Landwirte klagen über Verbissschäden:Die Biber sind los

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Die Biber nagen an immer mehr Stellen in der Stadt und im Landkreis München - das führt zu Konflikten. (Foto: Florian Peljak)

Im Landkreis München sind 53 Biber-Reviere registriert, besonders im Norden fühlen sie sich wohl. Doch auf große Gegenliebe stoßen die Nager nicht, vor allem bei Landwirten und Kommunen. Zu hoch sind die Kosten für die Schäden, die die geschützten Tiere anrichten.

Von Franziska Gerlach

Es gibt Tage, an denen Ulrich Hilberer ausschließlich mit dem Biber beschäftigt ist. "Das nervt", sagt er. Hilberer arbeitet im Umweltamt von Ismaning. Auch heute werde ein Kollege wieder ausrücken, berichtet Hilberer, um die frischen Schäden aufzunehmen. Doch die Tiere knabbern nicht nur Bäume um. Sie unterhöhlen auch Uferböschungen. Das ist vor allem für Landwirte problematisch, die auf dem durchlöcherten Boden bisweilen mit ihren Fahrzeugen einbrechen.

Das Problem belastet den Landkreis München seit geraumer Zeit, und Beschwerden erreichen das Landratsamt nicht nur aus Ismaning. Nachdem das größte heimische Nagetier gut 100 Jahre lang ausgerottet war, wurde der Biber im Jahr 1966 wieder in Bayern angesiedelt. Der Landkreis listet aktuell 53 Biberreviere auf. Besonders wohl fühlt sich der Nager in den nördlichen Landkreiskommunen, aber auch im Süden, in Pullach, wurde er kürzlich wieder gesichtet. "Da wurden die Biber aber freudig begrüßt", sagt Jörg Spennemann vom Landratsamt. Das habe womöglich auch damit zu tun, glaubt der Leiter der Abteilung Umwelt und Verkehr, dass es am südlichen Isarlauf keine "Nutzungskonflikte" gebe, da hier kaum Landwirtschaft betrieben werde.

Landwirte können Geld vom Freistaat bekommen

Die bayerischen Landwirte haben die Möglichkeit, wirtschaftliche Einbußen in Höhe von 80 Prozent beim Freistaat geltend zu machen - erst im vergangenen Jahr wurde der eigens dafür eingerichtete "Biberfonds" von 300 000 auf 450 000 Euro aufgestockt. Für die Kommunen aber, welche die Sicherheit ihrer Straßen und Wege gewährleisten müssen, werden die Biber-Attacken so langsam teuer. So hat die Gemeinde Ismaning allein in diesem Jahr für 14 000 Euro Bäume einzäunen lassen. Eine Straße mit Gitterstäben und Steinen zu stabilisieren, schlug im Jahr zuvor mit 32 000 Euro zu Buche.

Bislang wurde den Ismaningern eine sogenannte "Biberentnahme", die Erlaubnis, die Tiere entweder umzusiedeln oder abzuschießen, vom Landratsamt verwehrt. Vor allem letzteres sei aber "ultima ratio", sagt Spennemann, wenn andere Maßnahmen nicht mehr greifen. Der Biber sei eine streng geschützte Tierart, nur wenn er die Sicherheit von Menschen gefährdet, oder einer Privatperson Einbußen entstehen, die ihre Existenz bedrohen, darf er bekämpft werden.

Die Konflikte nehmen zu

Hin und wieder wird eine solche "Entnahme" aber doch notwendig. Zuletzt wurden Anfang dieses Jahres im Schleißheimer Schlosspark Tiere erschossen. Sie waren dabei, in einem historischen Damm eine Biberburg zu bauen. "Das hätte zur Flutung einer Tankstelle geführt, das Wasser wäre bis in die Wohngebiete gelaufen", sagt Paula Kleeberger, Leiterin der Schloss- und Gartenverwaltung. An Sorgen mit dem Nager ist sie gewöhnt. Bereits im Sommer 2008 hatten sich Biber über 200 Jahre alte Rotbuchen im Park hergemacht.

Im gleichen Maße, wie sich die Tiere ausbreiten, nehmen die Konflikte zu. Deshalb hat das Landratsamt seit März ein eigenes Bibermanagement installiert. Bereits seit 2008 gibt es einen eigenen Biberbeauftragten, der Landwirte und Grundeigentümer in Fragen der Prävention berät. In der Stadt Garching, die ebenfalls massive Schäden zu beklagen hat, scheint die Aufklärungsarbeit des Landratsamtes bereits zu fruchten. Christoph Marquart, der dort im Umweltamt tätig ist, erklärt jedenfalls, dass Biberentnahmen wenig Sinn ergäben, weil später andere Biber "den Freiraum" wieder besetzten. Natürlich tue es ihm weh, wenn Bäume gefällt werden müssten, die das Landschaftsbild geprägt haben. Er persönlich habe sich aber inzwischen mit dem Biber arrangiert, sagt Marquart. "Der ist halt nun mal da."

© SZ vom 12.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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