Wohnungsmangel in München:Mit Losglück zur Studentenbude

Zu Semesterbeginn sind viele Studenten auf der Suche nach einer Bleibe. Wer eine Wohnung sucht, muss geduldig und flexibel sein - denn billige Zimmer sind rar.

Martin Thurau

Es ist schon eine besonders harte Prüfung, die München für seine Studenten bereithält - vor dem ersten Semester. Laura Schwarz fängt in der kommenden Woche mit dem Tiermedizinstudium an der Universität München (LMU) an und sucht deshalb ein Zimmer - doch das ist, vorsichtig gesagt, nicht ganz so einfach.

Wohnungsmangel in München: Eine Studentin in der Uni-Mensa auf Wohnungssuche: Günstige Zimmer sind in München eine Seltenheit.

Eine Studentin in der Uni-Mensa auf Wohnungssuche: Günstige Zimmer sind in München eine Seltenheit.

(Foto: Robert Haas)

Bei der Immatrikulation und auch danach mehrmals ist sie für ein paar Tage angereist und hat sich umgeschaut, aus dem Rheinland, nicht gerade der nächste Weg. Auch jetzt hat sie wieder ein paar Dutzend Anrufe gemacht, für den Abend steht noch ein Besichtigungstermin an, klingt aber nicht unbedingt vielversprechend. "Ich weiß nicht, was ich noch anstellen soll", sagt die 21-Jährige. "Die Hauptsache ist, ich finde überhaupt noch was."

Damit steht Laura Schwarz nicht alleine. Das ist aber nur ein schwacher Trost und gleichzeitig der Kern des Problems. Rund 20.000 Studenten fangen zum Wintersemester, das am Montag beginnt, mit dem Studium in München an - und der größte Teil von ihnen braucht ein Zimmer. Das aber gibt der ohnehin enge Wohnungsmarkt schwerlich her, vor allem nicht, wenn die Bleibe auch noch einigermaßen bezahlbar sein soll. Fast 350 Euro im Monat müssen Münchner Studenten laut einer Statistik des Studentenwerks von 2009 fürs Wohnen ausgeben, das sind fast 70 Euro mehr als im Bundesdurchschnitt.

"Zimmersuche in München", sagt auch David Horn, "das ist das Letzte auf diesem Planeten." Der 21-Jährige kommt aus der Nähe von Heilbronn, an der LMU will er Betriebswirtschaft studieren. Es gebe eben "massig Studenten", die wie er ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft suchten. Und als Mann und Studienanfänger, so meint er, seien da die Karten noch einmal schlechter. Jedenfalls hat er auch zu hören bekommen, dass er doch wahrscheinlich "ordentlich Party machen wolle", das habe den Examenskandidaten, der einen Mitbewohner suchte, etwas gestört.

Fünfmal war Horn in München, und er hatte Glück, dass er sich jeweils mehrere Tage bei einem Freund einquartieren konnte. 60 bis 70 Online-Bewerbungen hat er geschrieben auf Inserate in einschlägigen Internet-Börsen wie wg-gesucht.de oder wg-welt.de. Angeschaut hat er sich schließlich mehr als ein Dutzend Zimmer.

Ähnlich ist auch Rachel Hornung vorgegangen. Schon vor zwei Monaten hat sie angefangen, auf Inserate zu antworten. Die 22-Jährige kommt aus der Nähe von Frankfurt. Vielfach hat sie auf ihre Gesuche keine Antwort bekommen, denn oft, so bekam sie auch zu hören, hätten die Wohngemeinschaften schlicht vor der Masse der Zuschriften kapituliert. Eine Studentin habe ihm erzählt, berichtet Horn, dass sie auf ihr Zimmerangebot 500 Zuschriften bekommen habe - innerhalb von drei Stunden, nachdem sie es online gestellt hatte.

Bei den wenigen Besichtigungen habe sie dann mit zwei Dutzend Bewerbern konkurriert, erzählt Rachel Hornung, mitunter sogar auf einem gemeinsamen Termin. Am liebsten wäre ihr, in der Stadt zu wohnen, da sie aber an der Technischen Universität studiert, am Standort Garching, hat sie ihre Suche auch auf den Norden ausgedehnt. Eine Wohnung in Gauting war da natürlich zu weit weg. Ein Apartment in einem privaten Studentenwohnheim hätte sie in Garching kriegen können - für 520 Euro.

Wer kein Deutsch kann, hat es schwer

Knapp 20 Prozent der Münchner Studenten wohnen in Wohngemeinschaften, oft weniger als in früheren Studentengenerationen aus echter Neigung als vielmehr aus Kostengründen. Schließlich würden mehr als 90 Prozent am liebsten in einer eigenen Wohnung oder zusammen mit ihrem Partner wohnen, hat das Studentenwerk in Umfragen ermittelt. Nur gut ein Drittel allerdings kann sich das leisten. Die klassische Untermiete ist gänzlich aus der Mode, nur zwei von 100 Studenten wohnen so. Auffällig viele der angehenden Akademiker dagegen leben noch bei ihren Eltern: 30 Prozent sind es in München, andernorts im Schnitt nur 23 Prozent.

Gut zwölf Prozent ergattern einen Platz im Wohnheim; 10.000 Zimmer etwa betreut das Münchner Studentenwerk, ein kleinerer Teil davon ist in Rosenheim und Weihenstephan. Die Bewohner können zwar drei Jahre bleiben, aber gerade ausländische Studierende kommen auch oft nur für ein halbes oder ganzes Jahr.

Rund die Hälfte der Zimmer und Appartements, schätzt die zuständige Abteilungsleiterin Johanna Luhmann, könnten daher jährlich neu belegt werden. Trotzdem kaum eine Option für Studienanfänger. Zwar können sie sich gleich nach dem Abitur um einen Platz bewerben, doch bei den meisten Heimen ist die Wartezeit deutlich länger. Darum hat das Studentenwerk auch in diesem Jahr wieder 100 Zimmer unter Studienanfängern verlost.

Für Maryam Mousavi kommt bei der Suche noch die Sprachbarriere hinzu. "Es ist für Studenten aus dem Ausland schon besonders schwer, hier etwas zu finden, wenn sie kein Deutsch können", sagt die 27-Jährige, die aus Iran stammt. Dort hat sie bereits einen Master of Business Administration gemacht und fängt jetzt am TU-Ableger in Weihenstephan ein Master-Studium in Verbraucherwissenschaften an. Viele Studierende aus dem Ausland, ergänzt Johanna Luhmann, kämen nur für ein oder zwei Semester, das erschwere ihre Situation auf dem privaten Wohnungsmarkt nochmals.

Insgesamt aber, sagt Studentenwerkssprecherin Anke van Kempen, sei der Markt weniger angespannt als noch vor Jahren. Den drängendsten Ansturm habe die Stadt um die Jahrtausendwende erlebt. Damals musste das Studentenwerk Container als Notunterkünfte aufstellen und andere Überbrückungsquartiere schaffen. "Das brauchen wir in diesem Jahr Gott sei Dank nicht."

Und im kommenden? 2011 drängen in Bayern wegen der Umstellung auf das achtjährige Gymnasium gleich zwei Abiturjahrgänge an die Unis. Dann wird es, so viel ist klar, eng an Münchens Hochschulen. Wie eng, weiß allerdings noch niemand wirklich zu sagen. Mit Sicherheit ist aber auch der Ansturm auf den Wohnungsmarkt deutlich größer.

Das Studentenwerk jedenfalls will rechtzeitig zumindest die Sanierung des Hochhauses im Olympiadorf und eines kleineren Heimes an der Notburgastraße abschließen. Damit stünden im kommenden Jahr dann immerhin gut 500 Wohnheimplätze zusätzlich zur Verfügung.

Laura Schwarz ist mittlerweile untergekommen, ein wenig außerhalb, zur Uni braucht sie nun 35 Minuten. Und auch David Horn hat es geschafft: Er hat ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft in Fürstenried-West gefunden; für 325 Euro im Monat. Der Raum habe zwar nur 14 Quadratmeter, es gebe aber eine "gemütliche Küche und eine Riesenterrasse". Jetzt muss Horn nur noch umziehen-bevor Ende der Woche schon die Einführungsphase für die Erstsemesterstudenten beginnt.

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