Zertifizierung:Fair-Trade-Kaffee allein ist zu wenig

Fairer Handel

Fairer Kaffee wird mittlerweile in vielen Lokalen und Geschäften im Landkreis München angeboten.

(Foto: Wolfram Kastl/dpa)

Eine Steuerungsgruppe soll das Angebot an fair gehandelten, biologischen und regionalen Produkten ausweiten.

Von Iris Hilberth

Claudia Wiefel ist "Eine-Welt-Promoterin" und wenn sie durch ihren Zuständigkeitsbereich Oberbayern Ost tourt, um den Gedanken des fairen Handels unter die Leute zu bringen, bekommt sie oft zu hören: "Aber wir trinken doch schon Fair-Trade-Kaffee." Das sei super, lobt sie dann, "aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten, den fairen Handel zu unterstützen, an die man so gar nicht denkt". Der Landkreis München hat sich auf den Weg gemacht, die Zertifizierung als Fair-Trade-Landkreis zu erhalten und dazu jetzt eine Steuerungsgruppe gebildet, die Projekte sowie Veranstaltungen planen und umsetzen soll.

Den Bemühungen um das Siegel, mit dem der Landkreis "ein Zeichen setzen und Verantwortung für den Süden dieser Welt übernehmen will", wie der Referatsleiter Robert Fröschl vom Landratsamt bei der Auftaktveranstaltung betonte, war ein Kreistagsbeschluss im vergangenen Herbst vorangegangen. Ganz leicht hatte sich das Gremium aber nicht damit getan, sich für die Fair-Trade-Bewegung stark zu machen. Zunächst herrschte vor allem aus den Reihen der hiesigen Landwirtschaft Skepsis darüber, ob ein Engagement sinnvoll sei. Nach hitziger Diskussion und einer Erweiterung der Kampagne auf den Titel "regional - fair - bio" fiel die Entscheidung im zweiten Anlauf einstimmig.

Für die Zertifizierung müssen fünf Kriterien erfüllt werden

Die Organisation eines Fair-Trade-Landkreises in die Hände einer Steuerungsgruppe zu legen, ist nicht ungewöhnlich, sondern gehört zu den Zertifizierungskriterien. Landrat Christoph Göbel (CSU) begrüßt diese Idee: "Ich hoffe, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger die Chance ergreifen, unser Leben im Landkreis mitzugestalten und gleichzeitig einen Beitrag gegen Armut und Ausbeutung im globalen Süden zu leisten", sagte er bei der Auftaktveranstaltung im Landratsamt. Der Kreistag habe seinen Beschluss aus der Überzeugung heraus gefasst, "dass es unerlässlich ist, mehr Bewusstsein bei allen Akteuren für fairen und nachhaltigen Konsum zu schaffen".

30 Teilnehmer waren zur Auftaktveranstaltung gekommen. Sie hatten ihre Bereitschaft erklärt, bei dem Projekt mitzuarbeiten. Unter ihnen Vertreter von Kirchen, Schulen, der Bundeswehr-Universität in Neubiberg, Weltläden sowie Mitarbeiter des Landratsamt und einige Kreisräte. Mit dem Kreistagsbeschluss und der Steuerungsgruppe erfüllt der Landkreis zwei von fünf geforderten Kriterien für die Zertifizierung. Nun geht es darum die Fair-Trade-Produkte in Einzelhandel, Gastronomie, Schulen, Vereinen und Kirchen in das Warenangebot aufzunehmen beziehungsweise dort zu verwenden. Für den Landkreis München mit seinen 340 000 Einwohnern gilt es, mindestens 45 Geschäfte und 23 Gastronomiebetriebe nachzuweisen. Jeweils zwei verschiedene Produkte müssen diese in ihrem Sortiment führen.

"Das ist einfach machbar", prognostizierte Carina Bischke, Trans-Fair-Botschafterin und Mitglied der Steuerungsgruppe im bereits zertifizierten Landkreis Erding. Schließlich habe fast jeder Supermarkt bereits Fair-Trade-Produkte im Sortiment. Die Palette reicht von Kakao, Bananen oder Baumwolle über Saft, Tee, Reis, Honig, Zucker und Wein bis hin zu Schnittblumen und Fußbällen. "Und wenn ein Gastronom bislang nur den Kaffee im Angebot hat, dann könne man ihn darauf aufmerksam machen, dass es auch fair gehandelten Zucker gibt", so Bischke.

Es gibt bereits drei zertifizierte Gemeinden im Landkreis

Zwei Vereine, zwei Kirchen und zwei Schule im Landkreis zu finden, die mitmachen, sieht Bischke im Landkreis München ebenfalls als einfache Aufgabe an. Schließlich gebe es mit Neubiberg, Gräfelfing und Unterschleißheim bereits drei zertifizierte Städte und Gemeinden, Pullach und Haar seien auf dem Weg dorthin. Aus deren Mitte kamen auch schon die ersten Ideen, wie man mehr Leute für den fairen Handel motiviert. In Unterschleißheim werden bereits mit Hilfe von Sponsoren fair gehandelte Fußbälle den Vereinen zur Verfügung gestellt. Dieses Projekt soll möglichst auf den gesamten Landkreis ausgeweitet werden. Auch über eine eigene Landkreis-Schokolade wird nachgedacht. Zudem gilt es für die Zertifizierung, Berichterstattung über die Projekte nachzuweisen.

Laut Eine-Welt-Promoterin Wiefel gibt jeder Deutsche im Jahr durchschnittlich nur 14 Euro für faire Produkte aus. "Wir wissen, warum wir uns zusammengetan haben", sagt sie.

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