Wechsel bei der CSU:Der Boss geht

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Mehr Zeit für und mit seiner Frau Claudia wolle er haben, sagt Ernst Weidenbusch zur Begründung, warum er den CSU-Kreisvorsitz abgibt. (Foto: Claus Schunk)

Zwölf Jahre lang hat Ernst Weidenbusch den CSU-Kreisverband geführt - oftmals mit harter Hand. An diesem Mittwoch gibt der Landtagsabgeordnete den Vorsitz ab. Ein Rückzug aus der Politik ist dies freilich keineswegs.

Von Sabine Wejsada, Haar

Als Ernst Weidenbusch im Sommer 2012 gefragt wurde, welche Lektüre er sich für den Urlaub eingepackt hat, musste er nicht lange überlegen. Einen Alpenkrimi von Jörg Maurer, den der CSU-Landtagsabgeordnete als Schüler des Haarer Ernst-Mach-Gymnasiums als Deutschlehrer hatte, wollte er lesen. "Höhenrausch" heißt das Buch - und der Titel passt eigentlich auch ganz gut auf den bald 52-jährigen Politiker, der sich immer alles zutraut, sogar ein Ministeramt in Horst Seehofers Regierung. Bislang ist Weidenbusch nicht berufen worden an den Kabinettstisch in der Staatskanzlei. Doch wer weiß schon, was die Zukunft bringen wird.

Der Jurist, der im Landtag sitzt, im Kreistag gerne das Wort führt und als stellvertretender Landrat freundliche Reden hält, hat von diesem Mittwoch an wieder etwas mehr Zeit, durchaus auch für Höheres: Denn an diesem Abend gibt der Haarer den Vorsitz des CSU-Kreisverbandes München-Land ab. Freiwillig und ohne erkennbare Not. Er wolle mehr Zeit für seine Frau Claudia haben, erklärt Weidenbusch seinen Rückzug vom Chefposten. Sechs Amtsperioden als Kreisvorsitzender seien genug. Nach zwölf Jahren steht er nun für das Spitzenamt im zweitgrößten Kreisverband Oberbayerns nicht mehr zur Verfügung.

Wer sein Nachfolger wird, ist Weidenbusch "vollkommen egal"

Die Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer-Stäblein und der Bundestagsabgeordneter Florian Hahn machen das Erbe unter sich aus und stellen sich in einer Kampfabstimmung den Delegierten der Ortsverbände aus dem Landkreis München. Nach eigener Aussage hat Weidenbusch keine Präferenz für einen von beiden. Ob Mann oder Frau, ihm sei es "vollkommen egal" - Hauptsache er oder sie habe die Befähigung, einen solch großen Kreisverband lenken zu können. Ob das mit harter Hand sein muss, wie es Weidenbusch in den vergangenen Jahren durchaus das eine oder andere Mal getan hat, wird sich ergeben.

Rückblickend räumt der Politprofi ein, dass es nicht immer ganz einfach war, das Schiff CSU im Landkreis auf Kurs zu halten: Weidenbusch, der selbst gern auf dem Meer unterwegs ist und das auf Facebook alle Welt wissen lässt, hat sich nie gescheut, Gefechte auszutragen und damit Brüche zu verursachen. Sei es mit den politischen Gegnern wie seinem Landtagskollegen Peter Paul Gantzer von der SPD im Haarer Hochhaus-Streit, oder mit Parteifreunden, die nicht so wollten, wie sie nach Meinung des CSU-Kreischefs eben sollten. Konflikte mit einzelnen Ortsverbänden zum Beispiel. "So etwas macht keinen Spaß", sagt Ernst Weidenbusch. Aber: Die "harte Hand" brauche es dann, wenn irgendwo die Rolle der CSU missinterpretiert werde. Zu spüren bekamen sie jene, die sich das trauten und aufbegehrten gegen den Boss.

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Wie bei den Kommunalwahlen im März 2014 zum Beispiel, als sich der Kreisvorsitzende und die langjährige Unterföhringer CSU-Ortsvorsitzende wegen einer Empfehlung zur Stichwahl überworfen hatten, woraufhin Rita KollerGoerzt von ihrem Amt zurücktrat und ihr soeben wieder gewonnenes Gemeinderatsmandat in der Medienkommune nicht mehr annahm. Tief enttäuscht vom CSU-Chef und seinen massiven Interventionsversuchen zog sich Koller-Goerzt zurück. "Ich bin froh, dass ich so etwas bald nicht mehr machen muss", sagt Weidenbusch mit Blick auf die Amtsübergabe im Kreisverband.

Einfluss nehmen wird der Haarer weiterhin auf die CSU-Politik im Landkreis München: Wohl aber nicht als Strippenzieher im Hintergrund, wie viele Beobachter befürchtet hatten, als sich der neue Landrat Christoph Göbel (CSU) den oft unberechenbaren und polarisierenden Weidenbusch als einen der Stellvertreter aussuchte. Göbel hat im ersten Amtsjahr sein Profil unaufgeregt geschärft und sich mehr oder minder frei machen können vom vermeintlich starken Ernst.

Mit dem Rückzug von der Spitze des CSU-Kreisverbandes München-Land schafft sich Weidenbusch selbst ein wenig Freiraum - für seine Frau Claudia, Lesen, Segeln und freilich die Hoffnung, dass er irgendwann kommt, der Anruf von Horst Seehofer. Damit aus dem Höhenrausch vielleicht doch noch ein echter Gipfelsturm wird.

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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