Wissenschaft:Schokokuss im Vakuum

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Auf der Mitmachmesse Forscha im Münchner MOC stellen Schüler des Grünwalder Gymnasiums ihren Roboter Nao vor, die Lego-Dame Roberta spaziert umher und Schaumzucker ohne Luft bläht sich auf

Von Iris Hilberth, München

Gesichter kann sich Nao gut merken. So muss sich der Besucher nicht wundern, wenn er von dem Kleinen mit Namen angesprochen wird und dazu auch noch die Kunststoffhand gereicht bekommt. Vorausgesetzt natürlich, die Schüler des Gymnasiums Grünwald haben Nao entsprechend programmiert. Der humanoide Roboter ist der Star der Siebt- und Achtklässler, und wenn die wollen, kann Nao auch Fußball spielen. Auf der Mitmachmesse Forscha im Münchner MOC zog Nao am Wochenende viele Kinder in seinen Bann, immer wieder umringten die Besucher den Stand des Landkreises München, an dem das Gymnasium Grünwald gemeinsam mit neun weiteren Kooperationspartnern demonstrierte, dass Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (kurz: Mint) großen Spaß machen können.

Auf 120 Quadratmetern war der Landkreis in Kooperation mit der Europäischen Metropolregion München erstmals auf dieser Messe vertreten. "Die Förderung von Naturwissenschaft und Technik bereits in der Schule ist wichtig", begründet der Wirtschaftsförderer im Landratsamt, Andreas Ortner, das Engagement. Die Weichen für eine spätere berufliche Orientierung würden schließlich früh gestellt, der Fachkräftemangel trete vor allem in Branchen mit ingenieurwissenschaftlicher und naturwissenschaftlich-technischer Prägung auf.

Studienrat Christian Fauser, der in Grünwald Mathematik, Physik und Informatik unterrichtet, hielt sich am Messestand bewusst im Hintergrund, die Experimente erklärten die Schüler selbst. "Nur wenn es dann darum geht, warum ein Roboter so etwas können muss, schalte ich mich ein", sagte er. Dann erläutere er, was Nao mit Informatik zu tun habe. 6000 Euro hat sich das Grünwalder Gymnasium den Roboter kosten lassen und will damit die Lücke im Lehrplan schließen, der in den achten Klassen keinen Informatikunterricht vorsieht. So beginnen die Schüler in der fünften und sechsten Jahrgangsstufe mit Lego-Robotik und dürfen dann später im Wahlunterricht Nao programmieren. Immerhin ein Drittel der Jugendlichen dieser Begabtenförderung sind Mädchen, für Fauser ein schöner Erfolg, denn meist überwiegt bei Angeboten im Mint-Bereich der Anteil der Jungen wesentlich deutlicher. "Ich bin froh über das, was die Kinder programmiert haben", betont er, denn er hält diese Kompetenz für sehr wichtig. "Einen Computer starten kann jeder, aber was ist, wenn etwas nicht funktioniert?"

Interesse und Neugierde an Technik will auch Informatikerin Andrea Herold mit ihrem Kursangebot Pepp@mint wecken. Roberta nennt sich ihre Roboterdame, die aber erst einmal konstruiert und mit speziellen Legobausteinen zusammengesetzt werden muss. Anschießend wird sie programmiert und über einen Parcours geschickt. Herold bietet ihre Kurse als Ergänzung des Unterrichts an Schulen aber auch als eigenständige Veranstaltungen an. Sie will damit "den Draht zur Informatik und Technik" direkt zu den jungen Menschen ab dem Grundschulalter bringen und speziell junge Frauen für attraktive Möglichkeiten in Mint-Berufen sensibilisieren. Auch ist sie überzeugt, mit "Roberta" Kreativität, Teamgeist und zielorientiertes Handeln zu fördern und die Lernbereitschaft zu steigern. "Die Lehrer sind da selbst manchmal verblüfft, wie motiviert Kinder sind", sagt Herold, "die Schüler können sich oft gar nicht von ihren Projekten trennen." Roberta begeisterte auf der Messe viele, auch jüngere Kinder. Es sei hilfreich, wenn sie früh an dieses Thema herangeführt würden, findet Herold, schließlich verändere die Technik die Gesellschaft. "Die Kinder bewegt das, wenn der Kühlschrank zu Hause alleine einkaufen kann." Bereits im Kindergartenalter setzt das Projekt "Frühes Forschen" an. Dort können schon Vierjährige experimentieren, beobachten und auch verstehen, was in der Welt der Wissenschaft und Technik vor sich geht. Eva Schibschid, die gemeinsam mit Monika Kuhn, beide Biologen, vor allem Volkshochschulkurse für Vier- bis Zwölfjährige auch im Landkreis München anbietet, will bei den Kleinen vor allem den Forschergeist wecken. Wer wissen will, warum der Himmel blau ist oder ob Wunderkerzen auch im Weltall brennen, der ist bei den beiden an der richtigen Adresse. Ein Vorgeschmack bot eines der Experimente auf der Messe: Der Schokokuss im Vakuum verblüffte mit seiner plötzlichen Größe so manchen kleinen Besucher. Auch der Blick durch das Mikroskop am Stand von Mineralogin Melanie Kaliwoda lohnte sich. Wie sieht Schwefel aus, wie Kupfer? Und wozu brauchen wir das? Das Museum "Reich der Kristalle" in München bietet dazu zahlreiche Führungen, Aktionstage und auch Schülerpraktika an. "Wir verbinden Technik mit Natur", sagt Kaliwoda.

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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