Wohnungseinbrüche:Sicher ist sicher

Wohnungseinbruch

Lieber ohne Krach: Einbrecher wollen nicht riskieren durch Fensterbruch erwischt zu werden.

(Foto: dpa)

Die Zahl der Einbrüche geht zurück. Dennoch leben viele Menschen in Angst. Und die Polizei informiert verstärkt, wie man Hab und Gut schützt.

Von Stefan Galler und Iris Hilberth

Schon der erste Blick auf die Terrassentür gefällt Rudi Elfinger gar nicht. Zwar sind die Türgriffe abschließbar, ein großes Hindernis für Einbrecher sind sie aber nicht: "Die Täter gehen mit einem langen Schraubenzieher in den Spalt, hebeln die Türe auf und sind in wenigen Sekunden drin", sagt der Polizeioberkommissar aus Ottobrunn. Genau das sollte nicht passieren. Denn was ein Einbrecher nicht hat, ist Zeit. "Wenn sein Vorhaben, ins Haus zu kommen, nicht schnell realisierbar ist, dann geht er wieder", sagt Elfinger. "Deshalb muss man ihm den Zugang so schwer wie möglich machen."

Offenbar nehmen immer mehr Haus- und Wohnungseigentümer im Landkreis diesen Rat der Polizei an. Doch obwohl viele das Gefühl beschleicht, die Einbrüche nähmen immer mehr zu, so sagen die Zahlen etwas anderes: Seit zwei Jahren sind die Delikte rückläufig. Zählte das Polizeipräsidium München 2014 noch 952 Einbrüche im Landkreis, davon 401 in Wohnräume, waren es ein Jahr später insgesamt nur noch 709 Einbrüche insgesamt, davon 305 Wohnungseinbrüche.

Wohnungseinbrüche: Rudi Elfinger von der Polizei Ottobrunn gibt Tipps für Einbruchsprävention.

Rudi Elfinger von der Polizei Ottobrunn gibt Tipps für Einbruchsprävention.

(Foto: Claus Schunk)

In Stadt und Landkreis München wurde die Polizei im vergangenen Jahr insgesamt etwa 1400 Mal gerufen, weil Diebe sich in Wohnungen zu schaffen machten - ein Niveau, mit dem man zufrieden sein könnte, wie Arno Helfrich, Leiter des Kommissariats 105 für Opferschutz und Prävention, findet. Schließlich war die Zahl zur Jahrtausendwende doppelt so hoch.

Auch wenn man auf andere Städte blickt, könnten sich die Münchner entspannt geben: Hamburg zählt 511 Einbrüche pro 100 000 Einwohner, Köln 489, Berlin 340 und München nur 78. Im Landkreis lässt sich diese Zahl gar nicht erst erheben. Zum Beispiel Straßlach-Dingharting: In einem Jahr drei Einbrüche, im nächsten gar keiner. "Und trotzdem bleibt ein komisches Gefühl, auch wenn man selbst nicht betroffen ist", sagte Helfrich unlängst auf einer Infoveranstaltung, zu der die CSU in Straßlach-Dingharting eingeladen hatte.

70 Prozent der Einbrecher kommen durch die Terrassentür

Einbruchsprävention ist ein großes Thema, die Polizei überaus bemüht, mit Infoständen, bei Bürgerversammlungen und mit direkter Beratung zu Hause die Leute davor zu bewahren, dass ungebetene Besucher ihre Sachen durchwühlen und vom Schmuck der Oma bis hin zum Bargeld alles mitnehmen, was einem lieb und teuer ist. Rudi Elfinger ist Kontaktbeamter und einer der beiden Sachverständigen der Polizeiinspektion Ottobrunn, wenn es um Einbruchsprävention geht. "Wir haben uns technisch schulen lassen, um den Menschen Anleitungen zu geben, wie sie ihre Wohnungen und Häuser sicherer machen können", sagt Elfinger, verweist jedoch mit Nachdruck auf die Beratung für Einbruchschutz im Polizeipräsidium München. Allerdings sei der Andrang dort riesig, sodass man für eine kostenlose und individuelle Beratung in den eigenen vier Wänden mit Wartezeiten von bis zu zwei Monaten rechnen muss.

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SZ-Grafik; Quelle: Polizei

An diesem Vormittag schaut sich Rudi Elfinger das Einfamilienhaus einer vierköpfigen Familie in Ottobrunn an. Er informiert zunächst in einem ausführlichen Gespräch, inspiziert dann die möglichen Zugänge für ungebetene Gäste. Und da ist eben die Terrassentür das bevorzugte Mittel der Wahl bei Einbrechern: "Die Täter kommen in der Regel über die Gebäuderückseite ins Haus, über Terrassen oder Gärten", weiß der Beamte. Das kann Helfrich bestätigen: "70 Prozent der Einbrecher kommen über die Terrassentür."

Die Polizei rät daher den Einbau von so genannten Pilzkopfbeschlägen, die das leichte Aufhebeln mit dem Schraubenzieher verhindern. Allerdings sollten nur geprüfte und zertifizierte Produkte verwendet werden, betont Helfrich. Idealerweise lässt man nicht nur die Terrassentüren, sondern auch alle Fenster im Erdgeschoss derart sichern. Der Großteil aller Einbrüche passiere ebenerdig, sagt Elfinger. "Fassadenkletterer sind eigentlich kaum noch unterwegs." Aber verlassen kann man sich darauf auch nicht, wie Helfrich seinen Zuhörern in Baierbrunn klar machte. Ein gekipptes Fenster im ersten Stock könne ebenso zum Einsteigen animieren. Vor allem: Bei Einbrüchen durch gekippte Fenster zahlt die Versicherung nicht. Wichtig ist auch: Keine Aufstiegshilfen im Hof oder Garten stehen lassen. "Wenn eine Leiter neben dem Balkon lehnt, ist das eine Einladung, die Einbrecher annehmen", warnt Elfinger.

Wohnungseinbrüche: Einbrecher kommen gerne durch Kellerschächte, weiß Polizeioberkommissar Rudi Elfinger.

Einbrecher kommen gerne durch Kellerschächte, weiß Polizeioberkommissar Rudi Elfinger.

(Foto: Bard)

Immer den Eindruck vermitteln, das Haus sei bewohnt

Besonderes Augenmerk richten die Beamten bei der Beratung auf die Eingangstüren, selbst wenn diese von den Kriminellen zumindest bei Einfamilien- und Reihenhäusern kaum aufgebrochen werden, weil die Gefahr größer ist, dort gesehen zu werden. Elfinger stößt mit dem Fuß gegen den unteren Teil der Tür, prompt tut sich ein Spalt an der Zarge auf. "Wenn man an unzureichend geschützten Haustüren ordentlich rüttelt, geben sie leicht nach", sagt er. "Unbedingt immer zweimal absperren", rät auch Helfrich, "ansonsten kommt jeder mit einer umgebogenen Fahrradspeiche ganz schnell rein."

Alarmanlagen sind laut Elfinger nicht zwingend das Mittel der Wahl, denn sie müssten immer scharfgestellt werden und neigten zu Fehlalarmen. Wenn die Polizei umsonst anrückt, werden 140 Euro fällig. Auch von Attrappen rät der Spezialist ab: "Profis erkennen das. " Tresore hingegen seien immer gut, wie Helfrich bestätigt, wichtig sei allerdings, sie an der Wand und nicht am Schrank festzuschrauben. "Es gab schon Einbrüche, da haben sie einfach den ganzen Schrank mitgenommen." Gute Verstecke gebe es keine. "Wertsachen im Kühlschrank oder in der Klospülung findet jeder Einbrecher", weiß er, und auch in der Schmutzwäsche seien die Juwelen nicht sicher. Vor allem auf den Schmuck sowie auf Geld und kleine elektronische Geräte wie Handys seien die Einbrecher aus, sagt Helfrich. "Einen riesigen Fernseher trägt keiner aus dem Haus."

Wichtig ist der Polizei, die Kriminellen von vorne herein abzuschrecken. Es müsse der Eindruck vermittelt werden, Haus oder Wohnung seien bewohnt. Leere Mülltonnen sollten nicht tagelang auf der Straße stehen, Briefkästen regelmäßig geleert werden, Zeitschaltuhren die Beleuchtung regeln. "Täter beobachten all das", sagt Elfinger. Und wer glaubt, Einbrecher kämen vor allem nachts, irrt sich gewaltig. Der Großteil der Delikte findet zwischen 10 und 20 Uhr statt, wenn die Leute in der Arbeit oder beim Einkaufen sind. Nächtliche Einstiege kämen so gut wie gar nicht mehr vor, weil die Täter eine direkte Konfrontation mit den Bewohnern scheuten. "Wenn sie doch einmal einen treffen, dann schreien Sie", rät Helfrich und warnt vor Selbstjustiz. "Sie sollen uns den Einbrecher nicht verpackt übergeben."

Die Bevölkerung ist mittlerweile sensibilisiert. Auch bei der Veranstaltung in Straßlach wissen viele schon, was Pilzkopfbeschläge sind und dass man die Gitter über den Kellerschächten sichern muss. Dass die Einbrüche im Landkreis zuletzt leicht rückläufig waren, führt die Polizei auf ihre Aufklärungsarbeit zurück. Elfinger vermutet aber auch, "dass sich einzelne Banden anderweitig orientiert haben".

Informationen über einbruchshemmende Produkte unter www.polizei.bayern.de/schuetzenvorbeugen/beratung/technik. Diebstahl- und Einbruchsschutz wird von der KfW-Bank gefördert.

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