Wie stellen sich die Genossen auf?:Verlangen

Die SPD im Landkreis wird in den kommenden zwei Jahren wichtige Personalentscheidungen treffen müssen. Es geht dabei um Macht, Ansehen und die Frage, welche Generation die Partei künftig repräsentieren wird

Von Martin Mühlfenzl

Macht ist etwas, das es in der Demokratie nur auf Zeit gibt. Und meist ist es der Wähler, der darüber entscheidet, ob und wann das Bündnis eines Einzelnen mit der Macht endet - oder auch die eigene Partei. Peter Paul Gantzers Liaison mit der Kraft und Autorität eines sehr begehrten Amtes dauert nun schon 37 Jahre; seit 1978 sitzt der Haarer Sozialdemokrat für seine Partei im Maximilianeum. Nahezu vier Jahrzehnte, die sicher nicht zum Schaden seiner Partei gewesen sind. Macht wird schließlich auch immer eng mit Personen verknüpft - und der Einfluss Gantzers auf seine SPD im Freistaat und vor allem den eigenen Kreisverband ist immer noch enorm. Zur Freude enger Verbündeter - zum Ärger anderer Weggefährten, die glauben, dass die politische Karriere des Haarers ein zu spätes Ende finden könnte.

Werden führende Genossen im Landkreis dieser Tage gefragt, wie sich die Partei künftig personell aufstellen will, sind immer dieselben Aussagen zu hören. Die SPD werde Sachpolitik betreiben, Inhalte seien entscheidend - und eben keine Personen. Und insbesondere keine langwierigen Personaldiskussionen. Die Sozialdemokraten wollen Entscheidungen darüber, wer die Partei im Kreis und vor allem qua eines Mandats nach außen vertreten soll, weiter vertagen. Schließlich fänden die nächsten Wahlen doch erst 2017 (zum Deutschen Bundestag) und 2018 (zum bayerischen Landtag) statt.

Wie stellen sich die Genossen auf?: In der Kreis-SPD ist noch längst nicht geklärt, wer bei der Landtagswahl im Jahr 2018 für den Einzug ins Maximilianeum kandidieren wird.

In der Kreis-SPD ist noch längst nicht geklärt, wer bei der Landtagswahl im Jahr 2018 für den Einzug ins Maximilianeum kandidieren wird.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

In politischen Dimensionen gemessen - und das wissen sie auch in der SPD - ist das allerdings ein überschaubarer Zeitraum. Und je näher diese beiden Termine rücken, desto schwieriger wird es, Personaldebatten weiter vermeiden zu können.

Die SPD wird vier wichtige Fragen beantworten müssen: Wer kandidiert im Herbst 2017 im Wahlkreis München-Land für den Bundestag? Tritt Peter Paul Gantzer 2018 noch einmal als Landtagskandidat im Stimmkreis München-Land-Nord an - dann im Alter von 79 Jahren? Wenn nicht, wer folgt ihm nach? Und viel wichtiger: Wenn doch, wird er sich erneut einem oder möglicherweise gar mehrerer Gegenkandidaten erwehren müssen?

Wer Gantzer sowie der Kreisrätin und Generalsekretärin der Bayern-SPD Natascha Kohnen Glauben schenkt, wird die erste Frage klar beantworten können. Die neue Kreisvorsitzende Bela Bach aus Planegg wird selbstverständlich wieder für die Kreis-SPD in den Bundestagswahlkampf ziehen. Hinter der Wahl der 24-Jährigen zur Nachfolgerin Natascha Kohnens als Kreis-Chefin steckt der Plan, sie erneut als Kandidatin zu positionieren - selbst bei einem Misserfolg über das Jahr 2018 hinaus. Denn der Gewinn des Direktmandats für den Bundestag durch die SPD ist ungefähr so wahrscheinlich wie der Gewinn der absoluten Mehrheit bei der nächsten Landtagswahl. So hängt die Entscheidung letztlich daran, welchen Listenplatz der Bewerber aus dem Landkreis auf der Liste der Bayern-SPD erhält - 2013 kandidierte Bach auf dem aussichtslosen Rang 32. Und Oberbayern werden in der Bayern-SPD nicht bevorzugt behandelt.

An der Personalie Bela Bach wird der Spagat deutlich, den die Landkreis-SPD in den kommenden zwei Jahren zu bewerkstelligen hat. Es wird darum gehen, ob die Basis Entscheidungen einiger weniger - sprich die Kandidatur Bachs - einfach so abnicken wird. Es wird sich die Frage stellen, ob sich parteiinterne Konkurrenten der einfachen Formel beugen werden, die besagt, dass die Kreisvorsitzende auch automatisch das Zugriffsrecht auf den Listenplatz für die Bundestagswahl hat. Und die Genossen werden darüber streiten, wann es Zeit für einen Generationswechsel ist.

Eine Frage, die die Partei bereits im Jahr 2012 zu spalten drohte. Damals schaffte es Peter Paul Gantzer noch einmal, sich bei der Nominierungsveranstaltung mit knappem Vorsprung gegen die Aschheimer Kreisrätin Ingrid Lenz-Aktas durchzusetzen. Ein führender Genosse erinnert sich an die Sitzung - und an einen Satz Gantzers: "Damals hat er gesagt, es wird seine letzte Periode im Landtag." Der Haarer aber hält sich bisher bedeckt, wenn es um eine mögliche, dann seine achte Bewerbung für eine Sitz im Maximilianeum geht. Diese zumindest nach außen getragene Unentschlossenheit macht es freilich anderen Interessenten schwer, sich in Position zu bringen. Nicht zuletzt Lenz-Aktas, 54, und der stellvertretenden Landrätin Annette Ganssmüller-Maluche, ebenfalls 54, werden Ambitionen auf die Gantzer-Nachfolge nachgesagt. Lenz-Aktas hatte schon 2012 gesagt, es sei Zeit für den Stabwechsel - Gantzer konterte damals, jeder solle so lange arbeiten dürfen, wie er will.

0 Mandate

hat die SPD im Wahlkreis München-Land seit 1949 bei Wahlen zum Deutschen Bundestag bisher gewonnen. Bei der ersten Wahl konnte sich ein Bewerber der Bayernpartei durchsetzen - seitdem ist der Wahlkreis fest in der Hand der CSU. Wie auch die beiden Stimmkreise für den Bayerischen Landtag.

Die SPD steckt in einer merkwürdig anmutenden Bredouille. Die Kreispolitik wird derzeit vom Führungsduo Lenz-Aktas und Ganssmüller-Maluche dominiert. Die beiden erfahrenen Kreisrätinnen geben thematisch den Takt in der Tagespolitik vor; sie sind - und das ist bisher Bachs Nachteil - die prägenden Gesichter ihrer Partei im Landkreis. Die Kreisvorsitzende hatte seit ihrer Wahl im März nur einen großen Auftritt: Beim außerordentlichen Parteitag im Juni brachte sie eine große Mehrheit der Genossen hinter sich, als es darum ging, die Legalisierung von Cannabis zu fordern. Das ist eine ganze Weile her.

Die SPD hat aber ein zweites, hausgemachtes Problem; denn sie ist eine Partei des Proporzes. Drei Kandidaturen sind für die Jahre 2017 und 2018 im Kreis zu vergeben: jene für den Bundestag und zwei für den Landtag. Natascha Kohnen gilt im Stimmkreis München-Land-Süd als gesetzt. Eigentlich undenkbar ist in der SPD, die sich als Partei der Gleichstellung betrachtet, dass die anderen beiden Aufstellungen ebenfalls an Frauen gehen. Aussichtsreiche männliche Bewerber sind bis auf den stellvertretenden Kreisvorsitzenden Florian Spirkl aus Oberschleißheim bisher nicht in Sicht. Ob und wann dieser sich aus der Deckung traut, steht in den Sternen. Bleibt ein einziger Mann.

Der Grandseigneur hat eine entscheidende Frage selbst in der Hand. Peter Paul Gantzer kann entscheiden, wann seine persönliche Zeit der Macht im bayerischen Landtag und der Landespolitik enden wird - und vor allem wie. Seine potenziellen Nachfolger oder Nachfolgerinnen stehen bereit. Letztlich aber wird die Basis darüber befinden, ob es auch die Kandidaten sind, die Gantzer in den Kram passen. Das ist die Chance dieser Partei - aber auch eine Gefahr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: