deutsche und Franzosen kulinarisch wenig gemeinsam haben, dies einer Freundschaft nicht im Wege steht. Einigt man sich einfach darauf: Der Deutsche verehrt die französische Küche, der Franzose auch.

Um Freundschaft geht es auch Ludwig Hölzl. Der Chef cuisinier brachte den französischen Süden nach Schwabing. Im "Le Sud" ist der Gast "nicht irgendein König, sondern ein Freund". Geboten werden ihm Klassiker wie Marseiller Fischsuppe, Coq au Vin und täglich wechselnde Nouvelle Cuisine. Das Interieur strotzt nur so vor importiertem Dekor. Schnell ist klar: Da ist ein Kenner und Liebhaber am Werk.

Austern mit Schwarzbrot - darf man das?

Wenn nun ein "Exil"-Franzose ein französisches Restaurant besucht, sind die Erwartungen naturgemäß hoch. Denn a) sucht er das Gefühl und den Geschmack der Heimat. Und b) repräsentiert hier schließlich jemand seine kulinarische Heimat. In der Küche wird nur deutsch gesprochen - ein weiterer Grund genau hinzuschmecken.

Als sicherer Indikator für das savoir faire sollen Austern dienen. Tsarskaya-Austern - eine extra große Sorte, einst für die russische Zarenfamilie gezüchtet. Sie werden gereicht mit einer wunderbaren Vinaigrette aus eingelegten Schalotten. Und dazu - oh là là - zwei Scheiben Pumpernickel (tiefschwarz) mit englischem Käse! Die Freundschaft hält aber stand, denn alles harmoniert hervorragend. Zudem sind 1,90 Euro pro Auster ein wirklich fairer Preis.

Leicht gepfeffert

Der Service ist aufmerksam und (original!) französisch charmant. Für Freunde mit mäßigem Hunger werden Zwischengerichte angeboten. Eine mit Couscous und Ziegenkäse gefüllte Tomate mit ein bisschen Grün an der Seite ist allerdings nur preislich in dieser Kategorie anzusiedeln (8,50 Euro). Satt wird man davon selbst mit kleinem Appetit nicht.

Leicht gepfeffert auch der Preis für fünf Scampi (16,50 Euro). Denn Vichy-Karotten, Gratin Dauphinois oder gegrillter Fenchel als Beilage müssen - "wie in Frankreich üblich" - extra bestellt werden. Darauf könnte man sich freundschaftlich verständigen, entspräche die Qualität dem Preis. Der für 3,50 Euro zusätzlich gewählte Blattspinat aber hängt schlaff in seinem Schüsselchen, die Prise Muskat hilft da auch nicht weiter.

Aber - wie man das bei Freunden gerne macht - lässt man Nachsicht walten. Denn darüber hinaus wirkt der Blick in die offene Küche absolut vertrauensbildend: Hier wird beherzt gekocht. Der Service wartet schon an der Durchreiche, während der Chef die Teller frisch anrichtet, die Sauce püriert, das Kartoffelpüree zur gefüllten Bresshuhnbrust (20,50 Euro) noch ein letztes Mal aufschlägt und einen Zweig marinierten Rosmarin darauf drapiert.

Das Ergebnis dieses deutsch-französischen Freundschaftsbesuchs: Eine Deutsche, leicht enttäuscht über matschiges Grün, dafür aber hinreichend angetan von den Scampi mit kräftigem Fischfonds. Und ein Franzose, dem Austern und Crème Brûlée die dringend nötigen Heimatgefühle schenkten. Mit dem "Le Sud" verbleiben sie in Freundschaft.

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