Landtagswahl:Die Grünen setzen voll auf München

  • Der Bezirk Oberbayern ist für jede Partei bei der Landtagswahl besonders wichtig. Hier leben die meisten Menschen im Freistaat.
  • Für die Grünen gilt das im Besonderen: Für sie ist vor allem München besonders wichtig.
  • Bei der Aufstellung ihrer Kandidaten geht die Partei sehr strategisch vor.

Von Heiner Effern und Kassian Stroh

Bei Landtagswahlen in Bayern gibt es eine Faustregel, die trotz aller Bewegung im Parteiensystem auch 2018 gelten dürfte: Die CSU und die Grünen schneiden nur dann gut ab, wenn sie im bevölkerungsreichsten Bezirk Oberbayern erfolgreich sind. Für die Grünen lässt sich diese Regel noch einmal verfeinern: Sie sind in Oberbayern nur stark, wenn sie in München viele Stimmen bekommen.

Kein Wunder also, dass sie auf die beiden ersten Plätze ihrer Oberbayern-Liste am Sonntag zwei Kandidaten aus der Landeshauptstadt wählten: Katharina Schulze (Rang eins) und Ludwig Hartmann (zwei), die beiden Fraktionschefs der Grünen im Landtag. Beide bekamen mit um die 90 Prozent der Stimmen respektable Ergebnisse, beide wollen auch die bayernweiten Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl werden. Die parteiinterne Urwahl für dieses informelle Amt läuft noch bis Ende der Woche.

Wie sehr der Fokus der Grünen auf dem Großraum München liegt, zeigen auch die weiteren Plätze: Auf Position fünf steht Gülseren Demirel, die derzeitige Fraktionssprecherin im Münchner Stadtrat, auf zehn Christian Hierneis, der Chef vom Bund Naturschutz in der Stadt und im Landkreis. Und auf den Plätzen vier, sechs und sieben kandidieren mit Markus Büchler (Oberschleißheim), Johannes Becher (Moosburg) und Claudia Köhler (Unterhaching) drei Grüne aus dem Umland. "Eine tolle Mischung aus Stadt und Land, Jungen und Alten", sagt Hartmann.

Er hat ehrgeizige Ziele, er will mit seiner Partei bei der Landtagswahl auf Platz zwei landen. "Ich beschränke das aber nicht auf die Stadt. Der Tanz ist auch in Bayern offen", sagt er. Voraussetzung für einen solchen Erfolg im Freistaat aber ist ein ausgesprochen gutes Ergebnis in München. Dazu trüge Hartmann am liebsten mit einem symbolhaften Sieg bei: Er will als erster Grüner ein Direktmandat gewinnen im neu eingerichteten Stimmkreis München-Mitte. Die CSU führte beim Neuzuschnitt darin Straßenzüge und Viertel zusammen, in denen sie traditionell eher bescheidene Ergebnisse erzielt, die Grünen und auch die SPD aber überproportional stark sind. "Das ist kein Selbstläufer, aber das kann man schaffen", sagt Hartmann.

Auch die übrigen Münchner Direktkandidaten zeugen davon, dass die Grünen sehr strategisch aufgestellt haben. Da - anders als bei der Bundestagswahl - für das Endergebnis Erst- und Zweitstimmen gleich wichtig sind, treten in ihren Hochburgen Prominente an, die stadtweit viele Stimmen bringen sollen: Schulze und Hierneis im Norden, Hartmann und Demirel im Zentrum und in Giesing. Dazu soll ein überraschend kandidierender Routinier in der ganzen Stadt Stimmen absaugen: Hep Monatzeder, 18 Jahre lang Bürgermeister. Er wird im tiefschwarzen Westen als Direktkandidat keine Chance haben gegen Bürgermeister Josef Schmid (CSU), soll aber die Aufmerksamkeit, die aus diesem Bürgermeister-Duell resultiert, für die Grünen nutzen. Die anderen wenig aussichtsreichen Stimmkreise wurden perspektivisch besetzt, zwei mit Mitgliedern der Grünen Jugend.

"Wir haben eine gute Truppe", zeigt sich die Münchner Stadtvorsitzende Gudrun Lux zufrieden, die Aufstellung der Liste sei aus Münchner Sicht "ein voller Erfolg". Sie verspüre gerade nach dem guten Ergebnis bei der Bundestagswahl "große Motivation und Aufbruchstimmung". Da verdrängten die Grünen in München die SPD schon von Platz zwei. "Wir arbeiten daran, dass sich das fortsetzt", gibt sich Lux optimistisch.

Allerdings müssen die Münchner Grünen diesmal ohne ihre lange Zeit prominenteste Landespolitikerin antreten: Margarete Bause wechselte im September in den Bundestag. Zudem hört mit dem Umweltexperten Christian Magerl aus Freising einer auf, der als exponierter Gegner der dritten Startbahn am Flughafen auch in München Stimmen garantierte. Dem rechnen die Grünen entgegen, dass sie 2013 durch die Spitzenkandidatur des langjährigen Oberbürgermeisters Christian Ude (SPD) gerade bei den Zweitstimmen einige Verluste bei ihren Stammwählern hatten.

Wie sehr die Grünen gerade mit sich im Reinen sind, zeigt der weitgehend reibungslose Verlauf der Listenaufstellung. Wobei natürlich zu beachten ist, dass die Reihenfolge im Gegensatz zur Bundestagswahl durch die Addition der Erst- und Zweitstimmen nicht festgelegt ist. Starke Bewerber können schnell nach vorne rutschen, weshalb Monatzeder zum Beispiel entspannt seinen Listenplatz 22 akzeptieren kann.

Dennoch gibt es für die Grünen auch bei der Oberbayern-Liste eine Faustregel: Vier Münchner unter den ersten zehn sind das maximal Erträgliche für den Rest des Bezirks, damit der sich nicht von der Stadt erdrückt fühlt. "Normal ist der Regionalproporz auch für uns sehr wichtig", sagt Demirel, und sie habe einige Listenaufstellungen erlebt, wo entsprechende Anti-München-Empfindlichkeiten zu spüren gewesen seien. Diesmal nicht. Die Münchner hätten aber auch sehr darauf geachtet, immer zwei, drei Plätze zwischendrin für Vertreter anderer Regionen freizulassen, sagt Demirel.

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